RWTH

Die RWTH kann jetzt die Leistungsfähigkeit des innovativen Kompositwerkstoffs „Textilbeton“ eindrucksvoll demonstrieren: Vier großformatige Textilbetonschalen bilden das Dach des allseitig verglasten Pavillons, der in unmittelbarer Nähe des Bauingenieurgebäudes in der Mies-van-der-Rohe-Straße realisiert wurde. Er steht primär den Studierenden der Fakultät für Bauingenieurwesen als Lernraum zur Verfügung. Am Mittwoch, 29. April 2015, um 13 Uhr wird der Pavillon von RWTH-Rektor Professor Dr.-Ing. Ernst Schmachtenberg eröffnet.

Textilbewehrter Beton ist ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderter Sonderforschungsbereich (SFB) 532 „Textilbewehrter Beton – Entwicklung einer neuartigen Technologie“, in dem in den letzten zwölf Jahren interdisziplinär geforscht wurde. An dem SFB beteiligten sich unter Leitung von Prodekan Professor Dr.-Ing. Josef Hegger vom Lehrstuhl und Institut für Massivbau zehn weitere RWTH-Institute aus den Fachbereichen Bauingenieurwesen, Maschinenbau, Naturwissenschaften und Architektur.

Die hyperbolischen Einzelschalen des Pavillons haben Abmessungen von sieben mal sieben Metern und eine Dicke von lediglich sechs Zentimetern. Als Bewehrungsmaterial kamen technische Textilien aus hochfesten Carbonfasern zum Einsatz. In ihrer Mitte lagern die filigranen Betonschalen jeweils auf einer einzelnen Stahlbetonstütze auf und überspannen eine Nutzfläche von etwa 200 Quadratmetern. 

Der architektonische Entwurf des Lehrstuhls für Baukonstruktion zitiert in seiner Formgebung Schalentragwerke des spanischen Architekten Félix Candelas. Wegen der Korrosionsproblematik der Betonstahlbewehrung in Verbindung mit der aufwendigen Herstellung sind solche Betonschalen allerdings nahezu vollständig aus dem aktuellen Baugeschehen verschwunden. Hier eröffnet Textilbeton durch seine nicht-rostende, flexible Bewehrung die Möglichkeit, solche Tragstrukturen auch heute wieder effizient zu realisieren.

Die Herstellung der rund 50 Quadratmetern großen Textilbetonschalen erfolgte in einem Fertigungszelt in unmittelbarer Nähe zum Bauplatz durch die Firma GQ Quadflieg GmbH. Die flexible Bewehrung wurde hierbei lagenweise im Spritzbetonverfahren von einem Arbeitsgerüst aus eingebaut. Nach dem Aushärten wurden die großformatigen Fertigteile mit einem Autokran auf die vormontierten Stahlbetonstützen aufgesetzt und anschließend untereinander verschraubt. Die fertige Tragstruktur wurde anschließend durch die umlaufende Glasfassade geschlossen. Lasten aus Wind und Schnee werden direkt von der Textilbeton-Dachkonstruktion abgetragen.