Alles rund um Aachen

Es ist wohl der Traum eines so manchen Öchers – einmal durch den Brunnen am Europaplatz wandern, während das Wasser noch nicht sprudelt, und einen Blick hinein werfen in das Gewölbe unter der großen Schüssel, wo sich das Herz des Aachen-Wahrzeichens verbirgt. Für die Kolleginnen und Kollegen vom Gebäudemanagement der Stadt Aachen ist dies jedoch fast schon Alltag. Jedes Jahr vor Ostern lautet ihr Auftrag, die zahlreichen Brunnen im Stadtgebiet auf Vordermann zu bringen und deren Hähne wieder aufzudrehen. Am Karlsbrunnen, Hühnerdieb, Türelüre-Lißje - und zur Krönung des Ganzen am Europaplatz. Doch während die Bachwasser-Brunnen in der Aachener Innenstadt von einem Paar Mann in Betrieb gesetzt werden können, spielt der Europaplatz in einer ganz anderen Liga: Mehr als ein halbes Dutzend Männer arbeiten hier zeitgleich mehrere Stunden. Da müssen 26 Düsen fest an die Leitungen montiert werden, über 50 Lampen mit mehr als einem Kilometer Kabel verlegt, die Technik kontrolliert, Schmutzsiebe installiert und – ja – auch die Schüssel ganz einfach mit dem Besen vom groben Dreck des vergangenen Winters gereinigt werden.

Ein wahres Stück Zeitgeschichte
Dass die Männer da auf einem wahren Stück Zeitgeschichte unterwegs sind, weiß Rainer Jennes vom Gebäudemanagement nur zu gut. „Den Brunnen kennt man in ganz Deutschland – so eine Autobahnauffahrt finden Sie nirgends“, erzählt er begeistert. Und er weiß: Als der Europaplatz anno 1958 für die Autofahrer freigegeben wurde, war noch so manches anders als heute. „Früher musste man durch einen langen Schacht kriechen, der vom Außenring des Kreisverkehrs hin zur Mitte des Brunnens reichte, wo Technik, Pumpen und Co. liegen.“  Heute geht das – zumindest in den Monaten, wo der Brunnen kein Wasser führt – einfacher. Im Zentrum geht’s ganz einfach mit einer Leiter runter in die Erde.

Und hier verbergen sich so manche Besonderheiten. Unter dem Europaplatz plätschert nämlich noch die Wurm vor sich hin – durch einen Schacht kann man dem Wasser beim Fließen zuschauen. Steigt die Wurm bei starkem Regen mal zu stark an, wird das Wasser einfach raus aus dem Gewölbekeller zusätzlich nach draußen in den Brunnen gepumpt. Zwischen zahlreichen Rohren und Kabeln blinkt in einer Ecke schon fast scherzhaft an einem Display der Schriftzug „Springbrunnen Europaplatz Aachen“ – als ob der Betrachter nicht wüsste, an welch bedeutendem Ort er sich befindet.

Draußen verhindert übrigens ein kleines Windrad, dass der Verkehr am Europaplatz nicht beeinflusst wird und Spaziergänger klitschnass werden. Bläst der Wind einmal zu stark, gibt das Rädchen der Technik unter der Erde das Signal: Mit weniger Kraft pumpen! Und schon sprudeln die sonst 20 Meter hohen Fontänen seichter.

Als kleiner Junge im Brunnen Molche gefangen
In der großen Schüssel, die 3600 Kubikmeter Wasser fasst, arbeiten die Kollegen vom Gebäudemanagement weiter auf Hochtouren. Und schwelgen zuweilen in Erinnerungen. „Als kleiner Junge habe ich hier im Wasser Molche gefangen“, erzählt Jürgen Errens, der nun schon zum gefühlt x-ten Mal durch die wasserleere Schüssel läuft und Lampen montiert. „Hier auf dem Platz steckt für mich einfach so viel Geschichte drin.“

Nach mehr als vier Stunden sind alle Düsen, Lampen, Kabel, Auffangsiebe montiert – jetzt heißt es: den Hahn aufdrehen! Nur nicht zu stark, weiß Rainer Jennes: „Sonst gibt es plötzlich zu wenig Druck auf den Leitungen in den umliegenden Haushalten.“ Lediglich in der Mitte des Platzes schießt anfangs das Wasser in die Höhe. Bis die kleine Schüssel vollgelaufen ist, dauert es circa zehn Minuten, danach fließt das Wasser hinab in das große Becken. Und bis das voll ist, dauert es ganze anderthalb Tage! Dann erst fangen auch die Düsen am Brunnenboden an zu arbeiten, die die großen Fontänen in die Höhe entlassen – so entsteht ein kleiner Kreislauf und der Brunnen speist sich selbst.

Bis zum Spätherbst können sich Aachener und Gäste, die von der Autobahn hinein in die Stadt fahren, an dem Schauspiel erfreuen. Dann rückt das Gebäudemanagement wieder an, lässt das Wasser ab und entlässt den Europabrunnen in seinen Winterschlaf – bis zum nächsten Frühjahr…