Alles rund um Aachen

StädteRegion Aachen. Sie sind auf völlig unterschiedlichen Wegen in die Region gekommen, nicht wenige von ihnen als Flüchtlinge auf teils abenteuerliche Weise. Doch eines haben die rund 120 Jugendlichen, die jetzt in der Gemeinschaftshauptschule Burtscheid eine sogenannte „Feststellungsprüfung“ abgelegt haben, gemeinsam: Sie wollen sich in den Schulalltag ihrer neuen Heimat so gut es geht integrieren und sich damit eine echte Zukunftsperspektive schaffen. Sie geben den Schülerinnen und Schülern die Chance, auf freiwilliger Basis in ihrer Muttersprache bzw. der Amtssprache ihres Herkunftslandes eine Prüfung abzulegen, die anstelle einer weiteren Fremdsprache in der Schule gilt. Für die Region fand diese Sprachprüfung jetzt in der Gemeinschaftshauptschule (GHS) Burtscheid statt.

Foto: StädteRegion Aachen

Jugendlichen, die erst seit kurzem in Deutschland leben, bietet eine „Feststellungsprüfung“ in ihrer Muttersprache große Entlastung. Die Prüfungskommission um den Vorsitzenden Willi Vitzer (v.r.) sowie Abdeslam Salami und Fouad El-Azrak ist bei mündlichen Tests dabei.

Koordiniert wurde sie vom Schulamt der StädteRegion Aachen. 116 Jungen und Mädchen aller Schulformen im Alter von 15 und 16 Jahren hatten sich zu Beginn des Schuljahres für die Feststellungsprüfung angemeldet. Geprüft wurde in 13 Sprachen: Arabisch, Bosnisch, Dari, Farsi, Französisch, Griechisch, Italienisch, Niederländisch, Persisch, Polnisch, Russisch, Spanisch und Türkisch. „Gerade für junge Menschen mit Migrationshintergrund, die erst seit kurzem in Deutschland leben, ist es eine große Herausforderung, in einem fremden Land eine weitere neue Sprache in der Schule zu lernen“, sagt Georg Frett, stellvertretender Schulamtsleiter. „Aus diesem Grund gibt es seit mehr als 20 Jahren die Feststellungsprüfungen.“ Diese werden dann anstelle einer Pflichtfremdsprache, normalerweise Englisch oder Französisch, gewertet. Die Mehrzahl der Jugendlichen ist erst vor maximal ein bis zwei Jahren nach Deutschland gekommen und musste die deutsche Sprache von Grund auf lernen. Eigentlich müssten sie an ihrer neuen Schule zusätzlich eine Fremdsprache belegen und damit eine für sie unbekannte zweite Sprache erlernen. Dies ist seit 1992 allerdings nicht mehr zwingend notwendig. Das Kultusministerium hatte damals das Angebot geschaffen, dass die Amtssprache des Herkunftslandes anstelle einer Pflichtfremdsprache durch eine Sprachprüfung anerkannt werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass bisher keine Note in dieser ersten Fremdsprache eingetragen wurde. An allen anderen Unterrichtsfächern nehmen die Jugendlichen ganz normal teil und werden auch bewertet. Die Prüfung selbst setzt sich aus zwei Teilen zusammen und richtet sich im Anforderungsprofil nach dem angestrebten Schulabschluss der Prüflinge. Vom Hauptschulabschluss- über die Fachoberschulreife bis zur Fachhochschulreife war auch in diesem Jahr wieder alles dabei.

Die weltpolitische Situation mit ihren zahlreichen Krisenherden, die vor allem im Nahen Osten und Afrika tausende Menschen in die Flucht treibt, spiegelt sich auch bei der Feststellungsprüfung wider: Im Vergleich zu den vergangenen Jahren (2013: 39 Prüflinge in zehn Sprachen; 2014: 84 in 15) ist die Zahl der geprüften Jugendlichen noch einmal um fast 50 Prozent angestiegen. „Wir bieten den Jugendlichen ein faires Angebot“, sagt Georg Frett. „Dennoch stoßen wir bei den rasant steigenden Teilnehmerzahlen in der selbst schon recht großen GHS Burtscheid natürlich auch an Kapazitätsgrenzen.“ Zumal der reguläre Unterricht „nebenbei“ weiterläuft, wie Schulleiterin Renate van den Boom erklärt.

In der GHS Burtscheid gibt es ab sofort auch eine dritte Internationale Förderklasse. „Wir reagieren damit auf die steigende Zahl von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“, sagt die Schulleiterin. „Jede Schullaufbahn ist so unterschiedlich wie die Lebensläufe, die dahinterstecken. Viele bringen Potenziale mit, von denen wir profitieren können.“

Bis zu 19 Schüler werden in der Förderklasse bei ihrem Weg in den für sie zum Teil noch fremden Schulalltag unterstützt. Ziel ist, sie langsam aber sicher in Regelklassen einzugliedern und ihnen damit die Perspektive zu geben, die sie sich bei ihrer Ankunft in Deutschland erhofft haben. Die Prüfung haben in diesem Jahr übrigens alle Jugendlichen bestanden, die meisten von ihnen (fast zwei Drittel) mit einem „guten“ oder sogar „sehr guten“ Ergebnis.