Herzogenrath

Über 100 Schülerinnen und Schüler der 8. Jahrgangsstufe der  Städtischen Gesamtschule Kohlscheid nehmen derzeit an einer Berufserkundung teil. Dabei handelt es sich um ein Pilotprojekt: Erstmals findet die Veranstaltung bei den niederländischen Nachbarn in den Berufskollegen in Kerkrade und Heerlen statt. Die Berufsfelderkundung soll den Schülerinnen und Schülern realistische Vorstellungen von der Berufswelt vermittelt. Hierzu sollen  grundsätzlich Betriebe den Jugendlichen praxisnahe Einblicke in berufliche Tätigkeiten ermöglichen, die für ein jeweiliges Berufsfeld typisch sind. „Die Erkundung schließt sich zeitlich an eine Potenzialanalyse an und berücksichtigt deren Ergebnisse hinsichtlich der ermittelten Kompetenzen. Die Schülerinnen und Schüler wählen die Berufsfelder aus, die ihren Stärken und Interessen entsprechen und dann versuchen wir, einen geeigneten Platz für sie zu finden“, erläutert Karin Jager, Koordinatorin für Berufswahlorientierung an der Gesamtschule Kohlscheid.

Foto: (c) Stadt Herzogenrath / Petra Baur

Das ist kein leichtes Unterfangen. Seitdem das neue Übergangssystem „Kein Abschluss ohne Anschluss“ für alle Schulen verpflichtend ist, sind die betrieblich angebotenen Erkundungsplätze äußerst gefragt und damit sehr rar geworden.

Die Gesamtschule Kohlscheid hat deshalb in diesem Jahr einen neuen Weg - in Kooperation mit den niederländischen Nachbarn - beschritten. Ergebnis ist ein Pilotprojekt zwischen der Gesamtschule und dem „Beroepscollege Parkstad Limburg“ in Kerkrade und Heerlen. „109  Herzogenrather Schülerinnen und Schüler nutzen in einer Woche das breitgefächerte Angebot von vier niederländischen Berufskollegen, um einen ersten Eindruck von unterschiedlichen Berufsfeldern zu bekommen. Die breite Palette ist grandios und einmalig auf diesem engen Raum. Alle Schüler füllen während  ihrer Schullaufbahn einen Berufswahlpass aus, den sie dann später auch ihrem Ausbildungsbetrieb vorlegen können“, so die Schulleiterin der Gesamtschule Barbara Onkels. Sie lobt die hervorragende Ausstattung in den niederländischen Schulen, die den praktischen Einblick  in die Berufswelt sehr gut ermöglicht.  Von den Bereichen Wirtschaft, Soziales, Tourismus bis hin zu Technik und Konsum können die Schüler viele verschiedene Berufsfelder erkunden. Außerdem können sie ihre niederländischen Sprachkenntnisse direkt vor Ort erproben – ein schöner Nebeneffekt der deutsch-niederländischen Zusammenarbeit.

Die Idee zu dieser Initiative wurde bei einem Treffen der Mitglieder des grenzüberschreitenden Arbeitskreises der StädteRegion Aachen geboren. Karin Jager kam mit Rob Riedl, dem Direktor des Berufskollegs Holz in Kerkrade, im Bereich Berufswahlvorbereitung ins Gespräch. Er war direkt begeistert von der Idee auf diesem Gebiet zu kooperieren und brachte es auf den Punkt: „Wir tun es einfach!“.  Das Schulsystem in den Niederlanden differiert zu dem hiesigen. In Kerkrade können die Schülerinnen und Schüler vom 12. bis zum 16. Lebensjahr  ein Berufskolleg besuchen. In einer Kombination von allgemeinbildendem und berufsvorbereitendem Unterricht können sie ihren Berufswunsch ermitteln. Es schließt dann ein Besuch im MBO – Middelbaar Beroeps Onderwijs -  mit der Ausbildung an. Bis dahin sind wöchentlich 34 Schulstunden zu absolvieren, davon 4 Stunden im praktischen Bereich. Rob Riedel möchte die Kooperation mit Herzogenrath auch in den kommenden Jahren gerne fortführen und ausbauen.

Jonas, 13 Jahre, hatte sich für seinen Berufserkundungstag für den IT-Bereich entschieden. Er besuchte einen IT-Kurs in Kerkrade mit vier weiteren Mitschülern. „Wir haben eine Broschüre angefertigt, in der wir 10 verschiedene technische Produkte vorstellen sollten. Trotz kleiner sprachlicher Probleme mit meinem niederländischen Partner haben wir das sehr gut gemeistert. Ich weiß zwar noch nicht sicher, ob ich später diese Sparte beruflich wählen werde, aber mein erster Eindruck war gelungen.“ Kimberley, 13 Jahre, fand die Unterrichtseinheit ebenfalls interessant, aber sie will doch lieber in den Bereich der Medizin, Chemie und Biologie.

Und genau das ist das Ziel der Berufserkundung: Das Interesse für  bestimmte Sparten zu wecken oder sie auszuschließen, um die spätere endgültige Wahl besser treffen zu können.

Dieses Projekt bildet den Auftakt zu drei  weiteren Tagen in diesem Jahr, an denen die jungen Leute einen praktischen Blick in das Berufsleben werfen können. Als nächstes steht die Teilnahme am Boys und Girls Day an.

Federführend organisiert wurde der diesjährige Austausch auf deutscher Seite von Abteilungsleiter Peter Menk von der Kohlscheider Gesamtschule und Rob Riedl für die niederländischen Schulen. Beide haben bei der Koordination und Organisation ganze Arbeit geleistet. Von den Fahrplänen bis hin zu den Einsatzplänen waren bei dieser Aktion viele logistische Vorarbeiten abzustimmen. Der Einsatz hat sich gelohnt. Beide Seiten sind sich einig:  beruflich und sprachlich profitieren alle Beteiligten von dieser neuen Verbindung.

Um möglichst vielen jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, ihren Berufsweg zu finden, werden alle Betriebe ganz herzlich gebeten, mitzumachen und einen Praktikumsplatz anzubieten.  Rund 50 Betriebe in der StädteRegion sind bereits dabei, weitere Plätze im Amtsgericht, Kinderschutzbund und sonstigen Institutionen sollen eingerichtet werden. Jeder Teilnehmer zählt, um jungen Menschen „Mut zum Beruf“ zu machen!

Einen elementaren Baustein in der Berufsfindung stellt natürlich auch das Elternhaus dar. Für die Eltern bietet Olrik Müller vom Herzogenrather KFW-Team ein Berufswahlseminar an, in dem sie nützliche Informationen und praktische Tipps zur Berufsorientierung und viele Anregungen, damit ihr Kind zielsicher seinen Platz im Berufsleben findet, Freude und Sinn im Beruf erlebt und gute Zukunftsperspektiven hat.