Alles rund um Aachen

StädteRegion Aachen.  Auch wenn die Schülerinnen und Schüler eben im Bus noch ganz normal miteinander scherzten, herrschte auf dem Soldatenfriedhof in Henri-Chapelle dann plötzlich fast schon gespenstische Ruhe. Der Anblick von 8.000 schlichten weißen Kreuzen auf einem riesigen Feld, jedes für einen gefallenen Soldaten im zweiten Weltkrieg, ließ an dem eisigen Novembermorgen niemanden kalt. Ziemlich beste Freunde – Deutschland – Europa – USA" – unter diesem Motto erlebten jetzt rund 60 Schülerinnen und Schüler aus Aachen und Düren Geschichte zum Anfassen. Bei der ganztägigen Exkursion ging es erst zu dem belgischen Soldatenfriedhof und anschließend zum NS-Dokumentationszentrum in Vogelsang.

Foto: Aline Jansen

Henri-Chapelle American Cemetery: Superintendant Christopher Arsenault erzählt den Schülerinnen und Schülern aus Aachen und Düren von der Feldschlacht in Hürtgenwald im Zweiten Weltkrieg.

Der Zweite Weltkrieg ist ein wichtiges Thema, das in keinem Geschichtsunterricht fehlt. Dabei stehen meist Zahlen und Fakten im Vordergrund, über die verschiedenen Perspektiven und einzelne Schicksale erfährt man kaum etwas. Um das zu ändern, haben die Kulturbetriebe der Stadt Aachen und die Stiftung Internationaler Karlspreis zu Aachen gemeinsam mit dem Amerika Haus e.V. NRW in Köln eine Schulexkursion ins Leben gerufen, die nun zum dritten Mal stattfand. In diesem Jahr durften drei Geschichtskurse des Gymnasiums am Wirteltor in Düren an dem Ausflug teilnehmen, zudem Schüler und Lehrer der Maria-Montessori-Gesamtschule in Aachen.

Zunächst führte die Exkursion nach Belgien, genauer gesagt zum 1944 errichteten amerikanischen Soldatenfriedhof in Henri-Chapelle. Dort trafen die Schülerinnen und Schüler zum einen Dr. Benjamin Becker, Direktor des Amerika-Hauses, der den Ausflug begleitete, und zum anderen Christopher Arseneault. Der Amerikaner ist Superintendant bei der „American Battle Monuments Commission": „Ihr lebt in einer Region mit viel Geschichte. In Hürtgenwald fand 1944/45 eine große Feldschlacht zwischen der US Army und deutschen Truppen statt. Allein dieser Kampf forderte tausende Menschenleben auf beiden Seiten. 8.000 Amerikaner fielen und fanden ihre letzte Ruhe auf dem Soldatenfriedhof in Belgien. „Hier seht ihr 8.000 weiße Steinkreuze, eins für jeden Gefallenen. Außerdem ruhen hier 94 Soldaten, die nicht identifiziert werden konnten." Anschließend durften die Besucher die Gräberreihen der Gedenkstätte erkunden. Becker hatte im Vorfeld Steckbriefe mit kurzen Biografien einzelner Gefallener verteilt, sodass sie sich mit deren Schicksalen befassen konnten und die Namen und Todesdaten auf den Kreuzen ein Gesicht bekamen.

Weiter ging es danach an einen Täterort - der Ordensburg Vogelsang in der Eifel. Dort wurden junge NS-Führungskräfte (sogenannte „Junker") ausgebildet, die später in eroberten Gebieten einsetzt werden sollten. Vogelsang wurde von 1934 bis 1936 auf dem Höhenrücken der Eifel gebaut. Hier erwarteten die Schülerinnen und Schüler nach einer Führung verschiedene Aufgaben. Dabei wurde ganz praktisch klar, was die Junker in NS-Zeit in Vogelsang lernen sollten: Gehorsam, Machtausübung und Zugehörigkeit. Außerdem ging es um die Schaffung eines neuen Menschenbildes und einer Ersatzreligion.

Neben der Figur des Fackelträgers, die genau diese Merkmale in sich vereint, wie Referent Thomas Willems aufzeigte, durften die Schülerinnen und Schüler auch die Ehrenhalle besichtigen, die sonst nicht zu sehen ist. Dort wurden zu NS-Zeiten pseudo-religiöse Handlungen ausgeführt wie Heldengedenken, Hochzeiten und die Verehrung des neuen Menschen in Form einer rund drei Meter hohen Holzfigur.

Ein Tag, den die 60 jungen Schüler sicher nicht so schnell vergessen werden, und der sicherlich intensiver nachwirkt, als die theoretische Erarbeitung der Geschehnisse im Zweiten Weltkrieg und unter der NS-Diktatur. Die Gegenpole von Gedenkstätte und Täterort und ihre Verbindung zueinander machten die Exkursion zu einem besonderen Erlebnis.

Gefördert wurde das Projekt durch das Bildungsbüro der StädteRegion Aachen. Im nächsten Jahr soll es eine vertiefte Kooperation anlässlich von 75 Jahren Ende des Zweiten Weltkrieges (In der Aachener Region – Roetgen und Aachen - endete der 2. Weltkrieg schon im Herbst 1944) geben.