Polizeibericht

Aachen (ots) - "Nun unterschreibt endlich!" Dieser Satz, energisch, laut und vor allem äußerst ungeduldig gesprochen von einem unbekannten Mann, ließ eine Frau am Nachbartisch, aufhorchen. Die Rede ist von einer Frau, die am Sonntagabend in den Aachener Kurparkterrassen saß und die Polizei rief. Sie hatte in dem Restaurant mitbekommen, wie ein Mann, den sie schön öfters in dem Lokal gesehen hatte, zwei betagte und völlig verwirrt wirkende Senioren energisch aufforderte, etwas zu unterschreiben.

Die Frau aus dem benachbarten Kelmis (Belgien) hatte die Gaststätte schon oft besucht. Bei fast jedem ihrer Besuche traf sie dort den alten Mann (83 Jahre) und die Frau (91 Jahre). Dabei war ihr aufgefallen, dass beide schwer dement schienen und sich - wohl krankheitsbedingt - kaum artikulieren konnten. Folglich konnte jetzt etwas nicht stimmen. Unmöglich der Ton des fremden Mannes. Unmöglich, dass beide verstehen würden, was sie da unterschreiben sollen.

Sie hatte jedenfalls den richtigen Riecher. Zwei Polizisten tauchten nach ihrem Anruf bei der Polizei in dem Lokal auf und sprachen zuerst mal mit der aufmerksamen Frau. Dann nahmen sie sich den vermeintlichen Betrüger zur Brust. Konfrontiert mit der Vermutung, dass hier eventuell etwas Unrechtes geschehe, baten sie ihn, seine Personalien anzugeben. Der Polizeicomputer spuckte sodann aus: Der 58-Jährige stammt aus Essen und ist polizeibekannt. Wegen verschiedener Betrugsdelikte zum Nachteil alter Leute ist er bereits mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten.

Seine Antworten auf nun gezielte Fragen der Polizisten, was die alten Leute denn unterschreiben sollten, wich er aus. Was er sagte, erschien abenteuerlich. Er gab sich als guter Bekannter der beiden Senioren aus. So habe er erfahren, dass der 83-Jährige mehrfach größere Summen von der Bank abgehoben habe. Auf diese Weise seien über 30.000 Euro abhandengekommen. Er habe sich angeboten, dem Verlust des Geldes auf die Spur zu kommen. Hierzu habe er sich vor Wochen bereits eine Vollmacht ausstellen lassen. Den Fragen, wie er den 83-Jährigen überhaupt kennengelernt habe, ging er aus dem Weg. Keine schlüssigen Antworten, so die Beamten.

Die 91-Jährige indes erklärte den Beamten, dass sie den Mann gar nicht kenne. Sie sei fast blind. Deshalb unterschreibe sie auch nichts, was sie nicht sehe. Also habe sie auch das Blatt nicht unterschrieben, was der Unbekannte ihr da vorgelegt habe. Mehr war aufgrund des Gesundheitszustandes der alten Dame nicht zu erfahren. Auch nicht, ob ihr schon Geld fehle.

Noch an Ort und Stelle ermittelten die Beamten, dass der 58-Jährige in der Aachener Innenstadt, in der Schildstraße, eine kleine Wohnung hat. Vorher hatte er vehement bestritten, hier in der Region eine Wohnung zu haben. So gibt es an der Haustür auch keine Klingel, die seinen Namen trägt. Seit 2002 scheint er in dem Haus zu wohnen. Wegen des Lügengeflechts und der sonstigen Ungereimtheiten bekamen die Beamten einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung. Die Wohnung besteht aus einem Raum. In dem Raum fanden die Beamten Dokumente, Vordrucke von Vollmachten und Notizen, die darauf schließen lassen, dass es weitere Opfer von Betrügereien gibt. Die Polizisten stellten die Unterlagen als Beweismittel sicher. Die Wohnung versiegelten sie. Der 58-Jährige kam wegen Fluchtgefahr und Verdunkelungsgefahr in Haft.

Später stellte sich noch heraus, dass der 58-Jährige dem Senior neben den 30.000 Euro noch weitere 30.000 Euro abgenommen haben muss. Insgesamt also 60.000 Euro. Nach Angaben der Tochter des 83-Jährigen das gesamte Ersparte für den Lebensabend. Der Tatverdächtige war sogar so dreist, dass er vor dem Betreuungsgericht eine gesetzliche Betreuung beantragte. Die scheiterte erst, als die Tochter des Seniors dem Gericht ihre Generalvollmacht vorlegte. Ebenso scheiterte eine Bankvollmacht auf sei-nen Namen. Und dennoch, das zeigt wie hartnäckig der Mann ist, hat er vor ein paar Tagen einen neuen Versuch gestartet, die Betreuung des alten Mannes übernehmen zu können.

Das Betrugskommissariat der Aachener Kripo hat den Fall übernommen. Die Ermittlungen laufen. Man darf gespannt sein, was noch alles rauskommt. Welches Leid der Mann wem noch gebracht hat.

Ein besonderes Lob hat sich natürlich die aufmerksame Zeugin verdient. Alles richtig gemacht.