Alles rund um Aachen

Das Wetter könnte nicht besser sein. Rom im Sonnenschein, der Frühling lockt an diesem Himmelsfahrtstag (5.5.16) die Menschen in Massen auf die Straßen und Plätze der Metropole. Der Petersplatz ist auch an diesem Tag ein Hauptziel der Pilger und Touristen, am späten Nachmittag lädt Papst Franziskus zur Vesper ein, die Stimmung ist fröhlich und entspannt.

Die römischen Tage haben begonnen
Über die  Porta della Preghiera sind die Aachener Gäste der morgigen Karlspreisverleihung auf das Gelände des Vatikans gelangt, die römischen Tage haben begonnen. Bei einer Begrüßung auf dem Campo Santo Teutonico heißen Aachens Oberbürgermeister Marcel Philipp und Dr. Jürgen Linden, der Vorsitzende des Karlspreisdirektoriums, die Aachener Gäste willkommen. 450 von ihnen stehen morgen auf der Einladungsliste, wenn in der Sala Regia des Apostolischen Palastes der Internationale Karlspreis zu Aachen, die wichtigste politische Auszeichnung Europas, an Papst Franziskus verliehen wird.

Foto: Stadt Aachen/Andreas Herrmann / Auftakt der Karlspreis-Feierlichkeiten in Rom: Auf dem Campo Santo Teutonico begrüßten Aachens Oberbürgermeister Marcel Philipp und Direktoriumsvorsitzender Dr. Jürgen Linden als ersten Gast EU-Parlamentspräsident Martin Schulz

Ein gewaltiges Interesse
Oberbürgermeister Marcel Philipp schlug die Brücke von Aachen nach Rom, "was mir leichtfällt, weil Karl der Große auch den Campo Santo Teutonico gegründet hat". Philipp blickte am Vorabend der Preisverleihung "auf ein gewaltiges Interesse, und alles ist auf die Rede des Papstes zur Zukunft Europas ausgerichtet. Unsere Hoffnung ist, dass er nicht nur die Köpfe, sondern auch die Herzen der Menschen erreicht."

Direktoriumsvorsitzender Jürgen Linden wünschte sich angesichts der schwierigen Lage Europas mit Blick auf den Freitag "ein Signal aus Rom. Ein Signal der Hoffnung, der Stärke und der Zuversicht."

"Zutiefst europäischer Ort"
Hans-Peter Fischer, Rektor des Campo Santo, hat die Begegnung zum Auftakt der Reise an diesem geschichtsträchtigen Platz im Vatikan möglich gemacht. Er betonte "diesen zutiefst europäischen Ort".
Zu Ehren des designierten Preisträgers haben sich die Spitzen der Europäischen Union und früheren Karlspreisträger auf den Weg nach Rom gemacht, der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, ist schon im Campo Santo mit von der Partie. Am Abend werden dann auch seine Präsidenten-Kollegen des Europäischen Rates, Donald Tusk, und der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker,  in den Kapitolinischen Museen erstmalig in diesen Tagen das Wort ergreifen: bei einer Europa-Diskussionsveranstaltung, die das Karlspreisdirektorium und die Stadt Aachen gemeinsam mit dem Europäischen Hochschulinstitut in Florenz und in Kooperation mit dem EU-Parlament anbieten. Morgen werden die drei EU-Spitzen gemeinsam bei der Preisverleihung als Redner ihren Blick auf Europa schildern.

Sorge um Europas Zukunft
Diesem Thema, das naturgemäß beherrschend ist in diesen Tagen, widmet sich im Campo Santo Dr. Hans-Gert Pöttering, der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments und Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung: "Im Mittelpunkt all unserer politischen Überlegungen muss stets die Würde des Menschen stehen. Sie gilt für alle: Christen, Moslems, Juden, alle Bekenntnisse und Nicht-Gläubigen. Die Europäische Union ist auch nur dann eine glaubwürdige Wertegemeinschaft, wenn die Würde jedes einzelnen Menschen Maßstab für jede unserer Initiativen und Beschlüsse ist."

Hohe Erwartungen werden formuliert
Tatsächlich werden diese Tage der Karlspreisverleihung an den Papst mit hohen Erwartungen verbunden. Es geht um das kriselnde vereinte Europa, und es haben sich viele auf den Weg gemacht, denen dieses bedeutsame Staatengebilde am Herzen liegt. Sie setzen darauf, dass die in sich zerstrittene, blockierte, wenig solidarische und ängstliche Europäische Union aufgeweckt und angespornt wird. Papst Franziskus scheint in diesen Zeiten der beste Preisträger des Internationalen Karlspreises zu Aachen zu sein.

Grundwerte und Stärken betonen
Das Aachener Karlspreisdirektorium beklagt den „dramatischen Vertrauensverlust“, unter dem die EU wegen eigener Schwächen, Krisen und Rückschläge leidet. Und Papst Franziskus steht für die Hoffnung und Ermutigung, die es braucht, damit Europa seine Ängste überwinden kann. Rund 150 europäische Journalisten haben sich auf den Weg gemacht und sind gespannt, wie der Papst die besondere Gelegenheit nutzen wird, die der Karlspreis bietet, Europa an seine Grundwerte und Stärken zu erinnern und an die Konsequenzen, die die EU daraus in schwieriger Zeit ziehen muss.

"Eine Stimme des Gewissens"
Aachens Oberbürgermeister Marcel Philipp nennt den Papst "eine Stimme des Gewissens“. Direktoriumsvorsitzender Dr. Jürgen Linden stellt heraus: „In der tiefen Krise der EU sind wir sehr froh und dankbar über einen Papst, der nicht nur die entscheidende moralische Instanz und Autorität ist, sondern auch politische Leitlinien verkündet." Die jüngere Vergangenheit habe erneut unter Beweis gestellt, so die Aachener Gastgeber in Rom, dass der Papst in den wichtigsten politischen Fragen Maßstäbe setze und ein Vorbild sei. Linden stellt vor allem den Besuch des Papstes auf der griechischen Insel Lesbos und sein Engagement für die flüchtenden Menschen heraus.

"Was die Union im Innersten zusammenhält"
In der Begründung des Karlspreisdirektoriums für die Verleihung heißt es: „In einer Zeit, in der die Europäische Union vor der bislang größten Herausforderung des 21. Jahrhunderts steht, ist es der Papst, vom anderen Ende der Welt‘, der Millionen Europäern Orientierung dafür gibt, was die Europäische Union im Innersten zusammenhält: das für uns gültige Wertesystem, die Achtung vor Menschenwürde und Freiheitsrechten, vor der Einzigartigkeit des Menschen, ganz gleich welcher ethnischen, religiösen oder kulturellen Herkunft er ist, und die Achtung unserer natürlichen Lebensgrundlagen.“