Alles rund um Aachen

Plötzlich geht es mitten auf dem Europaplatz um die Wurst. Und das im wahren Wortsinn. „Mit Senf oder ohne?", fragt Jürgen Errens in die Runde, während er ein Bockwurstsemmel nach dem anderen verteilt. Errens ist Vorhandwerker beim städtischen Brunnendienst. Und an diesem Dienstagmorgen hat er alle Werkstatt-Kollegen des Gebäudemanagements mobilisiert, die verfügbar waren: Schreiner, Elektriker, Schlosser. „Alles, was zwei Hände hat", sagt Errens mit einem Schmunzeln „Sogar unser neuer Kollege, der eigentlich im Büro tätig ist, hat die Gummistiefel angezogen und ist dabei", freut er sich über die große Einsatzbereitschaft aller. Allerdings geht es nur kurzfristig um die Wurst. Das eigentliche Ziel lautet: Heute wird Aachens größter Brunnen am Europaplatz winterfest gemacht.

Wasser fließt in die Wurm ab

Schon am Vortag ist die Vorhut des Brunnendienstes angerückt und hat gewissermaßen den Stöpsel gezogen, damit die Wassermassen, die die kreisrunde Schüssel direkt an der Autobahnauffahrt fasst, ablaufen können. Rund 3600 Kubikmeter davon fließen über Nacht in die Wurm. Der Fluss wird nämlich in einem Kanal genau unter dem großen Fontänenbrunnen am Europaplatz entlanggeleitet, bevor er im Wiesental wieder ans Tageslicht tritt. Am frühen Dienstagmorgen dann rückt der ein Dutzend Mann starke Trupp mit mehreren Fahrzeugen am Verteilerkreis an, rollt über die vor einigen Jahren angelegte Grasrampe in den Brunnen hinein und beginnt mit den Abbauarbeiten. Allein 54 Scheinwerfer samt Kabel werden abmontiert und schon vor Ort einer ersten Reinigung unterzogen. Über 30 Düsen, die das Wasser monatelang viele Meter hoch in die Luft spritzen und mit diesem imposanten Anblick abertausende Menschen in der Kaiserstadt begrüßen, nehmen Errens und seine Kollegen von den Rohrleitungen ab und anschließend genau unter die Lupe. Mehrere Stunden dauert der Einsatz, der – je nach Witterung – kurz vor den Ostertagen 2018 erneut ansteht, um den Brunnen wieder anzuwerfen.  

Fachfirma entsorgt Schlamm

Das Wetter an diesem tristen Novembermorgen ist – wie der Öcher sagen würde – „richtisch usselig". Es windet und regnet. Doch die Stimmung bei der Brunnendienst-Truppe ist gut. Das liegt auch an Errens Würstchen-Tradition. Die improvisierte Küche hat er mit einem Gaskocher zwischen zwei Fahrzeugen errichtet. „Das mache ich schon seit Jahren so", erzählt er, während er nach den ersten zwei Stunden Schufterei am Europaplatz zur Pause ruft. Es wird gescherzt, der Senf tropft einem beim Lachen auf die Arbeitshose. „Mensch, wie siehst du denn jetzt aus? Wie sollen wir denn jetzt noch ein Foto machen?", feixt ein anderer. Dann geht's zurück an die Arbeit. Der klitzekleine Senffleck ist längst vergessen, als die ersten wieder mit ihren Gummistiefeln durch den zentimeterhohen Schlamm waten, der nach dem Ablaufen des Wassers zurückgeblieben ist. „Früher wurde die gesamte Brunnenschüssel mit dem Schlamm einfach abgespritzt und alles floss zusammen in die Wurm", erinnert sich Errens. Seit Jahren rückt nun nach dem städtischen Brunnendienst noch eine Fachfirma an, die den Brunnenschlamm mit einem Spezialfahrzeug aufsammelt und umweltgerecht entsorgt.

Nun war es das also erst einmal mit den Wasserspielen an den zahlreichen Ecken in Aachen. Mit dem Europaplatz hat der Brunnendienst den letzten der fast 80 städtischen Brunnen für dieses Jahr in den Winterschlaf versetzt. Die anderen überwiegend mit Bachwasser gespeisten Anlagen sind bereits in den vergangenen Wochen Stück für Stück ausgeschaltet worden. Nur drei Brunnen im Stadtgebiet sprudeln auch in den Wintermonaten weiter: der Elisenbrunnen, der Kreislauf des Geldes am Rand des Elisengartens und die Brunnenanlage am Neuen Kurhaus. Für die beiden letzteren wird gegebenenfalls über entsprechende Rohrleitungen die Rosenquelle angezapft, die unter dem ehemaligen „Lust for Life"-Kaufhaus liegt, wie Errens erzählt. Der Elisenbrunnen wird das ganze Jahr über mit dem sehr schwefelhaltigen Wasser der Kaiserquelle betrieben. „Mit dem warmen Quellwasser können wir diese drei Brunnen auch bei Minustemperaturen laufen lassen", erklärt der Vorhandwerker.

Am Europaplatz wäre dies allein schon wegen der notwendigen warmen Wassermassen gar nicht möglich. Daher hat das rundeste aller Aachener Wahrzeichen nun einige Monate Ruhe, während um den Brunnen herum die Blechkarawanen wie gewohnt ihre Kreise ziehen. Im Frühjahr werden Jürgen Errens und seine Kollegen wieder anrücken. Der Kessel wird am Rand des Brunnens stehen, die Senftube griffbereit im Wagen liegen. Schließlich geht es bei den Mitarbeitern des städtischen Gebäudemanagements in diesem Moment wieder um die Wurst. Was dann nichts anderes bedeutet als: „Wasser marsch!" für Aachens Brunnen.