Alles rund um Aachen

Wie können Städte und Kommunen die Elektromobilität weiter voranbringen? Das war die Kernfrage eines internationalen Workshops, die heute im Rahmen des europäischen CIVITAS DYN@MO-Projektes in Aachen erläutert wurde. Rund 75 Verkehrsexperten, Fachjournalisten und Planern aus ganz Europa haben daran teilgenommen. Wie erreicht man auf lokaler Ebene das Ziel, den Kohlendioxid-Ausstoß zu reduzieren, der in Deutschland zu 20 Prozent durch den Verkehr verursacht wird? Das Europa-Parlament möchte, dass Neuwagen in sechs Jahren nur noch 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer emittieren, derzeit sind es über 130 Gramm. Auch der Stickstoff- und Feinstaub-Ausstoß sind ein großes Problem für viele europäische Städte, die EU-Grenzwerte werden auch in Aachen häufig überschritten. Eine Verminderung sei unter anderem über einen stärkeren Einsatz von E-Fahrzeugen zu erreichen, meint Gerd-Uwe Funk von der Energieagentur NRW. „Nordrhein-Westfalen soll eine führende Rolle bei der Einführung der Elektromobilität spielen“, erklärte er in seinem Vortrag.

Foto: Stadt Aachen

Von links nach rechts: Georg Werdermann, Projektleiter von  CIVITAS DYN@MO, Uwe Müller, Abteilungsleiter Verkehrsmanagement der Stadt Aachen, und Jörg Albrecht, Inhaber von CLAC Citylogistic Aachen, mit einem Lastenfahrrad im Forum M der Mayerschen Buchhandlung

Ein ganz praktisches Beispiel demonstrierte Jörg Albrecht von CLAC Citylogistic Aachen (www.clac.at/aachen). Der Unternehmer transportiert Lasten bis zu 100 Kilogramm Gewicht oder einem Volumen von 200 Litern mit einem Lastenfahrrad, das über das CIVITAS DYN@MO-Projekt gefördert wurde. Täglich ist er im gesamten Stadtgebiet unterwegs. „Besonders von älteren Menschen und Kindern ernten wir regelmäßig bewundernde Blicke. Autofahrer betrachten uns eher mit Skepsis und halten oft den Sicherheitsabstand nicht ein. Ihnen fehlt noch die Einsicht, dass jedes Lastenfahrrad ein Auto weniger im Straßenverkehr bedeutet“, erklärte Albrecht auf einer Pressekonferenz im Forum M der Mayerschen Buchhandlung. Der Platz, der in den Städten dem Verkehr zur Verfügung stehe, sei begrenzt. „Man muss damit haushalten“, so Albrecht. Für die Auslieferung eines Stadtmagazins im Stadtgebiet mit einer Tonne Papier benötige er mit einem Lastenfahrrad nur zwei Tage.

Auch beim Lehrstuhl für Production Engineering of E-Mobility Components wird an Lastenfahrrädern geforscht – als Auslieferungsfahrzeuge für die Deutsche Post, „Sie befinden sich bereits im praktischen Einsatz“, erklärte Dr.-Ing. Georg Bergweiler, Gruppenleiter bei dem Lehrstuhl, bei einem Rundgang durch das Labor, in dem auch Protoypen von Elektro-Fahrzeugen hergestellt und die Pedelec-Verleihstationen für Velocity entwickelt werden. Das neue Pedelec-Verleihsystem Velocity wird bis April die ersten drei Mobilitätsstationen errichten – eine am Westbahnhof, am Informatikgebäude „i5“ (Ahornstraße 55) und eine in der Forckenbeckstraße. Mitte 2015 sollen es bereits 25 Stationen sein, ab Ende des Jahres beginnt der Endausbau mit dem Ziel, an 100 Stationen im gesamten Stadtgebiet 1.000 Fahrräder mit Elektro-Unterstützung zu errichten. Das Ausleihen eines Pedelecs soll in den ersten 30 Minuten 1,50 Euro kosten, aber auch das Buchen von Flatrate-ähnlichen Tarifen für unter 100 Euro im Jahr werde möglich sein, erläuterte Tobias Meurer, Geschäftsführer von Velocity. Dabei sei auch eine Tarif-Integration in andere Mobilitätsangebote geplant, zum Beispiel von cambio CarSharing, dem Aachener Verkehrsverbund oder der Deutschen Bahn.

Dass gerade CarSharing in den letzten drei Jahren weltweit ein erstaunliches Wachstum erfahren habe, schilderte Roland Jahn, Geschäftsführer von cambio CarSharing. In Aachen sei die Zahl der Kunden auf 6.000 angestiegen. Dabei spielt auch die Elektromobilität eine große Rolle. 13 Fahrzeuge seien derzeit über cambio in Aachen unterwegs und bieten auch für Privatleute die Möglichkeit, Elektroautos einmal selbst auszuprobieren. „Die Investitionskosten sind noch sehr hoch und die Auslastung im Vergleich zu Fahrzeugen mit Benzin-Motoren geringer, so dass wir noch auf Förderungen angewiesen sind“, erklärte Jahn. Er rechne jedoch damit, dass sich dies schon in wenigen Jahren ändern würde und Elektro-Autos wirtschaftlich im Carsharing-Betrieb einzusetzen seien.

„Das große Potenzial, das in der Elektromobilität stecke, müsse genutzt werden. Es macht unsere Städte weniger laut, gesünder und sicherer. Aachen wird zu einem noch schöneren Ort, um darin zu leben“, sagte Aachens Bürgermeisterin Dr. Margrethe Schmeer in ihrer Ansprache an die Teilnehmer der CIVITAS DYN@MO-Konferenz. Die Tagung dauert noch bis Mittwoch.

CIVITAS DYN@MO ist ein Projekt, das von der EU-Komission im Jahr 2012 ins Leben gerufen wurde und eine umweltfreundliche und nachhaltige Verkehrsentwicklung in den Städten fördern möchte. Die Stadt Aachen spielt mit weiteren lokalen (u.a. STAWAG, ASEAG, RWTH, FH, cambio CarSharing, Gewoge) und internationalen Partnern (die Städte Palma de Mallorca/Spanien, Gdynia/Polen und Koprivnica/Kroatien) eine führende Rolle in diesem Projekt.

Weitere Informationen unter www.aachen.de/civitas / www.civitas.eu