RWTH

RWTH-Junior-Professorin Carolin Schneider erhält Life Sciences Bridge Award der Aventis Foundation für ihre Forschung auf dem Gebiet der Fettleber. Die Fettleber hat sich zu einer stillen Epidemie entwickelt. Weltweit sind rund zwei Milliarden meist scheinbar gesunde Menschen davon betroffen.

Nicht selten führt eine Fettleber auf die abschüssige Bahn von Entzündung, Fibrose, Zirrhose und Krebs. Dabei ließen sich Entstehen und Fortschreiten der von Ärzten oft unerkannten Krankheit durch präzisere Diagnostik präventiv eindämmen. Evidenzbasierte Kriterien dafür filtert Professorin Carolin Schneider, Junior-Professorin für Prävention und Genetik von metabolischen Erkrankungen der Leber, Klinik für Gastroenterologie, Stoffwechselkrankheiten und Internistische Intensivmedizin (Medizinische Klinik III) der Uniklinik RWTH Aachen, mit Hilfe sprachbegabter Algorithmen aus riesigen Datensätzen heraus.

Eine Fettleber ist dadurch gekennzeichnet, dass sich in den Leberzellen übermäßig viele Fetttröpfchen ablagern, ohne dass Alkohol oder eine chronische Virusinfektion dazu Anlass gäben. In erster Linie wird sie durch genetische Faktoren und Übergewicht verursacht. Immer häufiger kommt sie aber auch bei schlanken Menschen vor. In den Wohlstandsgesellschaften des Westens sind schon annähernd 30 Prozent der Bevölkerung davon betroffen. Bei einem knappen Viertel aller Betroffenen entsteht daraus über kurz oder lang eine Entzündung, die Fettleber-Hepatitis, von der es für manche nicht mehr weit ist zur Stufenfolge Fibrose, Zirrhose, Krebs.

Schneider promovierte an der Medizinischen Klinik III der Uniklinik RWTH Aachen zu Mutationen eines Gens, welche Leber- und Lungenerkrankungen auslösen kann. Anschließend ging sie an die University of Pennsylvania, wo sie mit Natural Language Processing-Programmen die Penn Medicine Biobank durchforstete. In jeweils mehr als zwei Millionen Berichten über Biopsien und bildgebende Untersuchungen der Leber entdeckte sie mit Hilfe sprachbegabter Algorithmen Tausende von Patienten mit einer bisher undiagnostizierten Fettleber. In derselben Studie gelang es ihr, viele Kriterien zu entdecken oder zu bestätigen, die eine rechtzeitige Diagnose ermöglichen könnten.

Über das Rückkehrerprogramm NRW kam sie 2022 an die RWTH Aachen und leitet dort eine eigene Forschungsgruppe. Diese versucht, aus medizinischen Datenbanken neue Präventions- und Therapieansätze für Stoffwechselkrankheiten abzuleiten. „Wir stellen mit unserer Forschung zwar zunächst nur Zusammenhänge fest“, sagt Carolin Schneider. „Aber wir überprüfen diese Assoziationen dann bald in klinischen Pilotstudien.“ Ihr Ziel ist es, vor allem niedergelassenen Ärzten einfach einsetzbare Verfahren anzubieten, damit sie Erkrankungen wie die Fettleber besser erkennen und präventiv eindämmen können. Zum Beispiel durch den evidenzbasierten Hinweis darauf, dass Vitamin E-haltige Lebensmittel wie Olivenöl, Haferflocken und frisches Gemüse leberprotektiv sind.

Neben ihrer Tätigkeit als Ärztin und Wissenschaftlerin engagiert sich Schneider für die Förderung von Frauen in der Wissenschaft, insbesondere in den MINT-Fächern, etwa als Mentorin für den weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchs. Im September 2023 wurde sie an der RWTH zur W1-Professorin für die Prävention und Genetik von metabolischen Erkrankungen der Leber ernannt und ist damit eine der jüngsten Juniorprofessorinnen Deutschlands. Schneider ist Mitglied des Jungen Kollegs der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaft und Künste. Außerdem wurde sie von academics, dem Karriereportal für Wissenschaft, Forschung, Öffentliches und Gesellschaft der ZEIT Verlagsgruppe als Nachwuchswissenschaftlerin des Jahres 2023 ausgezeichnet. Carolin Schneider wurde als einzige deutsche Wissenschaftlerin als eine der für Europa 30 wichtigsten Persönlichkeiten unter 30 Jahren in die Forbes-Liste „Science und Healthcare“ aufgenommen.

Der Life Sciences Bridge Award ist einer der höchstdotierten Nachwuchspreise Deutschlands. Er wird jährlich an drei Preisträgerinnen und Preisträger vergeben, die an deutschen Universitäten forschen. Sie erhalten jeweils 100.000 Euro. Zehn Prozent davon dürfen sie für persönliche Zwecke nutzen, der Rest ist der Finanzierung ihrer Forschung vorbehalten.