Alles rund um Aachen

In Aachen wird niemand von Amts wegen anonym bestattet
Es sind 125 Menschen, deren Bestattung von April des vergangenen Jahres bis Ende März diesen Jahres vom Aachener Ordnungsamt veranlasst werden musste. Menschen, bei denen keine Angehörigen ermittelt werden konnten oder aber die Angehörigen aus welchem Grund auch immer nicht in der Lage waren, die Bestattung zu finanzieren.

Für diese Verstorbenen fand jetzt bereits zum dritten Mal auf dem Friedhof Hüls eine Gedenkfeier statt, um dieser Menschen namentlich zu gedenken. Auch in diesem Jahr hatte Oberbürgermeister Marcel Philipp wie bereits in den beiden Vorjahren die Schirmherrschaft übernommen. Ein Arbeitskreis aus Mitgliedern der evangelischen und katholischen Kirche gemeinsam mit der Stadt Aachen hat diese Gedenkfeier organisiert. Oberbürgermeister Marcel Philipp, Bezirksbürgermeisterin Marianne Conradt sowie Vertreterinnen und Vertreter der beiden christlichen Kirchen sowie des Ordnungsamtes und des Aachener Stadtbetriebs verlasen im Rahmen dieser Gedenkfeier die Namen aller 125 Verstorbenen.

Der Oberbürgermeister in seiner Gedenkrede: „Denn jeder Mensch ist ein einzigartiges Geschöpf. Seine Würde geht auch im Tod nicht verloren. Jeder hat einen Anspruch auf persönliche Achtung. Und diese Achtung der persönlichen Würde eines jeden Menschen verlangt eine würdevolle Bestattung, unabhängig von Herkunft, sozialem Stand oder der Lebensweise des Verstorbenen.“ Und weiter: „Mit dieser Trauerfeier zeigen wir, dass es uns, dass es dieser Stadt nicht egal ist, wenn jemand gestorben ist. Wir stemmen uns mit unserem Gedenken gegen Verlassenheit und Vergessenheit. Wir dokumentieren, dass wir nicht einverstanden sind mit immer stärker um sich greifender Einsamkeit und Isolierung. Wir wollen nicht, dass Menschen mitten unter uns allein leben und allein sterben. Wir treten ein für gute Nachbarschaften, für soziale Netzwerke, in denen Menschen einander tragen und auch ertragen können. Der Kälte des Alleinseins und Alleingelassen-Werdens setzen wir Gemeinschaftsgefühl und das Angebot von Nähe, Zuwendung und Hilfe entgegen.“

Sichtlich bewegt gedachte Philipp auch der vielen Flüchtlinge, die in den vergangenen Wochen ihr Leben gelassen haben. „In diesem Sinne werden wir gleich 125 Namen verlesen, derer wir heute gedenken. Wir tun dies aber auch stellvertretend für die vielen Namen derer, die unbekannt und unbenannt starben, derer Name in keiner Trauerfeier genannt werden kann. So schließen wir in unser Gedenken die vielen Hundert Flüchtlinge ein, die in diesen Tagen ihr Leben verloren, die keinen Grabstein erhalten und denen das Mittelmeer zum Friedhof wurde. Auch ihnen gilt unser Gedenken, weil Solidarität nicht teilbar ist und alle Menschen mit einschließen muss.“ Der komplette Wortlaut der Rede des Oberbürgermeisters ist auf aachen.de wiedergegeben.

Zu der Gedenkfeier auf dem Friedhof Hüls waren rund 100 Menschen erschienen, offensichtlich Freunde, Bekannte oder Nachbarn, aber auch Angehörige der Verstorbenen und  Aachener Bürgerinnen und Bürgern, die den zumeist einsam Verstorbenen ein würdiges Erinnern bereiten wollten. In einer großen Traueranzeige in den beiden Aachener Tageszeitungen waren zuvor am Samstag, 18. April, die Namen der Verstorbenen veröffentlicht worden. So sollten auch Hinterbliebene auf die Gedenkfeier aufmerksam gemacht werden, die bei der Beisetzung nicht anwesend waren oder sein konnten oder bislang noch gar nicht vom Tod dieses Menschen erfahren hatten.

Die Zahl der Fälle, in denen das Ordnungsamt sich um die Bestattung kümmern muss, steige von Jahr zu Jahr, so Oberbürgermeister Marcel Philipp in seiner Trauerrede sagte. Fast alle diese Bestattungen finden in Aachen auf dem Friedhof Hüls statt. In der Regel sind es Erdbestattungen in einem bislang mit einem Holzkreuz versehenes Reihengrab. Aber auch diese Holzkreuze und die Inschriften verwittern im Laufe der Zeit. Deshalb wurde in dem Arbeitskreis, der sich um Organisation dieser Bestattungsfeier kümmert, die Idee entwickelt, die Holzkreuze durch Namenssteine zu ersetzen – Pflastersteine, in  die der Name sowie Geburts- und Todesjahr der Verstorbenen gemeißelt wird. Drei Mitgliedsbetriebe der Steinmetzgenossenschaft Grabeskirche St. Josef in Aachen stifteten die Beschriftungen für die ersten 75 Gedenksteine. Weil zukünftig jedes Jahr rund 150 Holzkreuze ersetzt werden müssen, sind weiter Spender gesucht. Die evangelische Kirchengemeinde Aachen hat dazu ein Spendenkonto bei der Sparkasse Aachen eingerichtet, IBAN: DE42 3905 0000 0000 0002 16, BIC: AACSDE33,  Vermerk: M103.08000010.482000. Die Daten zum Spendenkonto und weitere Infos gibt es auch auf der Homepage der Stadt Aachen, aachen.de .

Die Pflastersteine werden später einen Weg bilden und zum zentralen Denkmal mit dem Edelstahlkreuz führen. Idee und Ausführung zum Denkmal, der Steinsockel für das Kreuz und die Beeteinfassungen, hierum kümmern sich Mitarbeiter und Azubis des Aachener Stadtbetriebs.

(c) Bettina Berg