RWTH

Biotech-Spin-Off der RWTH will in den nächsten Jahren Wirkstoff zur frühzeitigen Therapie von Mammakarzinomen entwickeln. Qithera heißt das Unternehmen, das Professor Edgar Dahl und Dr. Michael Rose vom Institut für Pathologie der RWTH Aachen gegründet haben. Gesellschafter sind neben der RWTH und der IHK auch bekannte Größen aus der Biotech-Branche. Beispielsweise Dr. Jürgen Schumacher, ein Mitgründer des weltweit erfolgreichen Diagnostik-Unternehmens Qiagen, das vor 30 Jahren ebenfalls in einer Universität startete. Seit 13 Jahren befasst sich die Arbeitsgruppe von Professor Edgar Dahl mit der Erforschung einer besonders aggressiven Form von Brustkrebs. Vom sogenannten basalen Mammakarzinom sind etwa 20 Prozent aller Brustkrebs-Patientinnen betroffen.

Foto: Peter Winandy / Professor Edgar Dahl und Dr. Michael Rose (li) sichten die Wanderung von Brust-krebszellen, abhängig vom Vorhandensein des Schutzfaktors ITIH5 (linke Monitordarstellung: ohne /rechts: mit ITIH5)

Alleine in Deutschland erkranken rund 14.000 Frauen jährlich neu an dieser aggressiven Krebsvariante, die besonders früh metastasiert. Einzige Therapiemöglichkeit ist derzeit die Chemotherapie. Doch die Wissenschaftler Dahl und Rose glauben, einen neuen Angriffspunkt ausgemacht zu haben. Als Vorbild dient den beiden Forschern ein neuer körpereigener Abwehrmechanismus, der möglicherweise Metastasierung verhindern kann und an ein Molekül mit dem sperrigen Namen ITIH5 geknüpft ist.

Dahl und Rose haben im Labor nachgewiesen, dass genau dieses Schutz-Molekül oft verloren geht, wenn Tumorzellen in der Brust beginnen, sich invasiv auszubreiten. Dabei verändern die noch jungen Tumorzellen häufig ihre Form hin zu eher spinnenartigen Gebilden, die besonders gut beweglich sind. „In diesem Stadium werden die Tumorzellen gefährlich, weil sie nun auch über Blut oder Lymphe andere Organe befallen können“, erklärt Dahl.

Therapiemethode aktiviert körpereigenen Schutzmechanismus

Das Molekül ITIH5 kann diese aggressiven Tumorzellen in Schach halten. Aber da-mit das Molekül auch seine Arbeit tun kann, muss es in den kranken Zellen wieder „angeschaltet“ werden. Passiert dies, beobachten die Forscher eine „Reprogrammierung“ der Tumorzelle: Gene, die das Zellwachstum bremsen, werden quasi zur Arbeit angeregt, und Gene, die eine Zellvermehrung fördern, an ihrer Arbeit gehindert. Dass dieser Mechanismus funktioniert, haben die RWTH-Forscher an Zellen nachgewiesen, die aus aggressiven basalen Mammakarzinomen stammten. Im Labor gelang also eine Reprogrammierung. Die Forscher sind deshalb überzeugt, dass der neue Ansatz durchaus Potenzial hat. Mit einer Therapiemethode, die diese körpereigenen Schutz-Mechanismen wieder aktiviert, könnten vor allem Mammakarzinome im Anfangsstadium therapiert werden, indem ihr Metastasierungspotential frühzeitig blockiert wird.

Die Geschäftsidee der neuen Firma Qithera ist nun, das ITIH5-Molekül pharmakologisch so zu verändern, dass es zu einem Wirkstoffkandidaten entwickelbar ist. Das körpereigene ITIH5 ist ein vergleichsweise großes Protein und als Wirkstoff daher weniger geeignet. Die Aufgabe der Firmengründer wird sein, das Molekül möglichst klein, stabil und effektiv zu „bauen“, damit es sich als Medikament eignet. Auch wenn hier bereits erste Erfolge verzeichnet wurden, warnen Dahl und Rose vor verfrühter Euphorie. Es gebe noch viele offene Fragen, die zunächst durch weitere Experimente und Entwicklungsschritte geklärt werden müssen. Ob diese neue Therapieform eines Tages sogar eine Chemotherapie ersetzen könnte, sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu beantworten, sagen die Forscher. Bis zu einem markt-fähigen Medikament wird es auf jeden Fall noch einige Jahre dauern.

Inzwischen haben die beiden Aachener Wissenschaftler einen Geschäftsplan für ihre Ausgründung entwickelt. Erste Verhandlungen mit möglichen Investoren laufen bereits. Sobald genügend Geld zur Verfügung steht, wird die Qithera GmbH in der Uniklinik ihre Arbeit aufnehmen, um in enger Zusammenarbeit mit weiteren RWTH-Partnern den neuen Wirkstoffkandidaten zu entwickeln. Über ihre Forschung wurde bereits in renommierten international in einem renommierten Wissenschaftsmagazin berichtet.

Autorin: Helga Hermanns

Original-Publikation: Rose et al. (2017): ITIH5 mediates epigenetic reprogram-ming of breast cancer cells. Mol Cancer. 2017 16(1):44.