Alles rund um Aachen
StädteRegion Aachen/ Stolberg. ,,Schwere Kost" anstelle von seichter Unterhaltung. Dafür haben sich die Besucher des Stolberger Kulturzentrums Frankental an diesem Abend entschieden. Die StädteRegion Aachen hat in Zusammenarbeit mit dem Stolberger Bündnis gegen Radikalismus und der Stadt Stolberg zu einer Lesung mit dem Journalisten Olaf Sundermeyer eingeladen. Der Dortmunder recherchiert seit zwölf Jahren in der rechtsextremen Szene. An diesem Tag liest er aus seinem Buch ,,Rechter Terror in Deutschland: Eine Geschichte der Gewalt", für das er seit Jahren in engem Kontakt mit Opfern aber auch mit Tätern steht.

Eins dieser Opfer ist Ihsan Yurtseven, ein türkischstämmiger Cafébesitzer aus Duisburg. Yurtseven hat 2003 einen Mordanschlag mit einer Selbstschussanlage überlebt und ist seitdem seelisch und körperlich beeinträchtigt. Sein rechter Arm wurde zertrümmert. Der Mann, der mit seiner Musik das Geld verdient hatte, um das Café zu kaufen, wird nie wieder eine Saz (türkische Gitarre) spielen können. Die Ermittler gehen davon aus, dass das Opfer in Drogen- und andere kriminelle Geschäfte verwickelt war. Den schweren Verletzungen folgt der soziale Abstieg, denn alle sehen das Opfer im Umfeld der türkischen Mafia. Anderen Spuren wird erst Jahre später - nach Aufdeckung der rechtsextremen Terrorvereinigung NSU - intensiv nachgegangen. Doch auch jetzt - trotz Anzeichen auf einen Zusammenhang der Tat mit der NSU-Terrorzelle - wurde Ihsan Yurtseven nie als Opfer anerkannt.

Es ist völlig still im Saal des Kulturzentrums, als Olaf Sundermeyer diesen Teil der Lesung beendet. Die Betroffenheit der Anwesenden ist spürbar und auch dem Autor ist anzumerken, dass ihn das Schicksal des Opfers noch immer tief berührt.

Im zweiten Auszug, den Sundermeyer vorträgt, wird ein Deutscher Opfer rechter Gewalt. Thomas Schulz ist zur falschen Zeit am falschen Ort und wird in aller Öffentlichkeit erstochen. Auch hier erschreckt die Brutalität und Kälte, mit der der Täter vorging. Der 17jährige Täter führte als Motiv für seine Tat Notwehr an, da er sich bedroht fühlte. Eine Erklärung, die Sundermeyer nicht gelten lässt. Allzu oft nämlich sehen sich Rechtsextreme in der Opferrolle und fühlen sich bedroht: von Migranten oder Andersdenkenden.    

Tiefe Betroffenheit ist auch nach diesem zweiten Teil der Lesung zu spüren. ,,Aber rechte Gewalt ist nur die Spitze des Eisberges", betont Sundermeyer. Auch die Akzeptanz fremdenfeindlicher Einstellungen in der Gesamtgesellschaft spiele eine große Rolle, so der Autor.  Eine dauerhafte präventive Arbeit gegen rechts sei daher von großer Bedeutung.



Foto - Michael Klarmann: Olaf Sundermeyer schafft es mit seinen realen Schilderungen,
Eindruck beim Leser zu hinterlassen.