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... Aachens Oberbürgermeister holt die Abgeordneten der Region ins Boot

In einem Brief an die Bundestagsabgeordneten der Region Aachen bringt der Aachener Oberbürgermeister Marcel Philipp seine Ablehnung der Mautpläne des Bundesverkehrsministeriums auf den Punkt. Er wählt diesen pointierten Weg in Ergänzung bereits erfolgter regional abgestimmter Resolutionen, weil Philipp die Sorge hat, dass der Protest seiner doppelt bis dreifach belasteten Stadt  im Dreiländereck zu wenig Gehör in Berlin findet. Ein Gesprächstermin im Ministerium steht noch aus.

„In Aachen drohen drei Mautgebühren“
Philipp geht wie die Verantwortlichen in der Region Aachen davon aus, dass einer deutschen Maut schnell die belgische und niederländische Variante folgen würden, er schreibt: „Es wird dann ein deutlicher Nachteil sein, in einer Grenzregion zu leben, weil überall dort im lokalen und regionalen Alltagsverkehr die Lasten von mindestens zwei – in Aachen drei – Mautgebühren zu tragen sind.“ Den kostbaren  Zuwachs an Lebensqualität, der durch den Wegfall der Schlagbäume eingetreten ist, sieht Philipp in Gefahr: „Der Aufbau neuer Hürden käme vor diesem Hintergrund einer Umkehr zum Schlechten und einem Scheitern der europäischen Idee für unsere Bürgerinnen und Bürger gleich.“
Der Aachener Oberbürgermeister sieht wirtschaftlichen und politischen Schaden. Er fordert für den Fall, dass sich ein Mautsystem gar nicht verhindern lasse, eine Einführung erst dann, „wenn unter allen Staaten, die Maut erheben, eine gegenseitige Anerkennung der Mautvignetten des jeweiligen Nachbarn mindestens in den Kreisen und kreisfreien Städten entlang der Grenze“ beinhaltet sei. Philipps Vorwurf: Die Besonderheiten von Grenzregionen würden in den Planungen nicht hinreichend berücksichtigt.
Der Aachener Oberbürgermeister ist gegen die Einführung einer Maut. Sollte sie unabwendbar sein, bringt er für die Stadt Aachen noch einen Minimalkompromiss ins Spiel: „Die jeweils kurzen Abschnitte zwischen dem Autobahnkreuz Aachen und der niederländischen bzw. der belgischen Grenze könnten aus der Mautpflicht ohne großen Aufwand herausgenommen werden. Die meisten negativen wirtschaftlichen Effekte für die Stadt Aachen wären damit abgewendet.“
Den kompletten Wortlaut des Briefes an die Abgeordneten finden Sie unten.


Brief an die Bundestagsabgeordneten der Region Aachen
Sehr geehrte/r Frau/Herr …
in einem Schriftwechsel mit dem Bundesverkehrsministerium habe ich mich in den vergangenen Wochen bemüht, die Sichtweise unserer Stadt im Dreiländereck und die negativen Auswirkungen einer Maut deutlich zu machen. Ein Gesprächstermin im Ministerium hierzu steht noch aus. Die bisherigen Antworten deuten jedoch darauf hin, dass weder eine Abkehr von diesem Vorhaben noch eine Berücksichtigung von Entlastungen für die doppelt bis dreifach belasteten Grenzregionen seitens des Ministeriums zu erwarten ist.
Ich wende mich daher trotz mehrerer bereits erfolgter regional abgestimmter Resolutionen noch einmal an Sie persönlich, um Ihre Aufmerksamkeit auf die besonderen Aspekte und Möglichkeiten von Sonderregelungen für Grenzregionen zu legen.
Nach einer Mauteinführung in Deutschland ist zu erwarten, dass mittelfristig die meisten Staaten in Europa und insbesondere unsere Nachbarn Niederlande und Belgien ebenfalls eine eigene Maut durchsetzen werden. Damit entsteht für die meisten Grenzregionen das Gegenteil dessen, was die Einigung Europas zum Ziel hat. Es werden Grenzhürden aufgebaut. Es wird ein deutlicher Nachteil sein, in einer Grenzregion zu leben, weil überall dort im lokalen und regionalen Alltagsverkehr die Lasten von mindestens zwei – in Aachen drei – Mautgebühren zu tragen sind.
Die Region Aachen hat durch die Abschaffung der Schlagbäume und durch die Einführung der gemeinsamen Währung einen großen Zuwachs an Lebensqualität erhalten. Der Aufbau neuer Hürden käme vor diesem Hintergrund einer Umkehr zum Schlechten und einem Scheitern der europäischen Idee für unsere Bürgerinnen und Bürger gleich.
Ein Mautsystem müsste, wenn es sich denn nicht gänzlich vermeiden lässt, diesen Gedanken der Vermeidung von Nachteilen für Grenzregionen von Beginn an lösen und dürfte erst dann eingeführt werden, wenn unter allen Staaten, die Maut erheben, eine gegenseitige Anerkennung der Mautvignetten des jeweiligen Nachbarn mindestens in den Kreisen und kreisfreien Städten entlang der Grenze beinhalten. Damit könnten sowohl die wirtschaftlichen als auch die gesellschaftspolitischen Nachteile einer Maut sehr einfach vermieden werden, wenn man sich denn nur mit den Besonderheiten von Grenzregionen auseinandersetzen würde.
Für die Stadt Aachen wäre ein weiterer Minimalkompromiss denkbar, der sich aus der besonderen Lage heraus ergibt: Die jeweils kurzen Abschnitte zwischen dem Autobahnkreuz Aachen und der niederländischen bzw. der belgischen Grenze könnten aus der Mautpflicht ohne großen Aufwand herausgenommen werden. Die meisten negativen wirtschaftlichen Effekte für die Stadt Aachen wären damit abgewendet.
Wenn die Maut ohne Ausnahmen für Grenzregionen beschlossen wird, dann entsteht nicht nur ein wirtschaftlicher und ein politischer Schaden, sondern es entstehen auch wirklich absurde Situationen:
Bei der dann zu erwartenden zukünftigen Mautpflicht auch auf niederländischen Autobahnen könnte ein Autofahrer, der von Deutschland aus zu dem gemeinsamen deutsch-niederländischen Gewerbegebiet AVANTIS fährt, um einen Betrieb auf deutscher Seite zu besuchen, diesen nicht mehr ohne doppelte Maut erreichen.  Beide Zu- und Abfahrten sind an das niederländische Autobahnnetz angebunden. Eine Zufahrt auf deutscher Seite oder über Landstraßen existiert nicht.
Solche negativen Effekte können nicht im Interesse der Bundesrepublik Deutschland sein. Ich setze daher darauf, dass die Abgeordneten der Aachener Region im Verbund mit den Abgeordneten anderer Grenzregionen ein Zeichen setzen für Europa und gegen den Aufbau neuer Grenzhürden.
Mit freundlichem Gruß

Marcel Philipp