Bei „Uni im Rathaus“ geht es am 15. Oktober um Onlinegeschäfte. RWTH-Professorin Lisa Spantig erklärt im Interview, was die Aussicht auf ein Schnäppchen bei den Konsumentinnen und Konsumenten auslöst. Online-Shopping ist schnell, einfach und das nächste Schnäppchen nur einen Klick entfernt. Aber denken wir zu kurz, wenn wir uns von reizvollen Rabatten locken lassen und den virtuellen Einkaufswagen füllen?
Ist uns bewusst, was mit den Daten passiert, die wir schnell eintippen, um den Top-Deal, das Mega-Schnäppchen oder den Superkauf abzuschließen? Mit solchen Fragen beschäftigt sich RWTH-Professorin Lisa Spantig. Seit Juni 2021 ist sie Juniorprofessorin für Experimentelle Wirtschaftsforschung an der RWTH und leitet das Experimentallabor AIXperiment. Welchen Wert unsere Daten im Netz tatsächlich haben und wie der Onlinehandel uns mithilfe von Algorithmen zu immer mehr Käufen lockt ist am Dienstag, 15. Oktober, um 19 Uhr Thema bei Uni im Rathaus – und Spantig eine der Expertinnen und Experten auf dem Podium im Krönungssaal des Aachener Rathauses.
Weitere Diskussionsteilnehmende sind Professor Walter Frenz, Lehr- und Forschungsgebiet Berg-, Umwelt- und Europarecht der RWTH, Professor Martin Henze (SPICe), Juniorprofessor für Sicherheit und Datenschutz in industrieller Kooperation sowie Dhenya Schwarz, Projektleitung Oecher Lab bei der Stadt Aachen. Moderiert wird die Veranstaltung von Sarah-Lena Gombert, Max-Planck-Institut für Kohlenforschung. Überschrieben ist sie mit dem Titel „Wer macht hier das Schnäppchen? Das Geschäft mit unseren Daten“. Im Interview erläutert Lisa Spantig, die an der LMU München das interdisziplinäre Experimentallabor MELESSA leitete und vor dem Wechsel nach Aachen als Assistenzprofessorin an der University of Essex lehrte und forschte, wie der Onlinehandel uns beeinflussen kann.
Wann haben Sie zuletzt bei einem Online-Angebot zugeschlagen?
Spantig: Gerade habe ich online eine neue Winterjacke gekauft, allerdings erst, nachdem ich gezielt danach gesucht und mehrere Angebote verglichen habe. Insgesamt versuche ich, verführerischen Online-Angeboten aus dem Weg zu gehen. Deshalb habe ich fast alle Newsletter abbestellt und gucke mich nicht „einfach mal so“ auf Shopping-Webseiten um. Natürlich erfahre ich so nicht von all den vielen tollen Dingen, von denen ich noch gar nicht wusste, dass ich sie brauche. Es kann auch sein, dass mir das beste Angebot entgeht. Dafür kaufe ich weniger und bewusster ein.
Was lösen „Bestpreis“-, „Superschnäppchen“- und „Nur noch wenige vorhanden“-Hinweis beim Onlinekauf in uns aus?
Spantig: Rabatte aktivieren das Belohnungszentrum im Gehirn und machen uns kurzfristig glücklich. Knappheit kann Produkte noch begehrenswerter erscheinen lassen. Zudem weisen alle diese Attribute darauf hin, dass wir uns besser sofort für dieses Angebot entscheiden und nicht weitersuchen sollten – verpassen wollen wir das Schnäppchen ja nicht.
Woran könnten wir erkennen, dass eine solche Botschaft glaubhaft ist?
Spantig: Falsche Angaben zur Verfügbarkeit sind eigentlich nicht erlaubt, da dies als irreführende Werbung gilt. Tatsächlich ist es für uns Konsumentinnen und Konsumenten aber schwierig zu überprüfen, ob alle Angaben stimmen. Am glaubwürdigsten finde ich Anbieter, die sich ihres Bestpreises so sicher sind, dass sie einen Preisnachlass anbieten, wenn man dasselbe Produkt woanders noch günstiger findet. Aber vielleicht soll das auch nur die meisten von uns in Sicherheit wiegen und zum sofortigen Kauf bewegen? Wenn wir Zeit (und Muße) haben, dann ist die beste Strategie, bei weiteren Anbietern Preise zu vergleichen.
Gehen wir am Ende zu sorglos mit unseren Daten im Netz um und was kann mit diesen dort eigentlich geschehen?
Spantig: Wenn wir dem zustimmen, sammeln Apps und Browser viele Informationen über unser Verhalten. Aus diesen Daten werden Profile erstellt, die zum Beispiel für personalisierte Werbung oder sogar personalisierte Angebote verwendet werden können. Das gilt nicht nur für Konsumgüter, sondern auch für Versicherungen oder Banken. Natürlich kann es auch sein, dass diese Informationen weitergeben werden oder „verloren“ gehen. In dem Moment, in dem das nervige Pop-up-Fenster „Cookie-Einstellungen“ beim Besuch von Webseiten aufgeht oder wir unsere Daten in den nächsten Newsletter eintragen, um beim Kauf ein wenig Rabatt zu erhalten, denken wir selten darüber nach, was in der Zukunft mit diesen Daten passiert. Wir fokussieren uns lieber auf das tolle Angebot im hier und jetzt.
Foto: Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste | Bettina Engel-Albustin