Alles rund um Aachen

An einem Donnerstagmorgen im April war es endlich soweit. Mitarbeiter vom Sozialwerk Aachener Christen und von der „Gemüse-Ackerdemie“ haben die ehemalige Brennnesselwiese im Schulgarten der Gesamtschule Brand gefräst, Sand und Kompost verteilt und Beete eingeteilt. Dabei ist ein neuer 300 Quadratmeter großer Gemüseacker entstanden, auf dem nun mehr als 25 verschiedene Gemüsesorten angebaut werden sollen. Auch ein Zaun gegen tierische Feinschmecker wie Hasen und Mäuse wurde gezogen. Am Nachmittag sind die Beete fertig vorbereitet und die Schülerinnen der Acker-Arbeitsgemeinschaft (AG) des Jahrgangs 5 dürfen aufs Feld. Steckzwiebeln müssen im richtigen Abstand in Furchen gelegt werden, danach kommen zarte Porree- und Lauchzwiebelpflanzen in die richtige Reihe. Ein Beet zur freien Verfügung soll eine Woche später bepflanzt werden. Mais, Bohnen, Gurken und Tomaten kommen erst dran, wenn die Nächte nicht mehr so kalt sind.

Foto: © Gesamtschule Brand/Stadt Aachen

Die Mädchen der Acker-Arbeitsgemeinschaft in Aktion: Die Fünftklässlerinnen der Gesamtschule Brand pflanzen seit einigen Wochen 25 verschiedene Gemüsesorten in den neu angelegten Gemüseacker im Schulgarten

Wochenlange Vorarbeiten waren nötig
Die Mädchen und auch Jungen eines Wahlpflichtkurses Naturwissenschaften im neunten Schuljahr arbeiten seit vielen Wochen im Schulgarten. In einem ersten Schritt haben Lehrkräfte der Gesamtschule die den Acker umgebenden Bäume und Sträucher beschnitten und gehäckselt. Im Februar pflügte der Vater einer Schülerin ehrenamtlich den Boden mit Hilfe seines Baggers um. Seitdem sammelten Schülerinnen und Schüler unermüdlich Wurzeln, Unkraut und Müll von der Fläche.

In den kommenden Wochen und Monaten wird weiter fleißig gehackt, gewässert, gemulcht und Unkraut gezupft werden. Alle Beteiligten hoffen, dass nach guter, an  ökologischen Kriterien ausgerichteter Pflege auch eine schmackhafte Ernte eingefahren werden kann. Denn auch das gehört dazu: Nach der Ernte werden die Produkte vermarktet, so dass die Schülerinnen und Schüler die vollständige Nahrungsmittelkette kennen lernen. Wie kann die Ernte erfolgreich weitervermarktet werden, ist so eine Frage, die noch beantwortet werden muss. Eines ist aber schon jetzt klar: Die schuleigene Mensa und Lehrkräfte des Hauswirtschaftsunterrichts freuen sich auf das Bio-Gemüse aus dem eigenen Schulgarten.

Aus undurchdringlicher Wildnis wurde der Schulgarten
Rund 15 Jahre lang hatte sich der Schulgarten der Gesamtschule in eine fast undurchdringliche Wildnis verwandelt. Das änderte sich erst in den zurückliegenden fünf bis sechs Jahren, auch im Zusammenhang mit der Umgestaltung des Schulhofgeländes. Kai Frings und Ulrike Löhrer, beide Lehrer für Naturwissenschaften an der Gesamtschule, betreuen heute den Schulgarten, haben ihn immer wieder zusammen mit Schülerinnen und Schülern inzwischen so umgestaltet, dass er wieder nutzbar ist. Ein großer Teich ist dabei  entstanden. „Wir haben uns bei alledem dem Gedanken des nachhaltigen Lernens in der Natur mit Kopf und Hand verschrieben und hoffen darauf, dass wir in unserem Kollegium Nachahmer finden, die das Arbeiten und Entdecken im Schulgarten in ihren Unterricht einbauen“, erzählen die beiden.  

Die Idee für das aktuelle Ackerprojekt geht auf Martin Heinrichs vom Sozialwerk Aachener Christen zurück. Er fragte sich, weshalb die tolle Idee der „Gemüse-Ackerdemie“ von den Schulen in Aachen bisher nicht aufgegriffen und umgesetzt wurde. Er nahm Kontakt zur Gesamtschule Brand auf und fand dort offene Türen. Als Landschaftsarchitekt und Gärtner betreut er das Projekt Quo vadis, in dem Langzeitarbeitslose wieder dauerhaft in die Arbeitswelt eingegliedert werden sollen.

Zusammenhänge kennen lernen
Die „Gemüse-Ackerdemie“ an der Gesamtschule wurde durch den Förderverein der Gesamtschule Brand und den Verein Ackerdemia aus Potsdam ermöglicht. Ersterer hat sich ums Geld gekümmert, zweiterer die Planung, Logistik und Fortbildung der begleitenden Lehrkräfte koordiniert. Bei der „Gemüse-Ackerdemie“ handelt es sich um ein schulbegleitendes Bildungsprogramm. Es soll Kinder und Jugendliche wieder an die Zusammenhänge natürlicher Nahrungsmittelproduktion heranführen. Die Initiative reagiert damit auf bekannte Entwicklungen in unserer Gesellschaft: So haben Kinder immer weniger Kontakt und Bezug zur Natur, sowohl zu Hause in der Freizeit als auch in der Schule. Nur wenige von ihnen wissen, wo ihre Nahrungsmittel herkommen. Noch weniger haben schon einmal selbst Gemüse angebaut. In Deutschland werden über 30 Prozent der Lebensmittel weggeworfen. Übergewicht und Diabetes nehmen bei Kindern kontinuierlich zu.
Dieser Entwicklung wollen der Verein Ackerdemia und die Gesamtschule Brand mit ihrer „Gemüse-Ackerdemie“ entgegenwirken. Ihr Ziel ist eine junge Generation von Konsumenten, die nachhaltig verstanden hat, wie Nahrungsmittel produziert werden.