RWTH

RWTH-Forscher veröffentlichen Studie zur biologischen Funktion cribellater Spinnenseide. Als cribellate Spinnen werden solche bezeichnet, die im Gegensatz zu den meisten anderen Spinnen keinen Kleber auf ihre Fäden legen, sondern in der Lage sind, die Seide zu komplexen Geweben zu verarbeiten. Dies geschieht durch Verknüpfung von bis zu 40.000 Nanofasern. Der Faden ist dadurch vollständig trocken und dennoch klebrig. Diese Fähigkeit zur Verarbeitung von Nanofasern ist sowohl im Tierreich als auch in technischen Entwicklungsprozessen einzigartig.

Bild: Hana Adamova

Bildunterschrift: Mit Fangfäden von Uloborus plumipes aus der Gattung der Federfußspinnen bedeckte Fruchtfliege

Im Rahmen des Projekts „Cribellate Spinnen“ hat die Arbeitsgruppe "Entwicklungsbiologie und Morphologie der Tiere" am Institut für Biologie II (Zoologie) der RWTH in Kooperation mit der Johannes Kepler Universität Linz und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz eine Studie zur biologischen Funktion der Fäden cribellater Spinnen veröffentlicht. In dem Projekt untersuchen die Aachener Wissenschaftler, wie verschiedene cribellate Spinnen ihre Fäden herstellen, um die dabei angewandten Prinzipien biomimetisch auf technische Prozesse transferieren zu können. Zudem erforscht Dr. Anna-Christin Joel in der Arbeitsgruppe von Professor Peter Bräunig die biologische Funktion dieser Spinnenseide, um zu klären, wie die Arachniden mit solch komplexen Fäden auf Beutefang gehen.

Die Aachener Forscher und ihre Kooperationspartner haben in der nun veröffentlichten Studie gezeigt, dass die Seide cribellater Spinnen in einer bisher unbekannten Weise an Insekten haftet. Sie fanden heraus, dass die einzelnen Nanofasern nicht mehr zu erkennen waren, sondern in ein Fluid gehüllt wurden, sobald ein Insekt das Netz berührte. Eine Analyse dieses Fluids zeigte, dass dort dieselben Chemikalien vorlagen wie in dem Wachs, das Insekten auf ihren Chitinpanzern einsetzen, um sich vor Verdunstung zu schützen. Bei Kontakt eines Insektes mit dem Netz werden folglich die wachsartigen Chemikalien des Chitinpanzers von den wollartigen Nanofasern aufgesaugt. Dadurch verwandelt sich der leichte Seidenfaden in ein festes Gefüge. „Das Resultat dieser Adhäsion ähnelt dem Prinzip eines faserverstärkten Kunststoffs. Die Beute verstärkt ihr Gefängnis also selber“, so Dr. Joel, Leiterin des Projekts.

In der Forschung geht man davon aus, dass zu einem früheren Zeitpunkt der Evolution alle Spinnen cribellat waren. Heutzutage gibt es allerdings mehr ecribellate Spinnen, die nicht über die Fähigkeit der Nanofaser-Einbettung verfügen, sondern einen extra Kleber produzieren. Die Ursache dieser Entwicklung ist Gegenstand vieler Forschungen und wird durch den neu beschriebenen Adhäsionsmechanismus der Aachener Forscher nachvollziehbar. „Es besteht die Theorie, dass ein hoher Evolutionsdruck auf Insekten durch cribellate Spinnen dazu geführt hat, dass nur Insekten überlebt haben, deren Chitinpanzer nicht mit den Spinnenfäden reagierte. Wir vermuten, dass dadurch das Adhäsionsprinzip außer Kraft gesetzt wurde, wodurch Spinnen als Resultat Fäden herstellen mussten, die selber kleben können“, erklärt Dr. Joel.