Alles rund um Aachen

Im Notfall zählt jede Sekunde! Wenn ein Mensch plötzlich Kammerflimmern bekommt, dann können versierte Ersthelfer*innen in der Nähe Leben retten. 328 Mal rückten im vergangenen Jahr in Aachen nach einem Notruf „Herz-Kreislauf-Stillstand" Lebensretter*innen aus.

220 Mal wurde direkt vor Ort eine Reanimation eingeleitet. Bestenfalls hilft dabei die richtige Technik. Defibrillatoren heißen die Geräte, die bei aussetzendem Herzschlag helfen, dass eine Person die lebensbedrohliche Lage übersteht. „Daher ist es ungemein wichtig, dass es an ausreichend Orten einen schnellen Zugang zu Defibrillatoren gibt", erläuterte Prof. Dr. Stefan Beckers, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes der Stadt Aachen, nun im Rahmen eines Pressetermins am Montag (17. Juli). Gemeinsam mit dem Leitenden Betriebsarzt der Stadt Aachen, Michael Castillo, dem Richtericher Bezirksbürgermeister Hubert Meyers und Yvonne Moritz, Leiterin des Bezirksamtes Aachen-Richterich, warb Beckers für mehr bürgerschaftliches Engagement beim Thema Erste Hilfe – und um besser erreichbare Defibrillatoren in Aachen.

In Richterich hängt ein AED am Bezirksamt
Der erste wichtige Faktor sind Lebensretter*innen in der Nähe, die im Falle eines Herz-Kreislauf-Stillstands über eine App alarmiert werden und Wiederbelebungsmaßnahmen wie die Herzdruckmassage einleiten können. Parallel werden natürlich die Profis des städtischen Rettungsdienstes zum Einsatzort geschickt. Ein weiterer wichtiger Faktor sind Defibrillatoren, die das aus dem Rhythmus geratene Herz-Kreislauf-System wieder in den Takt bringen können. Doch viele der Geräte sind oftmals nicht 24/7 zugänglich, stattdessen befinden sie sich in Gebäuden, die nur zu Öffnungszeiten erreichbar sind, liegen verschlossenen in Sanitätsräumen oder ähnliches. „Das wollten wir hier in Richterich ändern", sagte Bezirksbürgermeister Hubert Meyers. Daher hat die Richtericher Politik beschlossen, dass an der Außenwand des Bezirksamtes an der Roermonder Straße 559 ein jederzeit zugänglicher Defibrillator angebracht wird. „Seit Anfang des Jahres hängt das Gerät nun dort und kann im Notfall Leben retten", freut sich Bezirksamtsleiterin Yvonne Moritz.

Auf dem restlichen Aachener Stadtgebiet, das gibt Stefan Beckers unumwunden zu, sei da noch Luft nach oben. Daher habe man sich im Rahmen der überregionalen Initiative "Region Aachen rettet" auf den Weg gemacht, die Zugänglichkeit von automatisierten Defibrillatoren (AED) auf Aachener Stadtgebiet zu verbessern. Hierfür arbeiten Rettungsdienst und der städtische Fachbereich Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit eng zusammen. „Ziel ist es, vor allem in städtischen Gebäuden mehr und mehr AED so zu platzieren, dass sie im Falle eines Herz-Kreislauf-Stillstands von den Ersthelfer*innen schnellstmöglich erreicht werden können, um dann im Optimalfall Leben zu retten", erläuterte Michael Castillo.

Bitte melden! Wo im Stadtgebiet gibt es überall Defibrillatoren?
Doch das bildet nur ein Ziel ab. „Wir wollen hiermit auch alle Institutionen, Unternehmen, wissenschaftliche Einrichtungen, Vereine und viele mehr dazu aufrufen, sich mit dem Thema Lebensretter*innen und Defibrillatoren auseinanderzusetzen", so Beckers weiter. Der Rettungsdienst der Stadt hat im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit alle bisher bekannten AED-Standorte digital erfasst. 119 sind es im gesamten Stadtgebiet. Sie hängen in öffentlichen Gebäuden und Praxen, in Firmen und Uni-Instituten – aber eben nur mit begrenztem Zugang. Neben dem Defibrillator am Bezirksamt-Richterich gibt es aktuell nur einen weiteren AED-Standort in Aachen, der rund um die Uhr von Ersthelfer*innen angesteuert werden kann. Dieser liegt gut sichtbar am Hauptverwaltungsgebäude der StädteRegion Aachen an der Zollernstraße 10. „Melden Sie sich bitte bei uns, wenn Sie über einen Defibrillator verfügen! Nur wenn Ersthelfer*innen wissen, wo sie die Geräte finden, können wir damit Leben retten." Auch bei weiteren Fragen, zum Beispiel wie man AEDs noch besser platzieren kann, helfen die Expert*innen der Stadt Aachen gerne. Die E-Mail-Adresse lautet: ersthelfer@mail.aachen.de

So sieht die Rettungskette aus
Wie sieht die Rettungskette aus, wenn der Notruf in der Leitstelle von Stadt und StädteRegion Aachen mit dem Stichwort Herz-Kreislauf-Stillstand eingeht? Der Disponent bewertet in Sekundenschnelle die Lage, alarmiert den Rettungsdienst und Notarzt. Parallel wird das Ersthelfer-System aktiviert. Über die App der Initiative „Region Aachen rettet" haben sich bislang in Aachen 1888 in Reanimationsmaßnahmen geschulte Bürger*innen registriert. „Das ist ein guter Wert, aber auch da geht sicherlich noch mehr", ist sich Stefan Beckers sicher. Beim Notfall erkennt das System automatisch, welche Ersthelfer*innen sich in einem 500-Meter-Umkreis des angegebenen Notfalls befinden. Sie werden dann automatisch per App informiert und entscheiden, ob sie die Alarmierung annehmen können und zum Einsatzort eilen oder nicht. So können noch vor dem Eintreffen des Rettungsdienstes lebensrettende Maßnahmen eingeleitet werden, die gerade in den ersten Minuten entscheidend sind.

„Das System basiert auf Freiwilligkeit", betont Beckers. Eine Pflicht, den Notfall-Einsatz anzunehmen, besteht nicht. Doch medizinisch qualifizierte Bürger*innen, die in der Nähe sind, können der entscheidende Faktor sein. Sie sind in wenigen Minuten vor Ort und können eine Herzdruckmassage starten. „Diese Maßnahme überbrückt Zeit", erklärt Beckers. Im Optimalfall rücken zwei Ersthelfer*innen zum Patienten in Not aus und beginnen abwechselnd mit der – körperlich anstrengenden – Herzdruckmassage. Eine dritte Person wird per Alarmierungs-App zum nächstgelegenen Defibrillator navigiert. „Dabei fungiert der Einsatz eines AED ähnlich wie ein Reset-Knopf", erläutert Beckers. Das Herz ist aus dem Takt geraten, das Gerät kann den ursprünglichen Takt wiederherstellen. Parallel rücken Rettungswagen und Notarzt an – in der Regel innerhalb von acht Minuten im Stadtgebiet.

Die Stadt Aachen verfügt in ihren Gebäuden bislang über 33 Defibrillatoren. „Unser Ziel ist es, die Geräte einerseits gegen modernere Modelle auszutauschen, zugleich wollen wir sie an die Außenwände oder anderweitig so platzieren, dass sie einfach und schnell erreichbar sind", betont Michael Castillo. So gibt es erste Überlegungen, ob zum Beispiel auch E-Ladestationen von Fahrradverleihsystem als Standorte in Frage kommen. „Wir machen uns auf den Weg und werden das AED-Netz im Stadtgebiet verbessern", versichert der Leitende Betriebsarzt Castillo und hofft auf viele weitere Akteur*innen, die mitziehen. In Richterich haben sie dies bereits getan und sind stolz darauf, eine Vorreiterrolle in Aachen einnehmen zu dürfen.


Weitere Infos:

Die Initiative „Region Aachen rettet" macht sich für eine schnellere Erstrettung von etwa 1.000 Notfallpatienten in der Region Aachen stark: Ihr Herzstück ist ein Smartphone-basiertes Alarmierungssystem, das im Falle eines Notfalls qualifizierte Ersthelfer*innen alarmiert und zum Patienten hin navigiert.

Eine der häufigsten Todesursachen ist der plötzliche Herztod. In etwa 30 Prozent der Fälle leiten Laienhelfer*innen in Deutschland Wiederbelebungsmaßnahmen ein. Die Rate liegt in anderen europäischen Ländern bei bis zu 70 Prozent. 40 Prozent der Betroffenen sind im erwerbsfähigen Alter. Drei von vier Patienten, die 30 Tage nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand überleben, können wieder arbeiten.
Mehr als 70.000 Menschen erleiden in Deutschland jährlich einen Herz-Kreislauf-Stillstand außerhalb eines Krankenhauses. In Reanimationsmaßnahmen geschulte Ersthelfer*innen, die im Notfall parallel zum Rettungsdienst über die Region Aachen Rettet-App alarmiert werden, können Leben retten.

Die Initiative im Internet: www.regionaachenrettet.de.