Alles rund um Aachen

... Landwirtschaft in der Krise. Spärliche Ernten und explodierende Energiekosten. „Regional kaufen ist praktischer Umweltschutz." „Die Landwirtschaft befindet sich 2022 in einer handfesten – aber mit Sicherheit nicht hausgemachten - Krise." Auf diese Formel brachte es Städteregionsrat Dr. Tim Grüttemeier beim traditionellen Erntedankempfang der Kreislandwirtschaft, der nach einer zweijährigen Corona-Pause nun wieder bei der StädteRegion in Präsenz stattfinden konnte.

Die Landfrauen hatten dazu das Foyer im Haus der StädteRegion liebevoll geschmückt. In den Reden dominierten allerdings die besorgniserregenden Themen. Gerade durch den Ukraine-Krieg, so Dr. Grüttemeier, werde allen klar vor Augen geführt, wie gefährlich es sei, sich einseitig an günstige Importe zu binden. „Unabhängigkeit ist nicht nur bei Energie wichtig, sondern gerade auch bei unseren Grundnahrungsmitteln. Hier dürfen wir in keine Einfuhrabhängigkeit geraten, das wäre fatal." Zudem, so Dr. Grüttemeier, sei der Erhalt und die Unterstützung der regionalen Landwirtschaft auch praktischer Klimaschutz. „Wir sparen deutlich CO2 ein, wenn wir unsere Nahrungsmittel vor Ort produzieren und nicht um die halbe Welt transportieren. Menschen, die für den Klimaschutz demonstrieren und anschließend im Discounter Bio-Frühkartoffeln aus Nordafrika kaufen, ist nicht mehr zu helfen. Den Speisezettel an den regionalen, verfügbaren Produkten auszurichten, ist praktischer Klimaschutz."

Dr. Grüttemeier begrüßte im Foyer des Städteregionshauses rund 70 Gäste aus Landwirtschaft, Politik und Verwaltung. Bei dem Empfang erinnerten die Landwirte und Landfrauen an das Erntedankfest, das vor allem in der heutigen, schnelllebigen Zeit oft in Vergessenheit gerät. Der Vorsitzende der Kreisbauernschaft Aachen, Bernd Kockerols, nahm erstmalig in seiner neuen Funktion an dem Empfang teil und ging ebenfalls auf die Krisen ein. „Der Ukraine-Krieg mit seinem Folgen und auch der Klimawandel führen uns klar vor Augen, dass es auch in der Landwirtschaft Veränderungen braucht. Aber es kommt dabei immer auf das Maß und die Schrittfolge an." Ein Thema, dass er konkret ansprach war der geplante intensive Ausbau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen: „Für die gleiche Leistung wird durch Freiflächen-PV-Anlagen das zwanzigfache an Fläche verbraucht, wie bei einer Windkraftanlage. Deshalb ist das nicht die ideale Lösung auf landwirtschaftlich genutzten Flächen, sondern anderenorts sinnvoller", bringt Kockerols es auf den Punkt.

Der zunehmende Klimawandel hat mit einem der trockensten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen weitere riesige Herausforderungen für die Landwirtschaft gebracht. Viele Ernten sind spärlich ausgefallen. „Gerade bei den Kartoffeln aber auch bei dem als Viehfutter wichtigen Mais und der Heuernte hat es starke Einbußen gegeben. Das führt für viele Landwirte dazu, dass sie in diesem Winter die Silos für die Tierfütterung nicht voll haben und teuer zukaufen müssen."

Die starke Verteuerung der Energie ist zudem ein Faktor, der der Landwirtschaft zusetzt. Dr. Grüttemeier formuliert deshalb klar: „Die Landwirtschaft braucht bezahlbare und verlässliche Energie." Es gibt jetzt in einem ersten Entlastungspaket für die Landwirtschaft eine so genannte Anpassungsbeihilfe, die aber nur für einige Betriebe und dort auch nur 40 Prozent der aufgelaufenen Verluste ausgleicht. „Deshalb braucht es nach meiner festen Überzeugung weitere Entlastungen des Bundes für die Landwirtschaft!", wird Grüttemeier deutlich.

Kritik kam von den Landwirten auch an den immer weiter ausgebauten Dokumentationspflichten. Kockerols: „Manchmal muss ich selber bei unseren Fachleuten von der Kammer anrufen, um beim siebten neuen Gesetz zu verstehen, was ich denn da gerade auf welche Art und Weise dokumentieren muss."

Es ist also im Jahr 2022 alles andere als leicht, ein Landwirt zu sein, wie auch Dr. Grüttemeier abschließend feststellte: „Aber gerade heute brauchen wir mehr denn je die Landwirtschaft bei uns vor Ort. Ich habe hohen Respekt vor Ihrer Arbeit! Wir alle brauchen eine zukunftsfeste Landwirtschaft in der StädteRegion Aachen. Dafür sind Sie alle Garanten und dafür danke ich Ihnen herzlich."

Foto: (Holger Benend, StädteRegion Aachen)

(Von links nach rechts): Der Vorsitzende der Kreisbauernschaft, Bernd Kockerols, die stellvertretende Kreisvorsitzende Aachen im Rheinischen Landfrauenverband, Annette Pitz, und Kreislandwirt Dieter Esser überreichten Städteregionsrat Dr. Tim Grüttemeier (2. v. r.) einen Korb mit landwirtschaftlichen Produkten.