Alles rund um Aachen

Die Stadt Aachen ist derzeit Träger von 56 Tageseinrichtungen für Kinder. In sieben dieser Einrichtungen gibt es insgesamt 20 sogenannte integrative Gruppen, in denen Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam betreut und gefördert werden. Neben dem KiBiz-geförderten pädagogischen Personal – also den Erzieherinnen und Erziehern sowie den Kinderpflegerinnen und -pflegern – sind in diesen Gruppen je eine logopädische, eine physiotherapeutische oder eine motopädische Fachkraft eingesetzt – mit einem Beschäftigungsumfang von jeweils 19,50 Wochenstunden. Diese therapeutischen Kräfte sind bislang zur Hälfte therapeutisch und zur anderen Hälfte pädagogisch tätig, so wie es das inklusive Konzept vorsieht. Die Personalkosten der therapeutischen Kräfte wurden bisher komplett vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) finanziert. Diese Refinanzierung der Therapeutenkosten durch den LVR wird allerdings nur noch bis zum Ablauf des KiTa-Jahres 2015/2016 übernommen.

Der LVR begründet den Wegfall der Refinanzierung unter anderem damit, dass die Übernahme der Personalkosten in diesem Bereich nur erfolgt sei, da es bisher keine andere Möglichkeit gab, diese therapeutische Leistungen zu Lasten zuständiger Kostenträger außerhalb von therapeutischen Praxen, also in den Kindertageseinrichtungen, zu erbringen. Durch eine veränderte „Heilmittelrichtlinie“  ist aber nun grundsätzlich eine Beteiligung der Krankenkassen an den Kosten der Leistungserbringung in (Kindertages-)Einrichtungen möglich. Diese veränderten Rahmenbedingungen nimmt der LVR nun zum Anlass, sich zum Kindergartenjahr 2016/2017 endgültig aus der bisherigen „systemfremden und freiwilligen Finanzierung therapeutischer Leistungen“ zurückziehen.

Neues Finanzierungssystem für Therapieleistungen
Gleichzeitig wurde die sogenannte „FInk-Pauschale“ („Förderung der Inklusion in Kindertageseinrichtungen“) eingeführt. Diese Pauschale stellt eine antragsabhängige, individuelle und  freiwillige Leistung des LVR dar, auf die kein gesetzlicher Anspruch besteht. Grundsätzlich kann eine Pauschale von 5.000 pro Jahr für jedes in einer KiTa betreute Kind beantragt werden, bei dem eine (drohende) Behinderung durch den Sozialhilfeträger festgestellt wurde. Die Eltern müssen jedoch ihr Einverständnis zur Beantragung beim LVR erteilen. Für diese Pauschale müssen in der entsprechenden Einrichtung 3,90 Fachkraftstunden pro Woche zusätzlich eingesetzt werden. Alternativ können auch die bisherigen pädagogischen Anteile der therapeutischen Kräfte je Gruppe gefördert werden. Eine (anteilige) Finanzierung der Personalkosten für die verbleibenden ca. 50 Prozent der Arbeitszeit für die therapeutischen Anwendungen, ist dagegen zukünftig nur noch über eine Rezeptabrechnung mit den Krankenkassen möglich.

Nach ersten Berechnungen wird eine Kombination aus FInK-Pauschale und Krankenkassenabrechnung aller Voraussicht nach nicht kostendeckend sein. Die Stadt Aachen muss nun überlegen, wie sie mit diesen veränderten Rahmenbedingungen vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage umgeht. Unter anderem zum Thema der therapeutischen Versorgung in städtischen Kindertageseinrichtungen wird es am 24. Mai eine Sondersitzung des städtischen Kinder- und Jugendausschusses geben. Derzeit wird die entsprechende Ausschussvorlage innerhalb der Verwaltung erstellt und abgestimmt. Gespräche mit dem Personalrat und die politischen Beratungen stehen also noch aus. Den befristet beschäftigten Therapeutinnen und Therapeuten wird derzeit in persönlichen Gesprächen signalisiert, dass angesichts der politisch noch abzustimmenden Positionierung der Stadt Aachen im Moment keine Weiterbeschäftigung zugesichert werden kann.
 
„In jedem Fall wird die Stadt Aachen bestrebt sein, dass Kinder mit Behinderung auch weiterhin therapeutische Leistungen in den städtischen Einrichtungen in Anspruch nehmen können“, erklärt Heinrich Brötz, Leiter des Fachbereichs Kinder, Jugend und Schule der Stadt Aachen.