Alles rund um Aachen

Es ist geschafft: Die Stadt Aachen hat nun in einen zweiten Tagespflege-Vertretungsstützpunkt, in dem Kinder betreut werden können, wenn die eigentliche Tagespflegeperson erkrankt ist oder frei hat. „Wir wollen, dass Eltern eine verlässliche Vertretung haben", freut sich Sabine Fischer, Abteilungsleiterin Kitas und Tagespflege im Fachbereich Kinder, Jugend und Schule der Stadt Aachen. Mit einem Tag der offenen Tür (Mittwoch, 3. April) sind die Räume an der Stolberger Straße 188 nun offiziell in Betrieb. Eingeladen waren Tagespflegepersonen und Eltern, um sich die Räume an zu schauen und das Personal kennen zu lernen.

Meri Krutt und Hacer Cakin, die beiden Tagespflegepersonen im Vertretungsstützpunkt, haben seit Dezember vergangenen Jahres alles getan, um die hellen, großzügigen 151 Quadratmeter in eine kindgerechte Umgebung um zu gestalten. Das dies gelungen scheint, bestätigen auch Aussagen von Tagesmüttern, die sich einen ersten Eindruck von der Qualität des Angebots machten: „Perfekt, ich wüsste nicht, was man noch besser machen könnte." Die Großtagespflegestelle hat direkten Zugang zu einer Grünfläche mit Spielplatz in einem Fußgängerbereich. „Wir haben die Einrichtung mit aufgebaut", so Krutt und Cakin ergänzt: „Wir sind richtig stolz auf die Räume." Aber nicht nur das: „Ich freue mich, dass wir anderen Tagesmüttern und -vätern helfen können", erklärt Cakin.

Anspruch auf Vertretung

Um die Verlässlichkeit des Betreuungsangebotes Kindertagespflege zu gewährleisten und eine größere Betreuungskontinuität zu erreichen, formulierte der Gesetzgeber einen Anspruch auf Vertretung. Dort heißt es: „Für Ausfallzeiten einer Tagespflegeperson ist rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherzustellen" (§ 23 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII). Adressat der Verpflichtung ist in diesem Fall die Stadt Aachen: Sie hat im Rahmen seiner Gewährleistungspflicht geeignete Lösungen für die Vertretung von Kindertagepflegepersonen zu entwickeln. Die Ersatzbetreuung muss durch eine geeignete Tagespflegeperson oder in einer Einrichtung mit Betriebserlaubnis erfolgen. Eine funktionierende und für die Eltern leicht zu handhabende Vertretungsregelung ist ein entscheidender Qualitätsaspekt für die Kindertagespflege selbst sowie deren Anerkennung als verlässliches Betreuungsangebot. Sie schafft Planungssicherheit für die Eltern bei unvorhersehbaren Ausfällen der Kindertagespflegeperson. Für die Tagespflegepersonen ist es wichtig, im Krankheitsfall in Ruhe gesund werden zu können oder die von ihnen betreuten Kinder im Fall ihrer Abwesenheit gut betreut zu wissen.

Das Vertretungssystem

„Aber das ist in der Umsetzung gar nicht so einfach", erläutert Bettina Konrath, Geschäftsführerin „Familiäre Tagesbetreuung e.V." Die „Familiäre Tagesbetreuung e.V." ist die von der Stadt Aachen beauftragte Fachberatungs- und Fachvermittlungsstelle für Kindertagespflege und anerkannter Bildungsträger für Kindertagespflege. Sie erarbeitete Vertretungsmodelle, die in die Überlegungen des Kinder- und Jugendausschusses einflossen. „Wir reden von einer Altersgruppe, bei der Bindung ganz wichtig ist", so Konrath weiter. Kontinuität und Bindung sind deshalb wichtige Qualitätsmerkmale der Vertretungsregelung. Bei einem guten Vertretungsangebot sind die Kindertagespflegepersonen in regelmäßigem Kontakt mit der Vertretungskindertagespflegeperson, damit im konkreten Fall eine stressfreie und emotional unbelastete Ersatzbetreuung stattfinden kann. Für die Stadt Aachen musste ein passendes Modell entwickelt und an die vorhandenen Gegebenheiten angepasst werden.

Zur Umsetzung der Vertretungsregelung bildete die Familiäre Tagesbetreuung eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Kindertagespflegepersonen und zwei Mitarbeiterinnen der Familiären Tagesbetreuung. Sie beschäftigte sich mit den Erwartungen der Vertretungskräfte und Eltern an die Vertretungsmodelle, einem Anforderungsprofil an die Vertretungskraft im Stützpunkt, der Sammlung eines Fragenkatalogs ans Jugendamt zur praktischen Umsetzung, mit der Vorgehensweise im Vertretungsfall und mögliche Dokumentationsformen. Parallel zur AG suchten der Fachbereich Kinder, Jugend und Schule und der Verein intensiv nach geeigneten Räumen für das Vertretungsmodell „Stützpunkt": „Es ist dem Fachbereich Kinder, Jugend und Schule zu verdanken, dass wir diese tollen Räume jetzt haben", so Konrath.

Tagespflegepersonen und Vertretungen stehen in engem Kontakt

Zwei Kindertagespflegepersonen „ohne Kinder" betreuen nun, in von der Stadt zur Verfügung gestellten Räumen, maximal neun Kinder von anderen Tagespflegepersonen, die wegen Krankheit, Urlaub oder Ähnlichem ausfallen. Für Ursula Braun-Kurzmann, 1. Vorsitzende „Familiäre Tagesbetreuung e.V.", auch eine der größten Herausforderungen an die beiden Tagespflegpersonen: „Sie wissen morgens noch nicht, welche Kinder kommen." Die zu vertretenen Tagespflegepersonen suchen die Großtagespflege regelmäßig zur Beziehungspflege auf und nutzen die Räume für Angebote, die durch die Vertretungspersonen organisiert werden. Die Kinder lernen so die Pflegepersonen, den Stützpunkt und die anderen Kinder kennen. Außerdem besuchen die Vertretungstagespflegepersonen die Tagespflegepersonen, die sie vertreten, um die Kinder in gewohnter Umgebung kennenzulernen.

Wichtig: Nicht die Eltern schließen eine Kooperation mit der Vertretungstagespflegestelle, sondern die Tagespflegpersonen, die sich dem Vertretungssystem anschließen möchten. Und letztlich bestimmen die Eltern, ob die Kinder bei einem Betreuungsausfall in die Vertretungsstelle kommen oder zu Hause bleiben. Cakin und Krutt erhalten für diese Leistung dauerhaft die laufende Geldleistung einer Betreuung für fünf beziehungsweise vier Tageskinder entsprechend des Betreuungsumfanges von jeweils 35 Wochenstunden, unabhängig vom tatsächlichen Vertretungsfall und den tatsächlichen, wöchentlichen Betreuungsstunden. Somit ist die maximale Betreuungszeit für den Vertretungsfall auf 35 Stunden pro Woche begrenzt, auch wenn das Vertretungskind im Normalfall mehr als 35 Stunden wöchentlich betreut wird.

Die Kindertagespflegepersonen sind selbstständig tätig.

Kindertagespflege in Aachen

Die Kindertagespflege ist in Aachen ein wichtiger Baustein im System der Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren. In der Stadt Aachen sind derzeit 144 Kindertagespflegepersonen tätig. Die von ihnen zur Verfügung gestellten 563 Plätze werden zu 50 Prozent von Kindern im Alter von ein bis zwei Jahren genutzt und zu 41 Prozent von der Altersgruppe der Zwei- bis Dreijährigen. Die Kinder unter einem Jahr sind mit sechs Prozent vertreten und die über drei Jahren mit drei Prozent (Stand 31.Dezember 2018). 40 Prozent der Eltern lassen ihr Kind zwischen 26 und 35 Stunden pro Woche in der Kindertagespflege betreuen und 43 Prozent zwischen 36 und 45 Stunden pro Woche.

„Der Bedarf ist da", so Konrath, die sich auf die Zahlen des ersten Stützpunkts in Burtscheid, Kalverbenden, stützen kann, der im Herbst 2018 startete. Er ist ein Erfolg: Derzeit unterhält er 15 Kooperationen mit Tagespflegepersonen, die insgesamt 59 Tageskinder betreuen. An 53 Vertretungstagen sprangen die beiden Tagespflegepersonen in Kalverbenden ein. Nun freuen sich Meri Krutt und Hacer Cakin auf mindestens so viele Kooperationen in den Räumen an der Stolberger Straße.