Alles rund um Aachen

Aus Anlass des 75. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkriegs und der NS-Herrschaft in Aachen legt das Stadtarchiv Aachen jetzt den dritten Band seiner Quelleneditionen vor. Im Mittelpunkt des Buches steht ein Briefwechsel des Aacheners Theo R. Schmauser (1906-1987) aus den Jahren 1943 bis 1945. Schmauser war damals Technischer Direktor der Reifenfabrik Englebert in Rothe Erde und gehörte der bürgerlichen Oberschicht an. Später war er in leitenden Positionen für den in Lüttich ansässigen Englebert-Konzern (später Uniroyal) tätig.

Der Briefwechsel dokumentiert, wie Schmauser die zunehmenden Luftangriffe auf Aachen, das Näherkommen der Front, die anhaltende NS-Propaganda und schließlich die Situation nach Kriegsende erlebte, verarbeitete und reflektierte. Ein Teil der Briefe beinhaltet Diskussionen mit seinem Bruder Herbert über das erwartete Kriegsende, Persiflagen auf die Durchhaltepropaganda des Regimes und Schilderungen des privaten und beruflichen Alltags in Aachen. Andere Briefe spiegeln die Situation der Trennung von seiner Frau Elisabeth Schmauser und den gemeinsamen Kindern, die in den heute belgischen Ort Ouren bei Sankt Vith ausquartiert worden waren, sowie die Suche nach vermissten Angehörigen. Weitere Zeugnisse der individuellen Verarbeitung der Umbruchsituation sind Gedichte Theo Schmausers, von denen einige dem Band beigefügt sind.

Die Briefe sind in einen kritischen Kommentar von Dirk Schmauser, dem jüngsten Sohn Theo Schmausers, eingebettet. Sein Kommentar spiegelt die Auseinandersetzung der nach Kriegsende sozialisierten Generation mit der Verstrickung ihrer Eltern und damit stellvertretend dieser Elterngeneration in das NS-System und ihr Verhalten während des Krieges. Dirk Schmauser war es auch, der dem Stadtarchiv Aachen die Briefe und einen zugehörigen Fotobestand als Schenkung überlassen hat.

Eine wissenschaftliche Einleitung der Herausgeber René Rohrkamp und Thomas Müller ordnet die Briefe, Gedichte und Fotos in ihren historischen Kontext ein. Sie gibt einen Überblick über das Kriegsende in Aachen und die Geschichte des Englebert-Werks und reflektiert die Rolle von Briefen als - bislang wenig genutzte -  Geschichtsquellen.

Am Sonntag, 20. Oktober, liest Dirk Schmauser, der heute in Zell am See lebt, im Anschluss an eine historische Einbettung durch Thomas Müller und René Rohrkamp um 19 Uhr im Auditorium des Centre Charlemagne Auszüge aus seinem Text. Danach gibt es die Möglichkeit zur Diskussion. Die Veranstaltung endet um 20.30 Uhr.

Zum Buch:

Thomas Müller, René Rohrkamp (Hg.): Briefe im Krieg. Aachen, das Englebert-Werk und die Familie Schmauser 1943-1945 (Aus den Quellen des Stadtarchivs Aachen, Band 3), Aachen 2019, ISBN: 978-3-00-063200-6, Preis: 20 €

Das Buch ist zur Lesung erhältlich; nur Barzahlung möglich.