Alles rund um Aachen

Im Notfall kommt es auf jede Sekunde an. Welche Verletzungen oder akuten Erkrankungen liegen beim Patienten vor? Welche direkte Diagnose führt zur bestmöglichen Behandlung? All diese Aspekte spielten eine Rolle, als sich die Stadt Aachen vor drei Jahren dazu entschloss, als erste Kommune in ganz Deutschland das Modell des Telenotarzt-Dienstes einzuführen. Jetzt, mehr als 10.000 Einsätze später, haben Verantwortliche, tägliche Nutzer und Entwickler des Systems Bilanz gezogen. Und sie stellen dem Telenotarzt ein hervorragendes Zeugnis aus.

Foto: Stadt Aachen / Harald Krömer
Drei Jahre Telenotarzt in Aachen: Für Aachens Feuerwehrchef Jürgen Wolff (links) und Stefan Beckers, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes der Stadt Aachen, ist das System ein absolutes Erfolgsmodell, das auch bundesweit Beachtung und Nachahmer findet.

Fachleute informieren sich in Aachen

„Der Telenotarzt wurde hier bei uns in Aachen sehr schnell angenommen, als unsere Rettungsassistenten merkten, wie sehr auch sie von dem System profitieren", sagte Aachens Feuerwehrchef Jürgen Wolff anlässlich des „Anwendertags Telenotarzt". Beim Aachener Unternehmen P3 stellten die Anwender der telemedizinischen Gesamtlösung ihre Erfahrungen Publikum und  Presse vor. Zudem diskutierten 100 Fachleute über das noch recht neue, aber stetig wachsende notfallmedizinische Feld – zunächst bei P3 telehealthcare, tags darauf auch auf Einladung der Stadt Aachen bei der Konferenz „Update Telenotfallmedizin".

Und so funktioniert das System: Die Besatzung eines Rettungswagens kann im Stadtgebiet Aachen jederzeit einen hochqualifizierten Telenotarzt zur Einsatzunterstützung konsultieren. Denn über modernste Telekommunikations- und Diagnosetechnik kann der Notarzt aus der Telenotarzt-Zentrale heraus den Einsatz des Rettungsdienst-Teams vor Ort begleiten. Die Vorteile liegen auf der Hand, wie Dr. Stefan Beckers, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes der Stadt Aachen, erklärte: „Wenn wir das System nicht hätten, müssten wir weitere Notarzt-Fahrzeuge in Dienst nehmen und dann logischerweise auch den zusätzlichen Notarzt bezahlen." Das ausgeklügelte System hilft also nicht nur dabei, die Kosten für notfallmedizinische Einsätze im Rahmen zu halten, es hilft auch dabei, die Expertise vor Ort für den Patienten zu erhöhen – und das unmittelbar. Denn es verstreichen keine wertvollen Sekunden, bis der ansonsten erst zusätzlich herbeigerufene Notarzt eingetroffen ist. Sollte die physische Anwesenheit eines Notarztes trotzdem erforderlich sein, ist dies natürlich auch weiterhin möglich, betonte Beckers.

Im April 2014 ging das System – entwickelt von P3 telehealthcare in Kooperation mit der Uniklinik und Instituten der RWTH Aachen – an den Start. Kleinere technische Kinderkrankheiten gehören längst der Vergangenheit an. Gut drei Jahre nach Einführung sind alle von dem funktionierenden System überzeugt. „Wir sind Vorreiter in Aachen. Ich bin davon überzeugt, dass das System in den nächsten Jahren im gesamten Bundesgebiet zur Anwendung kommt", sagte Feuerwehrchef Jürgen Wolff. Davon geht auch Dr. Michael Tobias, Geschäftsführer von P3 telehealthcare, aus. In Vorpommern-Greifswald ist das System vor kurzem ebenfalls eingeführt worden. Das ländliche Gebiet hat lediglich eine dünne Einwohnerdichte. Mit der klassischen Notfallversorgung stoßen die Rettungskräfte da immer häufiger an ihre personellen Grenzen. Der Telenotarzt kann dort hervorragend Abhilfe schaffen. Und so interessieren sich immer mehr Regionen und Kommunen für das System made in Aachen.
Am Bildschirm parallel mehrere Einsätze im Blick

Eine weitere Besonderheit: Der Telenotarzt in der Leitstelle kann sich über Bildschirme sogar um mehrere Einsätze nahezu parallel kümmern. Das angestrebte Ziel geht auf: Ärzte können gezielter eingesetzt werden, die direkte Versorgung wird verbessert und gleichzeitig können die Kosten besser im Rahmen gehalten werden.

Und auch wenn sich sicherlich niemand wünscht, dass er zum Hörer greifen muss, um die 112 zu wählen, so kann er doch froh sein, dass in Aachen längst Ingenieurs-Knowhow auf notfallmedizinische Expertise trifft, denn der Telenotarzt ist in jedem Rettungswagen virtuell mit an Bord.