Polizeibericht

Dreist, dreister, am dreisten, nur so kann man die "Arbeitsweise" eines Diebes bezeichnen, der Anfang September eine Brieftasche stahl und mit der da-bei geklauten Scheckkarte ein paar Stunden später über 22.000 Euro erbeutete. Jetzt fahndet die Aachener Kripo mit zwei Fotos nach ihm. Die Bilder wurden von der Überwachungskamera der Bank geschossen, als der Mann nach der Tat die Bank verließ. Die Tat selber liest sich wie ein Krimi. Am 8. September 2015 herrschte im Gebäude einer Versicherung in der Innenstadt reger Kundenverkehr. Der 43-jährige Angestellte hatte in seinem Büro seine Brieftasche mit Bargeld, Scheckkarte, Personalausweis und was Man(n) so dabei hat, auf seinen Schreibtisch gelegt. Nur einen kurzen Augenblick war er mal abwesend. Als er zurückkam, war die Brieftasche weg. Da die theoretische Möglichkeit bestand, dass er die Brieftasche lediglich verlegt hatte, kam nicht gleich Hektik auf.

Der unbekannte Dieb indes legte jedoch richtig los. Zielstrebig muss er das Geldinstitut des Versicherungsangestellten aufgesucht haben. Hier machte er zunächst mit der erbeuteten Scheckkarte eine sogenannte Kontostandsabfrage und freute sich sicherlich über das was er da sah: Der Eigentümer der Karte hatte einen Kontostand von über 26.000 Euro. Plus versteht sich. Der Plan, dieses Konto zu plündern, muss aufgrund dieses Anblicks schnell gereift sein. Jedenfalls, so zeigt es die Überwachungskamera, kam der Täter genau 61 Minuten nach der Kontostandsabfrage geschniegelt und gebügelt wieder in die Bank. Er hatte sich komplett umgezogen, trug nun bei seiner Rückkehr in die Bank ein dunkles Hemd, eine dunkle Krawatte, ein graues Sakko und ein helle Kappe. Auffällig beim Betrachten des Videos: Der Täter hatte den rechten Arm in einer medizinischen Schiene liegen. Solch ein Handicap hatte er bei seinem ersten Besuch nicht.

Die Schiene soll noch eine besondere, eine entscheidende Rolle spielen. Der Mann, offenbar Brillenträger, ging nun zum Schalter legte der Beraterin "seine" EC-Karte vor und bat um die Auszahlung von etwas über 22.000 Euro. Bereitwillig legte er dabei den gleichfalls erbeuteten Personalausweis des Opfers auf den Tresen. Zwecks Identifikation versteht sich. Obwohl die Beschreibung des rechtmäßigen Karteninhabers schon von der des Täters abwich, schöpfte die Kundenberaterin keinen Verdacht. Menschen verändern sich. War das Opfer eher schlank und mit Haarpracht, war jener Mann der nun in der Bank das Geld abholen wollte, eher mittelgroß, mit sehr lichtem Haar, wenn nicht sogar ohne Haupthaar. Da die Sicherheitssysteme in den Banken einen größeren Geldbetrag nicht gleich ausspucken, dauert die Auszahlung einen Zeitraum. Die Wartezeit überbrückte der "Kunde" noch mit der Getränkeeinnahme im gediegenen Ledersessel.

Mit dem Austricksen der letzten Sicherungseinrichtung, nämlich der Unterschrift des Kunden beim Empfang des Geldes, war die Tat vollendet. Die Armschiene kommt nun ins Spiel: Aufgrund seines vorgegaukelten Handicaps am rechten Arm und jener Schiene, krakelte er die nachgemachte Unterschrift des Opfers mehr schlecht als recht auf das Empfangsformular. Es klappte aber irgendwie so gut, dass niemand Verdacht schöpfte. Sichtlich zufrieden verließ der "Kunde" die Bank.

Diebstahl und Betrug fielen erst vier Stunden später auf, als die verdutzte Ehefrau des Versicherungsangestellten per Computer den aktuellen Kontostand abrief und feststellte, das ihr Mann wohl kurz zuvor über 22.000 Euro vom Konto abgehoben hatte. Als sie ihn damit konfrontierte, fiel der 43-Jährige aus allen Wolken.

Er erstattete Strafanzeige bei der Polizei. Als die die Ermittlungen aufnahm, kam diese unglaubliche Story heraus. Die Kripo erhofft sich, mit den Bildern dem Täter auf die Spur zu kommen. Wichtig erscheint den Ermittlern der Punkt, dass der Mann innerhalb einer Stunde komplett umgezogen war. Entweder hat er die Kleidungsstücke unmittelbar nach seinem ersten Besuch in der Bank in der näheren Umgebung gekauft und direkt angezogen, oder ist nach Hause gegangen / gefahren und hat sich dort umgezogen. Der Tatzeitraum von einer Stunde ist markant.

Hinweise bitte an die Kripo Aachen unter 0241 - 9577 31501 oder 0241 - 9577 34210 (außerhalb der Bürostunden).