Alles rund um Aachen

Geräumige Zweibettzimmer, ein gemütlicher, heller und moderner Wohn- und Essbereich mit obligatorischem Fernseher in der Sofaecke, Wasch- und Sanitärräume – diesen mobilen Wohneinheiten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge würde der Ausdruck Container nicht gerecht. Das sieht auch Udo Wilschewski, Leiter des Zentrums für soziale Arbeit (ZfsA) in Burtscheid so: „Für uns sind das Wohngruppen, sicher keine Dauerlösungen, aber wir sind froh, dass wir sie haben und dass wir es in nur drei Monaten seit der Beantragung geschafft haben, die hier aufzustellen und einzurichten“, so Wilschewski bei der offiziellen Einweihung der Wohngruppen, die insgesamt 20 Jugendlichen Platz bieten. Denn täglich kämen zwischen ein und sechs Jungs über 14 Jahren im ZfsA an, dass seit vier Monaten die Erstaufnahme für diese jugendlichen Flüchtlinge übernommen hat. „Es ist wichtig, dass die Situation der Flüchtlinge bekannt wird“, erläutert Wilschewski, der das ZfsA gemeinsam mit seiner Frau Cornelia leitet.

Die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aus den Krisengebieten im Nahen Osten und in Afrika steigt kontinuierlich an. Die Unterbringung der – teilweise stark traumatisierten – jungen Menschen stellt die Stadt Aachen auch weiter vor räumliche und finanzielle Probleme. Aachen liegt mit rund 400 jungen Flüchtlingen fast an der Spitze der Städte und Gemeinden in NRW auf die Einwohnerzahl umgerechnet. „Das ist eine große Herausforderung“, so Susanne Schwier, Dezernentin der Stadt Aachen für Bildung und Kultur, Schule, Jugend und Sport. Trotzdem möchte die Stadt all diesen jungen Menschen möglichst gute Unterbringungsmöglichkeiten und Schulbildung oder eine Ausbildung zukommen lassen: „Das ist ein wichtiger Teil der Willkommenskultur, ein Zeichen, das wir die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge auch wertschätzen“, betonte die Dezernentin. Möglich sei dies auch durch bürgerschaftliches Engagement, sei es der Nachbarschaft oder aus der Wirtschaft.
Mit dem Aachener Kosmetikhersteller BABOR war ein solches Unternehmen bei der Einweihung mit dabei und hatte einen Scheck über 10.000 Euro im Gepäck, den Geschäftsführer Horst Robertz und Jutta Kleine-Tebbe, Mitglied der BABOR-Inhaberfamilie, persönlich überbrachten. „Es ist uns eine Ehre, hier nicht nur als Sponsor, sondern als Partner des ZfsA zu sitzen“, freute sich Robertz, denn BABOR unterstützt die Einrichtung seit mittlerweile 25 Jahren mit 10.000 Euro jährlich. Robertz, der begeistert war, was das ZfsA – auch mit dem BABOR-Geld – in so kurzer Zeit auf die Beine gestellt hat, weiter: „Sie können schon für 2015 planen. Das Geld ist hier in guten Händen.“ Auch bei der BABOR-Belegschaft war die Spendenbereitschaft riesig: Ein Aufruf für Kleiderspenden brachte in zwei Minuten 15 freiwillige Helfer und binnen einer Woche 20 Umzugskartons mit Kleidung. Ein so langfristiges Engagement lobte Ute von Lossow vom Evangelischen Frauenverein, Träger des ZfsA ausdrücklich: „Ich weiß nicht, was wir alles ohne ihr Hilfe nicht hätten realisieren können.“

„Wir als Stadt sind natürlich überglücklich über ein solches Geschenk“, so Schwier, die erläuterte, dass die Stadt in diesem Jahr – gemeinsam mit Institutionen wie dem ZfsA – schon neue 150 Plätze für die jungen Flüchtlinge geschaffen hätte. In Burtscheid, so erklärt Wilschewski, würden die Wohngruppen weitestgehend positiv aufgenommen: „Wir müssen diesen jungen Menschen fast dankbar sein, denn durch sie bekommt man oft einen ganz anderen Blick auf unser Leben hier.“ Sie kämen nach Wochen, manchmal Monaten der Flucht aus Kriegs- und Krisengebieten hier an „nur mit den Sachen, die sie anhaben und auf Überlebensmodus geschaltet“. Sie seien dankbar und glücklich hier in Sicherheit zu sein. „Wir müssen die positiven Beispiele bekannt machen“, so Wilschewski. Eine Beobachtung, die Susanne Schwier aus ihren Begegnungen mit den Jugendlichen nur bestätigen kann: „Freundlich, lernwillig, offen“, so die Beschreibung der Dezernentin: „Die freuen sich, wenn wir ihnen sagen können, dass wir endlich Schulplätze für die haben.“ Dabei setzt die Stadt – genau wie bei der Unterbringung – auf ein dezentrales Konzept: Die Jugendlichen sollen in kleineren Gruppen oder Schulklassen in ganz normalen Wohnvierteln an ganz normalen Regelschulen untergebracht werden. Das helfe der Integration. Und alle Beteiligten waren sich einig: Gemeinsam könne man so ein positives Bild über die Flüchtlinge zu schaffen.