Alles rund um Aachen

Ludwig Mies van der Rohe (1886-1969) ist einer der bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Am 27. März 2016 wäre er 130 Jahre alt geworden. Grund genug, ihn in seiner Heimatstadt Aachen mit einer Ausstellung zu ehren.

Der Architekt als bildender Künstler
Anlässlich des 130. Geburtstags von Mies van der Rohe präsentiert das Ludwig Forum Aachen ab Oktober dieses Jahres einen ganz besonderen Teil seines Werkes: Zwischen 1910 und 1965 schuf der Ausnahmearchitekt eine Vielzahl von Collagen und Fotomontagen, die auf faszinierende Weise die Gestaltungs-prinzipien seiner Baukunst verdeutlichen und darüber hinaus ein eigenständiges künstlerisches Werk darstellen. Sie sind im Zusammenhang mit zahlreichen berühmten Werken wie dem Entwurf für ein Hochhaus an der Friedrichstraße in Berlin, der dortigen Neuen Nationalgalerie oder dem Resor House in Wyoming (USA) entstanden. Im Kontext moderner und zeitgenössischer Kunst zeigt das Ludwig Forum Aachen – unter Einbeziehung aller Aachener „Mies-Kompetenzen“ wie der RWTH Aachen, der FH Aachen, dem Mies van der Rohe Haus Aachen e.V. und der Mies Initiative Aachen (MIA) sowie zahlreichen weiteren Fachleuten – mit einem umfangreichen Konvolut an Leihgaben aus dem New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) erstmalig die Collagen und Fotomontagen des in Aachen geborenen Architekten.

Lehrjahre in Aachen
Außerhalb der Stadt wissen es nicht viele: Maria Ludwig Michael Mies wurde in Aachen geboren, als fünftes und jüngstes Kind des Maurer- und Steinmetzmeisters Michael Mies und dessen Frau Amalie Rohe, deren Nachnamen er nach 1921 mit dem Zusatz „van der“ seinem Geburtsnamen anhängte.
Mies van der Rohes Ruhm gründet unter anderem darauf, dass er als einer der letzten Vertreter der Tradition des Baumeisters gilt: Ohne klassische Hochschul-ausbildung hat er sein Handwerk von der Pike auf gelernt. Nach dem Besuch der Domschule arbeitete Mies im väterlichen Betrieb  und begründete seine profunde Kenntnis von Handwerkskunst und Materialien. Betrachtet man heute die klaren Linien seiner Werke, die emblematisch für die Moderne stehen, kann man sich kaum vorstellen, wie der 17-jährige Lehrling die Zeichenkunst beim Abzeichnen von Ornamenten im Stukkateurbetrieb von Max Fischer (Monheimsallee 50) erlernte.
Zwischen 1901 und 1905 war Mies in Aachen als Gehilfe auf verschiedenen Aache¬ner Baustellen und als Zeichner in Architekturbüros tätig. In diesem Zusam-menhang arbeitete er am Fassadenentwurf für das neue Kaufhaus Leonhard Tietz am Markt mit, das vom Architekturbüro Schneiders geplant wurde. Über diese Arbeit entstanden die ersten Verbindungen nach Berlin, nachdem Tietz die Bau¬leitung dem Berliner Büro Bossler & Knorr übertrug.

Revolutionär der Bauwelt
1905 machte sich Mies als Neunzehnjähriger endgültig in Richtung Hauptstadt auf, wo er schnell Kontakte zu avantgardistischen Künstler- und Architektenkreisen (Dada und Werkbund) knüpfte. Bereits in den frühen zwanziger Jahren machte er sich in der Debatte um das Neue Bauen schnell einen Namen. Seine Vorliebe für traditionelle und hochwertige Baustoffe (Stein, Marmor), die auf die Aachener Jahre zurückgeht, verband sich mit zunächst noch visionären Entwürfen, die auf neuartigen Materialien und Konstruktionsweisen basierten.
So waren seine Glashochhäuser und Stahlskelettstrukturen ihrer Zeit weit voraus und so visionär, dass sie technisch noch gar nicht realisierbar waren. Sie leisteten als theoretische Projekte einen Beitrag zur Weiterentwicklung der modernen Archi¬tektur. Aber nicht nur mit seiner Auffassung von Materialität, sondern auch mit seinem neuartigen Raumverständnis – die Auflösung der klassischen Raumgliederung und Verbindung von Außen- und Innenraum – revolutionierte er die Bauwelt. All diese Konzepte finden sich z.B. im Deutschen Pavillon auf der Welt¬ausstellung 1928/29 in Barcelona (dem sogenannten Barcelona-Pavillon), der zu seinen Hauptwerken zählt und der endgültig seinen Weltruhm begründete. Der extra für diesen Bau entworfene „Barcelona-Chair“ ist heute ein Design-Klassiker. Auch in seiner Funktion als Direktor des Bauhaus (1930-33) hielt Mies die Ver¬bindung in die Heimat, insbesondere zu seinem Bruder Ewald Philipp, stets auf¬recht. Tatsächlich bat er ihn, der ein Geschäft für Natursteine führte, auch bei Fragen zur Materialauswahl und -beschaffung für seine Bauten um Rat.
Nach seiner Emigration in die USA besuchte Mies die Domstadt mehrfach und trug sich bei einer dieser Gelegenheiten 1959 in das „Goldene Buch“ der Stadt ein. Dass die Straße, die heute seinen Namen trägt, ausgerechnet auf dem Gelände der Technischen Hochschule liegt, wird ihm sicher gefallen haben.


Ausstellung:
Mies van der Rohe
Die Collagen aus dem MoMA
Ludwig Forum Aachen
28. Oktober 2016 – 12. Februar 2017
Pressekonferenz: 25. Oktober 2016, 11 Uhr
Eröffnung: 27. Oktober 2016, 19 Uhr