Alles rund um Aachen

Frauen vernetzen sich, tauschen Informationen, aus, lachen, plaudern, trinken Kaffee, sind ernst, besonnen, politisch, aufgebracht und fest entschlossen, etwas daraus zu machen: Weltfrauentag in Aachen. Mit rund 150 Frauen und ein paar Männern war das Forum der Volkshochschule nicht nur Treffpunkt für alle Interessierten, sondern gleichzeitig Brennpunkt zu einem weitgesteckten Thema, das auch nach einigen Erfolgen bezüglich Gleichberechtigung und politischer sowie sozialer Teilhabe am Gemeinwesen noch längst nicht abgeschlossen ist.

Im Gegenteil. In manchen Bereichen nehmen feministische Aktivitäten erst jetzt so richtig Fahrt auf. So konnte, umringt von eindrucksvollen Frauen-Porträts des Kölner Künstlers Wolfgang Klaus Friedrich, ein spannender Marathon beginnen. Und am Bücherstand von Thomas Meurer (Buchhandlung Backhaus) konnten Frauen und Männer feststellen, wie facettenreich und offen Frauenthemen im Buchregal zu finden sind.

Zum Start stellte Dr. Beate Blüggel, Leiterin der VHS, zusammen mit Sabine Bausch, seit 2019 Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Aachen, zusammen mit Teilnehmerinnen aller Altersgruppen zahlreiche engagierte Anbieterinnen von Workshops und Gesprächsrunden vor. Allein die Politikerinnen aller „Farben" boten einen eindrucksvollen Auftritt – elf Frauen unterschiedlicher Parteien stellten sich einem „Speed-Dating" der besonderen Art. „Was ich Sie schon immer mal fragen wollte", eine Einladung, die sie sogar untereinander zum aktiven Austausch animierte, allen voran Bürgermeisterin Hilde Scheidt (Grüne), die richtig viel Zeit mitgebracht hatte. Einem speziellen Workshop von Karin Schmitt-Promny und Katrin Feldmann (Grüne) war die Aufforderung gewidmet, dass mehr junge Frauen in die Politik gehen sollten, um auch andere zu ermutigen.

Bestens vorbereitete Workshops

Gleichzeitig ging es rundum sachlich und zielgerichtet zu: Bestens vorbereitet kam Andrea Hilger von der Arbeitsagentur in ihren Workshop, in dem Frauen Mut schöpften, die den Wiedereinstieg in den Beruf planen. Erlebnisse, Ängste, Enttäuschungen: „Fragen Sie mich, die Arbeitsagentur kann viel tun!" versicherte sie, und riet einer Fragerin, die gern einen Weg finden möchte, vom Umgang mit behinderten Kindern zur Tätigkeit als Erzieherin in einer Kita zu wechseln, zunächst zu einer Strategie: „Machen Sie ein Coaching mit, danach vertreten Sie weit besser Ihre Ziele. Wir können so ein Coaching sogar fördern"

Besser wollen Frauen auch im Bereich Social Media werden. Was sollte man dort einbringen, wo Vorsicht walten lassen, was bedenken? Von Sirit Coeppius erfuhr man Wichtiges über das Netzwerk „Frau mit Bizz" und die „Textwelle", während Ann-Katrin Steibert  so mancher (und manchem) die Augen für den latent vorhandenen Sexismus in der Werbung öffneten. Und Sexismus? Wie soll man solchen Sprüchen begegnen? Eva Beutin von der Feministischen Gruppe des Frauennetzwerkes der Städteregion, erklärte, wie das geht.

Ernsthaft riefen Angelika Botz und Birgit Hübner zum Gespräch über Frauen in der katholischen Kirche auf. „Maria 2.0" ist eine, wie es so schön heißt, „Graswurzelbewegung", die inzwischen schon recht weite Verbreitung gefunden hat. Warum kein Priesteramt für Frauen? Was ist mit dem Diakonat, das eine gute Chance wäre, Frauen in der Seelsorge aktiv werden zu lassen? Im Gesprächskreis stellte man mit Blick auf die Heilige Schrift fest, wie gleichberechtigt bereits Jesus mit Frauen umgegangen und sie akzeptiert hat. Und heute? „Alle Ämter für alle Menschen"  fordert das Bündnis, das sich gegen festgefahrene, häufig widersinnige Traditionen wendet. Was ist im Fantasy-Bereich los? Hier konnte Judith Vogt, Fantasy-Autorin und Feministin, einen faszinierenden Einblick in die noch immer von männlichen Idealen dominierte SciFi-Welt liefern.

Frauen in der Wissenschaft

Und selbst die „Frauen in der Wissenschaft" bleiben ein Thema mit Diskussionsbedarf. Hier bot Dr. Ulrike Brands-Proharam Gonzales vom Gleichstellungsbüro der RWTH Aachen interessante Einblicke. Gleichberechtigung beginnt bei der Erziehung. Wie stark ist die Prägung? Warum laufen kleine Mädchen so oft in rosafarbenen Prinzessinnenkleidern herum, während die Jungs schon das Handy am Ohr haben? Und warum ist die Aussage „Armut ist weiblich" schmerzliche Realität, wie Manuela Aye („Der Paritätische") betonte.

Fröhlich und tiefgründig zugleich stellten sich für das große Thema „Migrantinnen" Siri Tunruang und Felicité Doudou vom Arbeitskreis Indonesien und dem Pädagogischen Zentrum Aachen zur Verfügung, um den Umgang mit Gleichstellung in verschiedenen Kulturen zu zeigen – zum Teil mit witzigen Rollenspielen. Wie ernst und verzweifelt die Situation gerade älterer Frauen ist, die als Migrantinnen häufig eine schlimme, lange Phase der Unsicherheit und Aufenthalte in unterschiedliche Ländern und Einrichtungen durchleben musste, weiß die Ärztin und Psychiaterin Sabara Djallazada aus ihrer Tätigkeit als Gutachterin beim Landschaftsverband Rheinland (LVR). „Es muss da mehr getan werden, Frauen sind traumatisiert, sie haben alle Sicherheit verloren, nachdem sie ja bereits in ihrer Heimat nicht gerade selbstbestimmt waren", erzählt sie. „In der Betreuung von Geflüchteten bin ich da häufig sehr allein und überfordert, andererseits kann mich das nicht unberührt lassen." Zum Weltfrauentag hat sie die Problematik mutig zur Sprache gebracht und hofft auf Resonanz und Solidarität. Wie wichtig Solidarität unter Frauen ist, zeigten die großartigen Beispiele von berühmten Frauen in der Geschichte, die Yvonne Hugot-Zgodda vorstellte. Diese  machten Mut auf mehr.