Alles rund um Aachen

Es gehört auch derzeit, wo das Gebäude Besuchern nicht offen steht, zu einem der beliebtesten Fotomotive der Stadt: Das Neue Kurhaus, wunderschön gelegen am Eingang des Stadtgartens, reiht sich traditionell in die Liste von Aachens ersten Adressen ein. Und das soll auch nach der geplanten aufwendigen Sanierung so bleiben. Mehr noch: Der neoklassizistische Bau soll sich nach seiner umfassenden Sanierung zu einem großen Anziehungspunkt mit vielfältigen Unterhaltungs-, Kultur- und Gastronomieangeboten im Stadtbild werden.

Dies hat Oberbürgermeister Marcel Philipp bei einem Presse-Rundgang am Freitag betont: „Das Neue Kurhaus ist ein außergewöhnliches Gebäude für unsere Stadt, aufgrund seiner Geschichte, seiner exponierten Lage und der vielen Möglichkeiten, die in diesem Bau stecken.“ Daher arbeite die Stadt mit allen verfügbaren Mitteln und mit den Partnern für dieses Projekt daran, dass das Neue Kurhaus mit einem breiten Nutzungsmix der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht werden kann.

Der Stadtrat entscheidet kommende Woche
In den vergangenen Monaten hat das Gebäudemanagement der Stadt Aachen eine detaillierte Bestandsaufnahme im Neuen Kurhaus durchgeführt. Ein Ergebnis der seit einigen Jahren etablierten Praxis der vorausschauenden Planung lautet: Es müssen nun zeitnah auf einer Gesamtfläche von bis zu 26.000 Quadratmetern von den Wand- und Deckenflächen asbesthaltige Putze entfernt werden, die die Experten des Gebäudemanagements im Gebäude festgestellt haben. „Unsere vorausschauende Herangehensweise an ein Objekt dieser Größenordnung erlaubt es uns, dass wir von vorneherein wissen, was uns im Rahmen der tatsächlichen Sanierung erwartet“, sagt Manfred Lennartz, Abteilungsleiter beim Gebäudemanagement. „So sind während der Bauphase in der Regel keine weiteren Überraschungen zu erwarten.“

Das bedeutet vor allem: Alle Akteure können auf eine solide und realistische Kalkulation setzen. Im Falle des Neuen Kurhauses gehen die Planer in dem derzeit noch sehr frühen Stadium und aufgrund der hohen Komplexität des Projekts von rund 21 bis 25 Millionen Euro aus, die die Sanierung des zwischen 1914 und 1916 errichteten Gebäudes voraussichtlich kosten wird. Im Oktober sollen der Politik belastbare Zahlen präsentiert werden. Allein zur Sanierung der nun entdeckten asbesthaltigen Putze ist ein Betrag in Höhe von 1,6 Millionen Euro vonnöten. „Wir wollen das Gebäude im Rahmen der Sanierung komplett schadstofffrei machen“, sagt Lennartz. Der Rat der Stadt Aachen stimmt in seiner kommenden Sitzung am 12. Juli 2017 darüber ab, ob die entsprechenden ersten notwendigen Gelder bewilligt werden, um zeitnah mit den Arbeiten beginnen zu können.

Abriss des Lenné-Pavillons
In einem ersten Schritt findet neben der Sanierung der Wände und Decken auch der Rückbau des Lenné-Pavillons statt. Dieser wird voraussichtlich im Laufe des Septembers abgerissen. Zukünftig soll an seiner Stelle eine große Außengastronomie-Terrasse mit wundervollem Ausblick in den Stadtgarten die Gäste begrüßen. Im Juni 2017 hat das Aachener Büro Höhler & Partner nach einem EU-weiten Ausschreibungsverfahren die Generalplanung für das Neue Kurhaus übernommen. Derzeit verschaffen sich die Experten einen Überblick, um dann festzulegen, wie die Sanierungs- und Umbauarbeiten im Detail umgesetzt werden können.

Das oberste Ziel lautet, das Neue Kurhaus soweit wie möglich in seinen Ursprungszustand zu versetzen. Der Stuck an den Decken bleibt daher selbstverständlich erhalten oder wird wieder freigelegt, ebenso werden wertvolle Marmorsteinsäulen im Eingangsbereich wieder sichtbar gemacht. Im Frühjahr sorgte bereits die Entdeckung wertvoller Wandmalereien im Foyer für Schlagzeilen. „Sie wurden mittlerweile von Restauratoren und Experten des Landschaftsverbandes begutachtet. Die Kunstwerke sollen auch nach der Sanierung des Neuen Kurhauses erhalten bleiben“, verspricht Sterck. Für die fachgerechte Restauration der Malereien, die 1914 von Prof. Carl Ederer (1875-1951), einem  Mitglied des Düsseldorfer Künstlervereins und der Düsseldorfer Malerschule, erstellt worden sind, kalkuliert die Stadt zusammen mit der Sanierung der Natursteinarbeiten mit Kosten in Höhe von 65.000 Euro.

Lichtkunst im ehemaligen „Club Zero“
Einen nicht weniger überraschenden Fund haben die Mitarbeiter des Gebäudemanagements im ehemaligen „Club Zero“ gemacht. Denn dort ist –
vermutlich in den 1970er Jahren – eine besonders wertvolle Lichtkunst-Installation als Tanzfläche namens „Fokussierender Raum“ vom renommierten Künstler Adolf Luther (1912-1990) eingebaut worden. Luther gehörte zu den führenden Vertretern der konzeptionellen Lichtkunst der deutschen Nachkriegs-Avantgarde. Seine Installationen sind unter anderem in der Olympia-Sporthalle München, im ehemaligen Kanzleramt in Bonn und in der Tonhalle in Düsseldorf zu finden. Kunstsachverständige und Spezialisten, die die Stadt hinzugezogen hat, schätzen den Wert des Aachener Fundes auf 200.000 bis 240.000 Euro. Die Installation funktioniert über im transparenten Tanzboden eingelassene Hohlspiegel, die das von oben herabstrahlende Licht in besonderer Art und Weise reflektieren. Durch speziell positionierte Nebelmaschinen wird der Effekt verstärkt. „Die Entscheidung, was mit der Lichtkunst-Installation passieren soll, steht noch aus“, sagt Oberbürgermeister Marcel Philipp. Im einstigen Club wird sie nicht bleiben können, da Westspiel dort nach Sanierung des Neuen Kurhauses sein Automatenspiel unterbringen möchte. Zudem muss die in die Jahre gekommene Installation restauriert werden. Die Stadt schlägt der Politik in der Vorlage für den Rat daher vor, das Kunstwerk zu verkaufen.

Ein prachtvoller Saal für 1000 Besucher
Ein wahres Schmuckkästchen dürfte im einstigen Ballsaal des Neuen Kurhauses entstehen. Dieser ist in Teilen bereits von den wuchtigen Wand- und Deckenverkleidungen befreit worden und soll – wie das gesamte Gebäude –
so weit wie möglich in seinen Ursprungszustand versetzt werden. Während der Spielcasinobetrieb von Westspiel nach der Sanierung in den – wenn man vor dem Neuen Kurhaus steht – linken Gebäudeflügel einziehen soll, ist der rechte Flügel für die Unterbringung des Eventmuseum-Spezialisten Explorado vorgesehen. Im Ballsaal plant der niederländische Großgastronom Maison van der Boer (MvdB) ein attraktives Angebot im Wiener Caféhaus-Stil. Inklusive der Plätze auf der schicken umlaufenden Empore werden im dortigen, dann lichtdurchfluteten 12 Meter hohen Saal über 1000 Besucher Platz finden. Auch für Veranstaltungen unterschiedlichster Art wird der repräsentative Raum in Zukunft genutzt werden können. Die Verhandlungen mit allen drei potenziellen Partnern im Neuen Kurhaus laufen derzeit und seien auf einem guten Weg, bestätigte Oberbürgermeister Marcel Philipp.

Dabei soll es nicht bei drei Nutzern bleiben. Über eine vierte Nutzung im Untergeschoss direkt unter dem derzeitigen Lenné-Pavillon laufen ebenfalls mittlerweile Gespräche. Die Idee ist es, dass dort ein Musikclub im gehobenen Stil künftig seine Pforten öffnet und Tanzbegeisterte von Nah und Fern anlockt.

Aachens Oberbürgermeister liegt die Wiederöffnung des Neuen Kurhauses besonders am Herzen. Marcel Philipps Großvater arbeitete einst dort als Bühnen- und Hausmeister. „Ich kenne hier jeden Gang und habe viel Zeit in meiner Kindheit und Jugend hier verbracht“, verriet er den Journalisten am Rande der Besichtigung. Nun sollen die Weichen gestellt werden, dass es bald richtig rund gehen kann im Neuen Kurhaus. Das Gebäudemanagement geht nach den noch anstehenden vorbereitenden Arbeiten und Planungen von einer reinen Bauzeit von rund 15 Monaten aus. „Das ist ein sportliches Ziel, aber wir sind zuversichtlich, dass uns das gelingt“, sagt Manfred Lennartz. Die Wiedereröffnung soll dann im zweiten Quartal 2020 stattfinden.
Weitere Infos:
Über den Sachstand „Revitalisierung Neues Kurhaus“ wird in wenigen Tagen der Rat der Stadt Aachen ausführlich informiert. Stimmt er der Vorlage der Verwaltung zu, sollen zeitnah erste Arbeiten beginnen. Dazu zählen unter anderem der Rückbau veralteter technischer Anlagen und Einrichtungen, die generelle Baustelleneinrichtung und der Abriss des Lenné-Pavillons (insgesamt rund 205.000 Euro). Auch sollen die im Eingangsbereich entdeckten Wandmalereien und Natursteinarbeiten saniert werden (65.000 Euro), ebenso wie Wände und Decken des Neues Kurhauses, die asbesthaltige Putze enthalten (1,6 Millionen Euro). Für die Planungen der so genannten „vierten Nutzung“ – der angedachte Betrieb einer Bar bzw. eines Tanzclubs im Kellergeschoss unter dem bisherigen Lenné-Pavillon – kalkuliert die Verwaltung mit Kosten in Höhe von 35.000 Euro. Darüber hinaus wird der Rat der Stadt Aachen über die Verkaufsabsicht der wertvollen Lichtkunstinstallation „Fokussierender Raum“ des Künstlers Adolf Luther entscheiden. Die Sitzung findet am Mittwoch, 12. Juli, 17 Uhr, im Ratssaal im Aachener Rathaus statt.