Alles rund um Aachen

Die Stadt will nach Ostern am Rande des Katschhofs sechs neue Stadtlinden pflanzen lassen. Sie ersetzen die Linden, die dort vor einiger Zeit gefällt werden mussten, weil sie krank geworden waren und nicht mehr stabil standen. Weil neue Bäume heutzutage größere Baumbeete erhalten, sind sechs Baugruben mit einer Größe von 4 mal 2,5 Meter und einer Tiefe von rund 1,5 Meter ausgehoben worden.

Solche Bauarbeiten im denkmalgeschützten Umfeld von Dom und Rathaus sind natürlich immer ein glücklicher Umstand für die Archäologie ", erzählt Stadtarchäologe Andreas Schaub. Meist gibt es etwas zu entdecken, so auch diesmal. Schaub ist sich ziemlich sicher, dass er eine im Verlauf bereits bekannte, sechs bis sieben Meter breite Straße aus römischer Zeit entdeckt hat, die quer über den heutigen Katschhof verlaufen war: vom Hühnerdieb-Brunnen hinüber zur Domsingschule. „Rechts und links von dieser Straßen haben wir Spuren von Wohngebäuden entdecken können", sagt Schaub.

Fachleute wie er erkennen das durch die unterschiedlichen Erdverfärbungen und Erdschichten in Baugruben, interessierte Laien müssen schon sehr genau hinschauen. „Ich gehe aufgrund der bis zu einem Meter breiten Mauern davon aus, dass hier mehrgeschossige Gebäude gestanden haben, deren Außenwände aus Steinen gemauert waren während die inneren teilweise aus Fachwerk bestanden.", erklärt der Stadtarchäologe. Für die Zeit typisch war auch, dass in vielen Gebäuden Läden integriert waren. Deshalb könne man davon ausgehen, dass es hier schon zu römischer Zeit eine Einkaufsstraße gegeben habe.

Straße wurde bis ins späte Mittelalter genutzt

Manches deutet laut Schaub darauf hin, dass es im ersten und zweiten Jahrhundert in der Straße gebrannt habe und einige Wohngebäude dabei zerstört worden sind. „Nach solchen Ereignissen sind die Häuser immer wieder neu aufgebaut worden. Endgültig beseitigt wurden die nun entdeckten Baustrukturen erst im späten Mittelalter des 13./14. Jahrhunderts. So lange wurde auch die römische Straße benutzt."

Der Stadtarchäologe ist sich sehr sicher, dass der Katschhof bis ins späte Mittelalter hinein ganz anders aussah als in heutiger Zeit. Und mit dieser Erkenntnis verändert sich auch das Bild von der Fläche zwischen Dom und der früheren Palastaula, dem heutigen Rathaus, in früherer Zeit. „Die Antike verschwindet erst in der Zeit vom 12. bis 14. Jahrhundert aus dem damaligen Stadtbild", so Schaub. Vermutlich war das Umfeld des heutigen Katschhofs sogar lange Zeit relativ dicht bebaut, bevor es sich nach und nach zu einem mit Kieselstein gepflasterten Platz zwischen Dom und Rathaus entwickelte. In Gemälden von Albrecht Dürer von etwa 1520 ist der Platz bereits eindeutig erkennbar, doch längst noch nicht in den Maßen von heute.

Weitere Grabungen vorerst nicht geplant

Die archäologischen Arbeiten enden vermutlich zum Ende dieser Woche. Das Wetter hat in den vergangenen Wochen erfreulicher Weise mitgespielt und beste Arbeitsbedingungen für Schaub und sein kleines, zum Teil ehrenamtlich aktives Team geschaffen. Die Pflanzgruben für die neuen Bäume sind wohl auf absehbare Zeit das letzte Fenster in die Vergangenheit der Katschhof-Geschichte früherer Jahrhunderte und Jahrtausende. „Weitere Bodeneingriffe in den nächsten Jahren sind hier nicht mehr geplant, das war also vielleicht die letztere größere Grabung in diesem Bereich", sagt Schaub.

Die sechs großen Baumgruben werden schrittweise in den nächsten Tagen wieder zugeschüttet, zu Baumbeeten umgestaltet und mit einer besonderen Baumerde aufgefüllt. Nach Ostern kommen dann die neuen Stadtlinden (Tilia cordata `Greenspire´) in ihre Gruben, die deutlich größer sein werden als die früheren Baumbeete. Die Bäume sind 15 bis 20 Jahre alt, bis zu sieben Meter hoch, in der Krone zwei bis drei Meter breit und haben einen Stammdurchmesser von 30 bis 35 Zentimeter.

Neue Erkenntnisse werden Öffentlichkeit noch vorgestellt

Die Kosten für die Neugestaltung an dieser Stelle des Katschhofs belaufen sich auf 65.000 Euro für den Tiefbau, 900 Euro für ein Bodengutachten und 16.500 Euro für die Pflanz- und späteren Pflegearbeiten der sechs neuen Linden. Der Aachener Netzbetreiber Regionetz übernimmt einen Teil der entstehenden Kosten in Höhe von 28.000 Euro. Denn vier der ursprünglich sechs Bäume am Katschhof waren durch eine Leckage einer alten Fernwärmeleitung, die früher unter den Baumbeeten verlief, nachhaltig geschädigt worden. Die alte Leitung ist längst nicht mehr in Betrieb und gegen eine neue in der Nähe ausgetauscht worden. Die neuen Bäume haben also viel Platz, um prächtig zu gedeihen.

Und zum Schluss noch ein Blick in die Zukunft. Stadtarchäologe Andreas Schaub wird seine neuesten Erkenntnisse wie schon bei früheren Gelegenheiten nicht nur dokumentieren, sondern in einem wissenschaftlichen Aufsatz zusammenfassen und später bei einer Veranstaltung des Aachener Geschichtsvereins vorstellen. Die Geschichte der Stadt Aachen hat damit ein weiteres spannendes Kapitel erhalten.