Polizeibericht

StädteRegion Aachen (ots) - Ein Streifenwagen versucht, sich mit Blaulicht und Martinshorn einen Weg zwischen Autos, Fahrradfahrern und Fußgängern zu bahnen. Das Problem der Polizisten: Einige fahren und gehen zur Seite, andere winken hektisch "wo soll ich denn hin?", einige bekommen gar nichts mit und bleiben stehen. Eine Situation, die Polizei und auch Rettungskräfte nahezu täglich erleben, wenn sie auf einer Einsatzfahrt mit Sonderrechten und Wegerechten - sprich Blaulicht und Martinshorn - unterwegs sind. Und dabei heißt dieses "Tatütata" nichts anderes als Platz zu machen.

Es gebe oft die Situation, dass sich Leute vorbildlich verhalten und Platz schaffen, so Polizisten vom Wachdienst und Wechseldienst, die tagtäglich im Streifenwagen unterwegs sind. Es gebe aber auch jene Verkehrsteilnehmer, die völlig verunsichert genau das Falsche machen und so Einsatzwagen behindern. Die Straßenverkehrsordnung regelt, was die einen dürfen und was die anderen müssen.

Was darf die Polizei? So ist zum Beispiel die Polizei von den Vorschriften dieser Verordnung befreit, soweit dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist. Im Klartext: Polizisten dürfen mit Blaulicht und Martinshorn bei Rot über die Ampel fahren oder schneller fahren als erlaubt. Natürlich haben Polizisten bei solchen Fahrten den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Es muss immer eine Abwägung erfolgen zwischen den Gefahren, die man abwehren will und den Gefahren, die durch das Abweichen von den Verkehrsregeln entstehen können. Unbeteiligte dürfen nicht gefährdet werden oder zu Schaden kommen.

Wohin wenn Blaulicht kommt? Kurz gesagt, der Verkehrsteilnehmer hat je nach Verkehrslage und Verkehrsaufkommen Platz zu machen um so der Polizei eine freie Fahrt zu ermöglichen. In der Regel heißt dies nach rechts oder links ausweichen oder an den Fahrbahnrand fahren. Im Stadtverkehr kann ein Ausweichen auf eine Abbiegespur sinnvoll sein.

Wer nicht Platz macht, riskiert ein Bußgeld Wer Platz machen könnte aber stehen bleibt dadurch Einsatzfahrzeuge behindert, riskiert ein Bußgeld von 20 Euro. Auf keinen Fall darf man sich oder andere gefährden.

Datum und Uhrzeit notieren Auch der, der Platz macht, sogar Platz machen muss, darf gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen. So darf er über eine durchgezogene Linie oder gar über eine rote Ampel fahren. Natürlich so, dass er sich und andere nicht gefährdet. Er hat in der Regel keine Verfolgung seines eigentlichen Verstoßes zu befürchten. Empfehlenswert ist allerdings, sich Datum und Uhrzeit und die Art des Einsatzfahrzeuges zu notieren für das man Platz gemacht hat. Sollte dennoch nach einem "solchen Platzmachen" einmal ein Bußgeldbescheid oder eine "Knolle" ins Haus flattern, kann man Einspruch einlegen und diesen begründen. Die Aachener Polizei dokumentiert ihre Einsatzfahrten mit Blaulicht und Martinshorn.

Leitstelle "Robert" gibt Sonder- und Wegerechte frei Um Sonder- und Wegerechte zu benutzen, müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen (siehe Infobox unten). Je nach Dringlichkeit entscheidet die Leitstelle "Robert" im Aachener Polizeipräsidium. Hier laufen alle Notrufe "110" zentral auf. Hier wird auch entschieden, ob Sonder- und Wegerechte freigegeben werden. Bisweilen über 20 Mal am Tag sind die Ordnungshüter mit Blaulicht und Martinshorn in der Region unterwegs. Damit sie diese besondere Situation richtig einschätzen und auch umsetzen, werden vor allem die jungen Polizisten und Polizistinnen im Rahmen eines Fahr- und Sicherheitstrainings eingewiesen und trainiert. Erst danach dürfen sie Sonder- und Wegerechte anwenden.

Abwägung erfolgt immer Nach dem brutalen Raubüberfall auf einen Aachener Juwelier in der vergangenen Woche hatte sich eine Passantin über die Fahrweise der Polizei mit Blaulicht und Martinshorn beklagt. Die in der gesamten StädteRegion eingesetzten Polizistinnen und Polizisten gehen sensibel und sorgsam mit dem Thema Einsatzfahrten um. Sie wägen ein Risiko stets ab. Dieses Risiko zu minimieren, ist den Aachener Polizistinnen und Polizisten bisher ganz gut gelungen. Auch im Rahmen der Einsatz-fahrt nach dem Raub ist niemand zu Schaden gekommen oder wurde gefährdet. Zu dieser Bewertung kommt die Polizei auch, nachdem sie mit der Passantin gesprochen hat.

Infobox:

1. In den Paragrafen 35 und 38 der Straßenverkehrsordnung ist genau geregelt, wer Sonder- und Wegerechte - sprich Blaulicht und Martinshorn - überhaupt benutzen darf. Das sind neben der Polizei die Bundespolizei, die Feuerwehr, die Bundes-wehr, der Katstrophenschutz, der Zoll und Unfallhilfewagen öffentlicher Verkehrsbetriebe

2. Blaulicht und Martinshorn dürfen nur verwendet werden,

   - wenn höchste Eile geboten ist
   - um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden
     abzuwenden
   - eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung
     abzuwehren
   - flüchtige Personen zu verfolgen
   - bedeutende Sachwerte zu erhalten

3. Das Blaulicht alleine bedeutet lediglich ein Warnsignal. Es wird eingeschaltet zum Beispiel zur Absicherung einer Unfallstelle oder zur Warnung vor Gefahren.

Eine Ausnahme gibt es: Dies ist die sogenannte "Stille Anfahrt". Zum Beispiel bei Einbrüchen, wo die Täter noch vor Ort sind. Da ist das Martinshorn unangebracht und wäre eher ein Signal für die Ganoven, spätestens jetzt das Weite zu suchen.

Sollten Verkehrsteilnehmer diese "Stille Anfahrt" wahrnehmen, sollten sie auch Platz machen. Die Polizei ist bei dieser Anfahrt allerdings noch sensibler, da sie immer damit rechnen muss, dass sie nicht wahrgenommen wird.