Alles rund um Aachen

Zwölf Jahre nach der Verabschiedung eines ersten Integrationskonzepts stellt die Stadt Aachen jetzt ihr neues Integrationskonzept vor. Das aktuelle Konzept wurde in einem dreijährigen partizipativen Prozess entwickelt, in dem viele ehrenamtlich tätige Aachenerinnen und Aachener, Wohlfahrtsverbände, Migrantenorganisationen und andere Institutionen mit großem Engagement ihr Wissen gebündelt und Handlungsempfehlungen formuliert haben. Noch gibt es das neue Integrationskonzept nur in digitaler Form – erst nach der jetzt folgenden Beratung in verschiedenen Ausschüssen und anschließender Überarbeitung wird es im Sommer in gedruckter Version definitiv veröffentlicht werden.

Integration eine Aufgabe für gesamte Stadtgesellschaft

Professor Dr. Manfred Sicking, Beigeordneter für Wirtschaftsförderung, Soziales und Wohnen, erklärte in einem Pressegespräch am heutigen Tag (12. April) die Leitlinie des neuen Integrationskonzepts: die „Aachener Haltung" mit ihrer Überschrift „Aachen – Das sind wir alle". Er wies darauf hin, dass aktuell Menschen aus über 150 Nationen in Aachen leben würden. Jeder dritte Mensch in Aachen habe entsprechend eine Migrationsgeschichte. Er sagte: „Diese Vielfalt stellt eine große Chance, aber gleichzeitig auch eine Herausforderung dar. Die interkulturelle Öffnung sowie letztlich eine gelingende Integration der Menschen verschiedenster Herkunft ist ein dauerhafter Prozess. Man muss die Menschen miteinander ins Gespräch bringen. Dazu gehören auch eine politische Partizipation und eine gesellschaftliche Teilhabe." Hierbei wird ein Quartiersbezogener Ansatz verfolgt: „Menschen werden vor Ort integriert", betont Professor Dr. Manfred Sicking. Integration sei eine Querschnittsaufgabe, die von der gesamten Stadtgesellschaft erfüllt werden müsse.

Bei der Erarbeitung des Integrationskonzepts wurden in einem ersten Beteiligungsprozess vier Themenfelder festgelegt: Interkulturelle Öffnung, Anerkennungskultur, Zusammenleben im Quartier, Gesellschaftliches Engagement und Teilhabe.

Aus diesem Ansatz ergaben sich in einem zweiten Beteiligungsprozess neun kommunale Handlungsfelder:

• Arbeit / Weiterbildung

• Sprache / Bildung

• Wohnen / Sozialplanung

• Sport

• Gesundheit

• Kultur

• Religion

• Sicherheit / Rassismus / Extremismus

• Öffentlichkeitsarbeit / Presse

In vielen Workshops und Fachgesprächen wurden zusammen mit den Akteuren 107 Maßnahmen erarbeitet. Sevim Dogan, Leiterin des Kommunalen Integrationszentrums, beschreibt die Arbeit so: „Es war wichtig, herauszufinden, was sind die Herausforderungen, wo gibt es Ecken und Kanten." Die entsprechenden „Stolpersteine" habe man erkannt und in „Meilensteine" umgewandelt, die nun durch das Integrationskonzept umgesetzt würden.

Anerkennungskultur und gemeinsames Miteinander

Integration als Querschnittsaufgabe bedeutet auch, dass man die räumliche Trennung von  sozialen Gruppen und soziale Umstrukturierung vermeidet und eine kulturelle Vielseitigkeit in den Quartieren schafft. Eine entscheidende Zielsetzung war deshalb, eine Grundversorgung von bezahlbarem Wohnraum zu schaffen, erklärt Rolf Frankenberger, Leiter des Fachbereichs Wohnen, Soziales und Integration. „Das Ziel ist, eine bunte Bewohnerschaft in den Quartieren zu ermöglichen. Das Leben wird vor Ort gestaltet." So habe man in den Quartieren, zum Beispiel im Bereich Burggrafenstraße, gemeinsam mit der gewoge AG auf einen Mix von unterschiedlichen Wohnformen gesetzt. In Workshops mit Bewohnern und Interessenten wurde auf Ideen, Anregungen und Bedenken eingegangen und ein Platz für gegenseitige Anerkennung und gemeinsames Leben geschaffen.

Professor Dr. Manfred Sicking betonte, dass die gute und richtige Willkommenskultur der letzten Jahre nun in eine Anerkennungskultur transformiert werden müsse. „Wir haben eine Perspektive entwickelt, die aufzeigt, wie wir in einer Stadt mit über 150 Nationalitäten mit Respekt, Toleranz, Freiheit und Anerkennung als bunte Gruppe leben", sagt er. Sevim Dogan führt aus: „Man muss anerkennen, dass Migranten viele Ressourcen mitbringen." Dazu gehörten die beruflichen Biografien und vor allem die Mehrsprachigkeit. Die dargebotene Vielfalt müsse anerkannt und auch genutzt werden.

Konflikten offen entgegentreten

Natürlich bedeuteten Integration und eine multikulturelle Gesellschaft auch Konflikte. Mit diesen müsse man als auseinandersetzen. „Es geht dabei aber nicht darum, zu schauen, wo ist es schwierig, welche Gruppe wo steht, sondern was wir als Stadtgesellschaft tun können, um Integration vorzuleben", hob Rolf Frankenberger hervor. Zur interkulturellen Öffnung gehört auch, schon in Schulen mit Maßnahmen gegen Rassismus anzusetzen. Diese Maßnahmen werden durch das Kommunale Integrationszentrum getroffen und durch das Land NRW personell und finanziell unterstützt.

Konflikten könne man am besten entgegentreten, indem man sie offen und transparent angeht, ergänzt Manfred Sicking. „Das funktioniert nur zivilgesellschaftlich, in dem jeder einzelne mitmacht." In vielen Bereichen, wie in Sportvereinen, funktioniere dies schon sehr gut. Dabei spielten ehrenamtliche Helferinnen und Helfer eine besondere Rolle. Gerade durch sie sei eine lückenlose Kette im Integrationsprozess zu erreichen.

Sevim Dogan berief sich auf Theodor W. Adorno, der von einer Gesellschaft träumte, „in der man ohne Angst verschieden sein kann". Dies sei zwar noch ein weiter Weg, aber mit dem vorgelegten Integrationskonzept und dem Einsatz der gesamten Stadtgesellschaft könne man diesem Ziel ein großes Stück näher kommen.