Veranstaltungen

Tatkräftiger Lenker der Montanindustrie, weltgewandter Bankier und polyglotter Ratsherr: Barthold Suermondt (1818 – 1887) war einer der bedeutendsten Industriellen der Gründerzeit im Aachen-Lütticher Raum. Und er war ein ausgezeichneter Kunstkenner, der mit hohem Qualitätsanspruch Gemälde und Zeichnungen sammelte. Zur Feier seines 200. Geburtstages würdigt das Suermondt-Ludwig-Museum die Sammlertätigkeit des Entrepreneurs, der aufgrund seiner großzügigen Stiftungen zum ersten Namensgeber des Hauses wurde.

Vom 8. März bis 17. Juni 2018 vereint die Ausstellung „Gestatten, Suermondt! Sammler, Kenner, Kunstmäzen" 60 Gemälde und 22 Zeichnungen der ehemaligen Suermondtschen Sammlungen, die heutzutage der Gemäldegalerie und dem Kupferstichkabinett in Berlin sowie dem Aachener Suermondt-Ludwig-Museum gehören. Darunter befinden sich Werke von Holbein, Rembrandt, Frans Hals, Jacob van Ruisdael, Rachel Ruysch, Jan Steen, Judith Leyster u.a.

Wirtschaftsmagnat der Gründerzeit

Als Sohn des Direktors der Reichsmünze in Utrecht und einer englischen Mutter war Barthold Suermondt von Haus aus weltoffen. Und er verfügte über Tatendrang. Mit 16 Jahren ging er an die Bauakademie in Berlin. Zwei Jahre später, 1836, trat er in das Unternehmen von John Cockerill ein, der die zu dieser Zeit größte Maschinen-, Eisen- und Stahlfabrikation vom belgischen Seraing aus betrieb. Der Aachen-Lütticher Raum war ein Hotspot der Industrialisierung auf dem europäischen Kontinent und – bis zum Ersten Weltkrieg – eine Region mit zahlreichen familiären und geschäftlichen Verbindungen über die Grenzen hinweg. So lebte Suermondts spätere Frau Amalie, Cockerills Nichte, in Aachen, wo die Familie sich schließlich niederließ.

1842, nach dem Tod Cockerills, übernahm Suermondt – wie von Cockerill testamentarisch verfügt – die Unternehmensführung. Später machte er auch Karriere als Lenker einflussreicher Unternehmen aus dem Versicherungs- und Bankensektor, als Aktionär und Investor.

Passionierter Sammler und Entdecker

1854 kaufte Barthold Suermondt auf einer Versteigerung in Paris sein erstes Bild, die Sicht auf Haarlem von Ruisdael. Es war der Beginn einer lebenslangen Passion, der Jagd auf erstklassige Kunstwerke. Er sammelte mit einem neuen Qualitäts- und Originalitätsanspruch, der sich im 19. Jahrhundert zu formen

begann, als aus Kunstgeschichte und Ästhetik Wissenschaften wurden, als sich Kunsthandel und Museen institutionalisierten. Von Anfang an ging es um Kriterien wie Erhaltungszustand und Echtheit.

Suermondt schielte bald nicht mehr nur auf berühmte Namen, sondern wählte nach den sich entwickelnden Standards der Kunstgeschichtsforschung und des Kunstmarktes „gute Unbekannte" aus. Vermeer etwa gehört zu den Künstlern, die von Suermondt und seinem Berater Thoré-Bürger entdeckt wurden. Suermondt machte sich die zeitaufwändige Mühe, zu Kunstwerken zu reisen, um sie persönlich zu begutachten. Damals gab es kaum Fotos von Gemälden. Seinen Höllenstürz der Verdammten von Rubens schickte er sogar auf Reisen nach München und Antwerpen, um sie einer vergleichenden Betrachtung unterziehen zu lassen.

Enthusiastisch, kenntnisreich, zielstrebig und mit der Umsicht des verhandlungsstarken Geschäftsmanns erwarb er auch moderne Bilder, Zeichnungen, ostasiatisches Porzellan und Kleinkunst. Schon bald galt seine Sammlung hinsichtlich ihres Umfangs und der hohen Qualität ihrer Gemälde als „die erste Privatgalerie im Deutschen Reich", deren öffentliche Präsentation ihm wichtig war. Daher ließ er in sein Wohnhaus in der Adalbertstraße einen Oberlichtsaal einbauen, in dem die Gemälde gut zur Wirkung kamen

Suermondt arbeitete mit den entstehenden Fachblättern und Fachautoren verschiedener Länder zusammen, die seine Sammlung besuchten, begutachteten und ihn berieten. 1859 kam Gustav Friedrich Waagen, der 130 Werke katalogisierte. Ihm folgte 1860 Théophile Thoré-Bürger, der 1869 auch eine

Reihe Aufsätze über Suermondts Sammlung verfasste, die nach seinem Tod im Jahre 1869 von Paul Mantz 1874 abgeschlossen und durch Alfred Woltmann parallel ergänzt wurde. Sir Charles Eastlake (1859 und 1863), Otto Mündler (1866), Carel Vosmaer (1868) und Wilhelm Bode (1868 und 1872), der

einen eigenen Katalog für sich anlegte, inspizierten Suermondts Werke.

Vermeers Mädchen mit dem Perlenhalsband ging nach Berlin

Als sich der Sammler 1874 infolge der Wirtschaftskrise gezwungen sah, einen Teil seiner bis zu diesem Zeitpunkt zusammengetragenen Werke an das Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin zu verkaufen (heute: Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz), umfasste seine Kollektion

ungefähr 300 Gemälde und mehr als 400 Zeichnungen. Bis heute zählen viele dieser Stücke zu den herausragenden Werken der Berliner Museen, darunter Höhepunkte wie der Singende Knabe mit Flöte von Frans Hals, das Mädchen mit dem Perlenhalsband von Vermeer, Rembrandts Porträt eines alten Mannes oder Jan van Eycks Madonna in der Kirche.

Ab 1874 erwarb Suermondt erneut Zeichnungen und Gemälde, die bald ansehnliche 150 Werke umfassten. 1882 schenkte Suermondt dem 1877 gegründeten Aachener Museumsverein 51 Bilder und der Stadt Aachen 60 Arbeiten, der Grundstock für ein erstrangiges Kunstmuseum. Suermondt veranlasste auch die Dauerleihgabe von 41 Gemälden aus den königlichen Museen zu Berlin nach Aachen, davon 29 aus seiner dorthin verkauften Sammlung. Vor seinem Tod vermachte er dem Suermondt-Museum 28 weitere Gemälde. Insgesamt übergab Suermondt der Stadt Aachen 173 Kunstwerke darunter Frans Snijders Käuzchen als Lockvogel und Jan Boeckhorsts Höllensturz.

Eröffnung parallel zur TEFAF

Zum 200. Geburtstag des Sammlers werden nun im Suermondt-Ludwig-Museum Werke aus Berlin und Aachen für drei Monate wiedervereint. Dabei stehen niederländische und altdeutsche Gemälde im Vordergrund, die im 19. Jahrhundert eine Renaissance erfuhren und auch den Schwerpunkt der Suermondtschen Sammlung bildeten.

Die Ausstellung in Aachen wird parallel zur TEFAF in Maastricht eröffnet. Die Thematisierung der Geschichte einer der hochkarätigsten Sammlungen des 19. Jahrhunderts lädt dazu ein, Vergleiche zu den heutigen Sammlerinteressen auf dem Kunstmarkt anzustellen und zu entdecken, wie viel „Suermondt" bis heute im Suermondt-Ludwig-Museum steckt.

Kuratoren

Peter van den Brink, Wibke Birth

Ausstellung im Suermondt-Ludwig-Museum Aachen:

08. März – 17. Juni 2018

Eröffnung: Mittwoch, 07. März 2018, um 16.00 Uhr in der Kirche St. Adalbert