Alles rund um Aachen

Auch wenn es bei einem Spaziergang durch das Viertel aktuell vielleicht nicht den Anschein erweckt: Im Büchel ist derzeit jede Menge Bewegung drin. Denn dort zwischen Kleinkölnstraße, Großkölnstraße, Mefferdatisstraße und Büchel sollen  insgesamt vier Baublöcke mit einem hohen Anteil an Wohnbebauung entstehen, ebenso sind attraktive Plätze, neue Wegeverbindungen und ein ausgewogener Mix aus Flächen für Gastronomie, Büros und Gewerbe im neuen Altstadtquartier vorgesehen.

Lange Vorgeschichte
Die Stadt durfte am Montag gut 80 interessierte Bürgerinnen und Bürger in der Citykirche zu einem Informationsabend begrüßen. In der rund zweistündigen Veranstaltung stellten die Experten des Planungsdezernats den aktuellen Stand der Dinge vor. Baurat Werner Wingenfeld betonte gleich zu Beginn: „Das Projekt ist von überragender Bedeutung für die Stadt Aachen.“ Man befinde sich derzeit in einem intensiven Abwägungsprozess. „Und dieser wird ergebnisoffen geführt“, versicherte Aachens Planungsdezernent, der gemeinsam mit Niels-Christian Schaffert (Fachbereichsleiter Stadtentwicklung und Verkehrsanlagen / FB 61) und Heike Ohlmann (Stadtplanerin im FB 61) die Anwesenden über die lange Vorgeschichte des Büchels und die aktuelle Situation samt Vorstellungen für die Zukunft informierte.

„Wir wollen einen tragfähigen Kompromiss finden“, führte Wingenfeld weiter aus. Und da sei eine frühe Bürgerbeteiligung wie nun im Fall Büchel hilfreich, um Bedenken und Kritikpunkte ebenso wie Anregungen aller betroffenen und beteiligten Akteure in die weiteren Planungsprozesse so gut wie möglich einzubinden. Erste Überlegungen, die bauliche Situation am Büchel zu verändern, kamen bereits in den 1980er Jahren hoch. Der Abriss des Parkhauses wurde schon damals thematisiert. Nach mehreren Eigentümerwechseln und ersten Planspielen wurde es erst ab 2014 wieder konkret. Ein Städtebauwettbewerb wurde von der Politik angestoßen, aus dem 2015 das renommierte Büro Chapman Taylor als Sieger hervorging. Seitdem werden weitere Schritte stetig vorangetrieben. Zuletzt hat der Planungsausschuss am 18. Mai 2017 das Programm für das Altstadtquartier Büchel  festgelegt. Ein wichtiger Punkt: die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit.

Ein Bordell im östlichen Teil der Antoniusstraße
Und die hatte vor allem zu einem Thema viele Fragen: die geplante Umstrukturierung der Bordellnutzung in der Antoniusstraße. Der Entwurf von Chapman Taylor sieht vor, dass die Bordelle entlang des „Sträßchens“ in einem Gebäude im östlichen Teil der Antoniusstraße gebündelt werden sollen. Der Zugang zum Bordell soll ausschließlich über die Mefferdatisstraße möglich sein, der westliche Teil der Antoniusstraße soll in Zukunft durch eine noch nicht näher ausgearbeitete bauliche Lösung vom Bordell getrennt entwickelt werden und einen Mix aus Wohnen, Büros und Einzelhandel bieten. Die Diskussion „Verbleib des Rotlichtbezirks versus Auslagerung in einen Außenbereich der Stadt“ bewegt dabei offensichtlich viele Bürgerinnen und Bürger in Aachen, entsprechend vielfältig waren die Fragen dazu am Montagabend. Die Politik hat sich jüngst mit einer großen Mehrheit im Rat der Stadt gegen eine Verlagerung des Bordells ausgesprochen. Als Gründe hierfür wurden unter anderem genannt: die Sicherheit der Prostituierten, bessere Arbeitsbedingungen / keine Abschottung, eine bessere soziale Kontrolle und ein besserer Schutz vor Ausbeutung durch Rockerbanden.

Abriss des Parkhauses
Das übergeordnete Ziel für das Altstadtquartier Büchel lautet: Das Viertel soll zu einem vollwertigen Teil der Aachener Innenstadt werden. Dafür sollen alle Straßen im Plangebiet in Fußgängerzonen umgewandelt werden. Nur Anlieger dürfen somit in Zukunft mit dem Auto in das Quartier fahren. Das Parkhaus mit 445 Stellplätzen soll abgerissen werden. Unter den neuen Baublöcken sind Stellplätze in Tiefgaragen geplant, die lediglich Bewohnern, Geschäftsinhabern und -mitarbeitern zur Verfügung stehen. Plätze für Kurzparker sind am Büchel nicht mehr vorgesehen.

Darüber hinaus soll sich die noch erhaltene mittelalterliche Straßenführung auch im neugestalteten Altstadtquartier wiederfinden. Die Planer legen großen Wert darauf, dass Dom und Rathaus an geeigneten Stellen von öffentlichen Plätzen aus zu sehen sind. Viele einzelne kleinere Gebäude charakterisieren das Viertel bisher. Diese „Parzellierung“ soll in den Fassaden der Neubauten sichtbar sein. Und auch die Höhen der Gebäude, so die Vorgaben der Politik, müssen sich in das Gesamtbild einfügen. „Wir wollen nicht, dass alle Gebäude exakt gleich groß und hoch sind, dass alle die gleiche Dachfarbe habe“, sagte Heike Ohlmann. Ein vielfältiger, abwechslungsreicher und zugleich stimmiger Mix soll her. Daher werden die Planer sich an den Maßstäben vor Ort orientieren müssen, zum Beispiel am Altbau des Aquis-Grana-Hotels. Die so genannten Traufhöhen dieser alten Gebäude – darunter beispielsweise auch das sogenannte „Red House“ am unteren Büchel direkt neben dem Parkhaus – geben vor, wie hoch die Neubauten im Quartier werden dürfen.

Das Thema Wasser sichtbar machen
Generell soll der Büchel mit einem gesunden Nutzungsmix punkten. Für das urbane Wohnen sind 50 bis 60 Prozent der Gesamt-Bruttogeschossfläche vorgesehen (davon 20 bis 40 Prozent geförderter Wohnungsbau). Das Thema Thermalwasser – gleich zwei der sieben Aachener Quellen liegen direkt am Büchel – soll wieder für die Öffentlichkeit sichtbar gemacht werden. Und auch mit vielen größeren und kleineren grünen Oasen möchte man mitten in der City punkten. Es wird mit einem Begrünungsanteil von 15 bis 30 Prozent geplant.

Die kommenden Schritte
„Wir befinden uns am Anfang des Verfahrens“, betonte Niels-Christian Schaffert beim Infoabend. Nach der frühen Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der sogenannten Vorentwurfsplanung wird es noch einmal eine weitere Auslegung im Rahmen der Entwurfsplanung geben. Anschließend beraten der Planungsausschuss und die Bezirksvertretung das Ergebnis der öffentlichen Auslegung. Schließlich wird der Rat der Stadt Aachen nach Abwägung der öffentlichen und privaten Belange den „Bebauungsplan Nr. 999 – Antoniusstraße /Mefferdatisstraße“ als Satzung beschließen. Mit der unmittelbar folgenden öffentlichen Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses wird der Bebauungsplan rechtskräftig. Solch ein Verfahren dauert in der Regel zwei Jahre. Aufgrund der Komplexität des Projekts Büchel kann zum jetzigen Zeitpunkt aber noch keine konkrete Zeitschiene benannt werden. „Das wäre unseriös“, sagte Schaffert.  

In einem Qualitätssicherungsverfahren sollen nun Hochbauwettbewerbe ausgerufen werden, an denen sich Architekturbüros beteiligen können. Der erste Wettbewerb soll sich mit dem Südwestblock (dem heutigen Parkhaus) befassen. Begleitet wird das Verfahren wie schon der Städtebauwettbewerb von Prof. Christa Reicher und Prof. Carl Fingerhuth. Zwei Sonderfälle gibt es: Das zentrale Bordell soll in einem 1. Bauabschnitt realisiert werden. Hierfür ist kein gesonderter Wettbewerb vorgesehen. Und für die geplante „Unterbrechung“ der Antoniusstraße wird kein spezielles Planungsverfahren aufgelegt.

Der Tenor des Abends bei vielen Beteiligten lautete: Es ist wichtig, wenn die „Wunde“ in der historischen Innenstadt so schnell wie möglich geschlossen wird. Dabei sei der Blick auf das ganze Gebiet unerlässlich. Denn nur der gebe eine Vision davon, wie sich das Altstadtquartier Büchel entwickeln kann.  
Weitere Infos:

Die Planungsverwaltung beteiligt die Öffentlichkeit an der Bauleitplanung und stellt ihre Überlegungen zum „Bebauungsplan Nr. 999 – Antoniusstraße / Mefferdatisstraße“  noch bis Freitag, 14. Juli, im Foyer des Verwaltungsgebäudes am Marschiertor, Lagerhausstraße 20, aus.

Weitere Infos finden Sie im Internet unter www.aachen.de/bauleitplanung und www.achen.de/buechel.