RWTH

Michael Riesener erforscht mit seiner Professur die Grundlagen von Deep Tech Innovation. In den mittleren Technologiereifegraden klafft hier oftmals noch eine Lücke. Translationshubs sollen diese schließen.

Wenn Professor Michael Riesener auf die RWTH Aachen blickt, dann sieht er enormes Potenzial: Die Fakultäten liefern exzellente Forschungsergebnisse mit hoher Anwendungsrelevanz. Gleichzeitig zeigt sich das starke Interesse der Industrie an der Zusammenarbeit mit der RWTH – messbar an über 450 immatrikulierten Unternehmen auf dem RWTH Aachen Campus. Dabei sieht er aber auch die zentrale Herausforderung: Es klafft eine Lücke zwischen frühen und fortgeschrittenen Technologiereifegraden (TRL), die viel zu oft verhindert, dass Forschungsergebnisse in die Anwendung kommen.

Foto (c) Andreas Schmitter

 Professor Ulrich Rüdiger (rechts), Rektor der RWTH Aachen, und Professor Matthias Wessling, Prorektor für Transfer, überreichen Professor Michael Riesener die Ernennungsurkunde.

Genau hier setzt seine Forschung an. Rieseners Fokus liegt auf der Erforschung und aktiven Gestaltung des sogenannten Innovation Gap. Ziel ist es, Deep-Tech-Entwicklungen schneller, systematischer und wissenschaftlich fundiert in marktfähige Innovationen zu überführen. Hierfür setzt er auf fakultätsübergreifende Zusammenarbeit, wissenschaftsgetriebene Innovationsprozesse und ein klares Verständnis globaler Herausforderungen. Professor Ulrich Rüdiger, Rektor der RWTH Aachen, und Professor Matthias Wessling, Prorektor für Transfer, haben gemeinsam mit Dekan Professor Wolfgang Schröder dafür eine apl-Professur für Deep Tech Innovation an der Fakultät für Maschinenwesen an Riesener vergeben – apl steht dabei für außerplanmäßige Professur. Die RWTH betont auf diesem Wege die Bedeutung des Themas für die Hochschule.

„Der Transfer bildet als dritte Säule der RWTH Aachen neben Forschung und Lehre einen entscheidenden Teil unserer strategischen Ausrichtung. Mit Professor Michael Riesener gewinnen wir einen ausgewiesenen Experten, der Deep Tech Innovation mit strategischem Denken und einem starken Netzwerk in Wissenschaft und Industrie verbindet“, erklärt Rektor Rüdiger. Die Professur wird durch Forschungsvorhaben, Publikationen, Industriekooperationen, Weiterbildung und Lehre operativ sichtbar. Die aktuellen Herausforderungen liegen vor allem im Aufbau eines starken Netzwerks innerhalb und außerhalb der RWTH sowie im Aufbau eines exzellenten Teams aus wissenschaftlichen Mitarbeitenden, Abschlusskandidatinnen und -kandidaten und studentischen Mitarbeitenden. Die Kombination aus exzellenter Forschung und bestehenden Netzwerken mit der Industrie bilde die ideale Ausgangslage, um Translation – also die strukturierte Weiterentwicklung von Technologien in mittleren TRL – zu forcieren. Damit kann die RWTH als Brückenkopf zwischen Wissenschaft und Anwendung eine Vorreiterrolle einnehmen.

Michael Riesener ist gebürtiger Aachener und hat Wirtschaftsingenieurwesen mit Fachrichtung Maschinenbau an der RWTH und an der National University of Singapore studiert. Er promovierte am Lehrstuhl für

Produktionssystematik von Professor Günther Schuh und war dort als geschäftsführender Oberingenieur unter anderem für Strategie, Lehre und Teamführung verantwortlich. Er ist bereits Geschäftsführer der RWTH Innovation GmbH (Fokus Industriekooperationen) und Rektoratsbeauftragter für Translation – nun folgt die Professur. „Die Grundlagen von Deep Tech Innovation erforschen, das Thema strukturell verankern und anhand von Best Practices in die Anwendung bringen – ich freue mich sehr darauf, diese spannenden Aufgaben an der RWTH Aachen gemeinsam mit starken Partnern aus Wissenschaft und Industrie anzugehen“, erklärt er.

Die RWTH Innovation GmbH ist die zentrale, hochschulübergreifende Technologietransfereinheit der RWTH Aachen und damit ein zentraler Baustein der Strategie der Hochschule. Sie bündelt Aktivitäten rund um den Wissens-, Technologie- und Innovationstransfer, unterstützt Ausgründungen und ermöglicht Industriekooperationen. Als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis ist die RWTH Innovation maßgeblich daran beteiligt, den Transfer exzellenter Forschung in die Anwendung zu beschleunigen und strategisch weiterzuentwickeln.

Dabei sieht Riesener durchaus einige Herausforderungen: Im europäischen Kontext mangele es Deep Tech-Projekten häufig an Finanzierung – insbesondere in der risikobehafteten Phase zwischen Forschung und Marktreife. Hinzu kommt, dass die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie in mittleren TRL oft unsystematisch erfolgt. Dadurch geht wertvolle Zeit verloren. Gleichzeitig wird der umgekehrte Weg – also die Impulsgebung im Sinne von Aufgabenstellungen aus der Industrie an die Forschung – noch zu selten genutzt. „Diese Hürden untersuchen wir im Forschungsgebiet Deep Tech Innovation auch im internationalen Vergleich, um strukturierte Lösungsansätze zu entwickeln. Durch die gezielte, neuartige Verbindung beider Seiten und die iterative und fokussierte Zusammenarbeit kann der Weg zur Marktreife vieler Technologien deutlich beschleunigt werden“, sagt er.

Das Instrument Translationshub

Die RWTH setzt in diesem Fall auf sogenannte Translationshubs. Der Translationshub ist ein zentrales Instrument zur Umsetzung der Methode Translation innerhalb der Transferstrategie der RWTH Aachen. In den kommenden Jahren werden dabei mehrere thematisch fokussierte Translationshubs entstehen – jeweils in Bereichen, in denen die RWTH eine strategische Stärke vorweist und die globalen Herausforderungen adressieren.

Ein Translationshub vernetzt systematisch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Industriepartner, Ausgründungen und Stiftungen, um gemeinsam spezifische Technologien gezielt auf höhere Reifegrade zu bringen. Er schafft einen physisch und digital verankerten Raum für interdisziplinäre Zusammenarbeit mit klarem Innovationsfokus. „Gerade in mittleren Technologiereifegraden droht vielen Entwicklungen das ‚Valley of Death‘. Mit dem Translationshub und der wissenschaftlichen Begleitung durch Professor Riesener im Forschungsgebiet Deep Tech Innovation schaffen wir ein strukturelles Alleinstellungsmerkmal, das unsere Position als forschungsstarke und transferorientierte Universität weiter ausbaut“, erläutert Professor Matthias Wessling, Prorektor für Transfer der RWTH.

Dabei verfügt die RWTH bereits über erfolgreiche Beispiele intensiver Industrie-Wissenschafts-Kooperationen – etwa in den Clusters4Future NeuroSys und Hydrogen. Zudem zeigen technologiegetriebene Start-ups wie BioThrust, wie erfolgreich Deep Tech aus der RWTH heraus in marktfähige Innovationen überführt werden kann. Diese Erfolgsbilanz soll wachsen. „Mich motiviert die Möglichkeit, echte Wirkung zu entfalten – für den Innovationsstandort Deutschland und darüber hinaus. Die enge Zusammenarbeit mit unterschiedlichsten Akteuren, die Dynamik technologischer Entwicklungen und die Chance, Zukunft aktiv mitzugestalten, machen diese Aufgabe für mich besonders reizvoll“, sagt Riesener.