RWTH

Das Institut für Strukturmechanik und Leichtbau der RWTH entwickelt einen Stecker, der nun erstmals auf der ISS bei einem In-Orbit-Test zum Einsatz kommt. Das ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Raumfahrt. Satelliten der Zukunft sollen sich wie Lego-Steine auseinanderbauen und immer wieder neu zusammensetzen lassen können. Diese Vision ist internationaler Konsens in der Raumfahrt, denn nur so lässt sich das Problem Weltraumschrott und auch die damit verbundene Sicherheit im Weltraum anpacken, weil eine neue Generation von modularen Satelliten im Weltraum repariert werden könnte. Das Institut für Strukturmechanik und Leichtbau der RWTH – kurz SLA – leistete für die nächste Generation modularer Satelliten Forschung an maßgeblicher Stelle: ­an der Schnittstelle zwischen den Modulen eines Satelliten.

Vereinfacht formuliert entwickelten die Aachener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den passenden Stecker, iSSI genannt. Die RWTH meldete ein Patent an, die Idee wurde über die Ausgründung iBOSS GmbH auf den Markt gebracht. Das System wird jetzt erstmals im Weltraum erprobt. Am 19. Februar starten die Testmodule mit einer US-Raumfahrt-Mission auf die internationale Raumstation ISS. Dort werden sie auf dem japanischen Teil der ISS erstmals von einem Roboter in einem Außeneinsatz miteinander verbunden und wieder gelöst. Dabei lassen sich im verbundenen Zustand über die Schnittstelle des Stecksystems Daten und Strom übertragen.

Für Professor Kai-Uwe Schröder, Leiter des SLA, und sein Team ist dies ein Meilenstein: Satellitenmodule lassen sich überall und damit auch im Weltraum Dank einfacher Handhabe immer wieder neu zusammensetzen. „Unser Ansatz ist revolutionär, potenziell setzt unser System einen Standard wie beispielsweise der USB-Stecker. Eine erfolgreiche Demonstration unter Raumfahrtbedingungen, im Vakuum und unter kosmischer Strahlung, wäre der große Durchbruch“, erläutert Schröder. „Wir haben die Chance, die Raumfahrt endlich nachhaltiger zu gestalten.“

Defekte Bauteile ließen sich künftig austauschen, um die Lebensdauer und Funktion eines Satelliten deutlich zu steigern. So werden beispielsweise in Satelliten sogenannte Drallräder eingesetzt, um ihre Lage im Raum zu kontrollieren. Wenn die Drallräder nicht mehr funktionieren, lässt sich der Satellit nicht mehr ausrichten – er steht somit nur eingeschränkt oder gar nicht mehr zur Verfügung. Integrierte Drallräder in einem Baumodul können bei Defekt ersetzt werden. Letztlich sind Satelliten durch diesen möglichen On-orbit-Service sogar um weitere Bauteile und Funktionen erweiterbar.

Seit 2010 ist das RWTH-Institut an einem Forschungsprojekt der DLR zu modularen Satelliten beteiligt. Zwölf Jahre später wird die Idee realisierbar, Bausteine eines Satelliten auf der Erde zu erstellen und im Orbit zusammenzusetzen. Für ihren iSSI-Ansatz wurde die RWTH-Ausgründung „iBOSS“ jüngst mit dem „Innovation in Space“-Award ausgezeichnet.

Positive Erfahrungen sammelte das Aachener Forscherteam mit der iSSI bereits auf der Erde. So wird der Stecker im Projekt upBUS eingesetzt, einem hybriden Mobilitätskonzept, bei dem ein Fahrzeug zwischen einer Luftseilbahn und einem autonomen Busbetrieb wechselt. Bei diesem Übergang muss in die Seilbahntechnik ein- und ausgekoppelt werden. Mit der anstehenden Mission auf der ISS – die RWTH ist dort ebenfalls am AMS-Projekt beteiligt und ihr Alumnus Matthias Maurer wird als Astronaut dabei sein – steht der nächste große Schritt an. Vision ist eine extraterrestrische Anwendung – etwa bei der Installierung von Stationen auf fernen Planeten.