Alles rund um Aachen

Gebäudemanagement, Bauforscher und Archäologen arbeiten eng zusammen

 

Wie alt ist das Rathaus wirklich? Wo befand sich zu Kaiser Karls Zeiten der Eingang zur Kaiserpfalz? Auf welcher Höhe sind die Menschen damals über den Markt gelaufen? Wissenschaftler und Archäologen versuchen derzeit, im Rahmen eines Grabungs- und Bauforschungsprojektes am Marienturm Antworten auf diese Fragen zu finden. Der westliche der beiden Rathaustürme wird gerade saniert.

 

Stadtarchäologe Andreas Schaub hat schon eine etwa 200jährige französische Silbermünze gefunden. Auch weiß er jetzt, dass der Marienturm ursprünglich rund 50 Zentimeter umfangreicher gewesen ist als sein heutiger Nachfolger. Die Fundamente wurden im Zuge der aktuellen Ausgrabung entdeckt. Bauforscher untersuchen unter anderem einen Durchgang, der vermutlich im 14. Jahrhundert quer durch den Marienturm zu einem auf dem Katschhof befindlichen Zeughaus, einem Lager für Waffen und militärische Ausrüstungsgegenstände, geführt hatte.  

 

Anlass der wissenschaftlichen Untersuchungen ist eine Dach- und Mauerwerksanierung des Marienturms, die federführend vom Gebäudemanagement der Stadt Aachen geleitet wird. Ähnlich wie beim Granusturm muss die Dachhaut vollständig erneuert werden. Die Bleieinfassung im oberen Turmbereich zeigt Löcher und Risse. Am Übergang zur Schiefereindeckung des Turmkegels dringt Wasser ein, was häufige Reparaturen notwendig machte. Die besondere Erschwernis beim Marienturm ist das Glockenspiel. Dieses wird für die Dauer der Sanierung demontiert von der Firma, die es im Jahr 1979 auch errichtet hat, nämlich die Koninklijke Eijsbouts aus Asten in den Niederlanden. Die Aufhängungen der Klöppel und Schlegel werden überholt. Nach Abschluss der Dachdeckerarbeiten wird das Glockenspiel wieder montiert.

 

Zeitgleich mit der Bearbeitung der Turmspitze haben auch die Arbeiten zur Trockenlegung des Kellermauerwerkes begonnen, um den Zeitplan überhaupt einhalten zu können. Denn bis zur Karlspreisverleihung im Karlsjahr 2014 müssen die Arbeiten abgeschlossen sein. Die Gesamtkosten für diese beiden Bauabschnitte belaufen sich inklusive Nebenkosten auf rund 1,5 Millionen Euro, wobei ein großer Teil durch die Förderung des Bundes mit dem Konjunkturprogramm I abgedeckt wird.Das Kellermauerwerk wird bis zu einer Tiefe von 3 Metern in Eigenregie durch die Stadtarchäologen ergraben. Die technische Lösung zur Abdichtung des Kellermauerwerks kann erst nach kompletter Freilegung und Bewertung aller archäologischen Funde gewählt werden.

 

Sobald das Pflaster am Marienturm wieder aufgebracht werden kann, wird zur Mauerwerksanierung ein Gerüst im unteren Bereich errichtet. Hier wird die Erforschung des karolingischen Mauerwerks des Rathauses weitergeführt. Gleichzeitig werden Mauerschäden aufgenommen, die dann zügig saniert werden müssen. Hierbei sind sowohl Sicherheitsaspekte als  auch konservatorischen Gründen Notwendige ausgeführt.

 

Eine Besonderheit im Marienturm sind die Betonglasfenster nach einem Entwurf von Prof. Gerhard Graubner (1899-1970). Hier haben rostende Bewehrungsstäbe Schäden verursacht. Es wird gerade geprüft, auf welche Art und Weise die Fenster nachhaltig saniert werden können. Inzwischen wurde ein Architekt ausfindig gemacht, der damals – in jungen Jahren – an den Arbeiten beteiligt war.

 

Seit Ende 2010 wird das Rathaus im Rahmen der Maßnahmen im Konjunkturprogramm 1 saniert. Es begann mit der Dachsanierung des Granusturms, dem östlichen Turm am Rathaus. Anschließend wurde die Fassade des rückwärtigen Ark'schen Treppenhauses saniert, es schlossen sich im dritten Bauabschnitt die Dach- und Fassadensanierungen des Postwagens an. Nach der Sanierung des Marienturms sind die Arbeiten abgeschlossen. „Während beim Granusturm die karolingischen Fundamente im Vordergrund der Untersuchung standen, sind es beim Marienturm vor allem die späteren Epochen, die spannend sind“, erläutert Marc Wietheger, der für den Lehrstuhl für Denkmalpflege an der RWTH Aachen die Untersuchungen durchführt. Er lobt die „gute Zusammenarbeit zwischen Bauforschern, Archäologen und Gebäudemanagement“, die es sowohl bei der Sanierung des Granusturms als auch bei der jetzigen Reparatur des Marienturms gebe.

An den derzeitigen Untersuchungen sind auch mit großem Engagement viele Ehrenamtler aus dem Archäologischen Arbeitskreis beteiligt.

 


 

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