RWTH

RWTH-Professorin Clausen leitet als erste Frau ein Institut im Bereich der Rohstoffgewinnung und will einen verantwortungsvollen Bergbau realisieren. Bundesweit ist sie die erste Professorin auf diesem Gebiet: Dr.-Ing. Elisabeth Clausen trat im März 2018 an der RWTH die Universitätsprofessur für Advanced Mining Technologies an. Damit verbunden ist die Leitung des gleichnamigen Instituts - kurz AMT - der Fakultät für Georessourcen und Materialtechnik der Aachener Exzellenzuniversität. Im Fokus der Forschung steht der fortschrittliche, zukünftige Bergbau, für den robuste, vernetzte und autonome Maschinen und Prozesse für die Rohstoffgewinnung entwickelt werden.

Foto: Peter Winandy / Elisabeth Clausen ist seit März 2018 Professorin für Advanced Mining Technologies an der RWTH

Zu den Kernaufgaben des Instituts gehört zudem die Lehre in den Ingenieurstudiengängen "Rohstoffingenieurwesen", "Nachhaltige Rohstoff- und Energieversorgung" und "Umweltingenieurwesen“ mit den jeweiligen Vertiefungsrichtungen. Die Studierenden werden in zahlreichen Vorlesungen und Übungen zu ingenieurwissenschaftlichen Grundlagen und zur Maschinentechnik der Rohstoffindustrie betreut.
Das AMT zählt im Rohstoffbereich zu den größten in Deutschland, es beschäftigt heute 67 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Karl Nienhaus nahm die Vorgängerinstitution 2009 den Betrieb auf, bis 2016 unter dem Namen „Institut für Maschinentechnik der Rohstoffindustrie“, kurz IMR, firmierend. Nienhaus hat zurzeit neben seiner Kollegin Clausen eine Stiftungsprofessur mit dem Titel Advanced Mining Technologies inne. Die Professur wurde als Co-Professur bis Ende 2020 eingerichtet und wird von der gemeinnützigen Ulrich-Thiele-Stiftung gefördert.

Energiewende nur mit Rohstoffen möglich
Elisabeth Clausen wurde 1983 in Kiel geboren, sie absolvierte ein Studium der Geotechnik, Bergbau, Erdöl- und Erdgastechnik an der TU Clausthal. Dort arbeitete sie anschließend zehn Jahre als wissenschaftliche Beschäftigte und Akademische Rätin im Institut für Bergbau der Uni. „Der Wechsel an die RWTH ist aufgrund ihrer Größe, der hohen Dynamik und der vielfältigen Forschungs- wie Lehrthemen eine Umstellung. Dennoch empfinde ich diese Hochschule als sehr persönlich“, sagt die Bergbauexpertin.
„Wir beschäftigen uns hier mit der verantwortungsvollen Gewinnung von Rohstoffen, die wir für uns tägliches Leben und für die sogenannten Zukunftstechnologien brauchen. Wir können über Elektromobilität oder Energiewende nur sprechen, wenn wir die Themen Rohstoffe und Rohstoffgewinnung berücksichtigen“, betont Clausen. Zwar kehre ein Teil der Rohstoffe wieder in den Kreislauf zurück, „aber wenn man gezielt die Rohstoffe betrachtet, die wichtig sind für unseren Lebensstandard, recyceln wir davon teilweise weniger als ein Prozent und importieren nahezu bis zu 100 Prozent in die EU.“
Außerdem sollen durch die Entwicklung autonomer Systeme sichere Arbeitsbedingungen geschaffen werden: „Unser Ziel ist es, sichere Arbeitsbedingungen und einen verantwortungsvollen Bergbau realisieren zu können.“

Autonomer Abbau unter Tage
Die Größe der Bergbaubetriebe, so Clausen, sei heute noch sehr unterschiedlich. Sie reicht von Kleinbergbauaktivitäten, bei denen einzelne Familien Bereiche in der Regel händisch abbauen, bis hin zu hochautomatisierten Betrieben, in denen beispielsweise Walzenlader unter Einsatz von vielfältiger Sensortechnik selbsttätig unterwegs sind. In Tagebauen in Chile fahren schon seit einigen Jahren große Mining-Trucks vollständig autonom.
Im institutseigenen Rock Cutting Center will man beispielsweise die technologischen Grundlagen dafür schaffen, dass ein Gewinnungsgerät selbständig erkennen kann, wo es schneidet und wo die Lagerstätte ist. Idealerweise erfolgt die anschließende Aufbereitung ebenfalls direkt unter Tage, sodass wertloses Material nicht mehr nach oben befördert werden müsste. So ließen sich auch die branchentypischen Halden, die über Tage das Bild prägen, reduzieren. „Es gibt schon Bergwerke, die an Naturschutzgebiete angrenzen und deren Abbauaktivitäten im Umfeld kaum mehr wahrnehmbar sind. Die Gewinnung von Rohstoffen ist immer mit einem Eingriff in die Natur und einer Flächeninanspruchnahme verbunden. Die daraus folgenden Umwelteinwirkungen müssen minimiert und im Anschluss an die Gewinnungstätigkeit soll ein lebenswerter Zustand wiederhergestellt werden. Grundsätzlich wird der Bergbau von morgen mehr und mehr in die Tiefe gehen und über Tage kaum mehr sichtbar sein“, erläutert Clausen.

Bergbau 4.0 bedeutet Smart Mining
Im Zuge der Entwicklung der Industrie 4.0 zeigt nicht nur der Name AMT die verstärkte Schwerpunktsetzung im Bereich Digitalisierung und Informatisierung neben dem traditionellen Bergbau. Bereits im Jahr 2015 wurde in Aachen das erste Forum mit dem Titel Bergbau 4.0 mit 120 Teilnehmern durchgeführt. Am zweiten Forum im November 2017, ausgerichtet in Zusammenarbeit mit der DMT GmbH & Co. KG und dem VDMA Mining, nahmen schon mehr als 190 Teilnehmer aus 16 Ländern teil. Das Forum behandelt als Smart Mining Conference strategische Fragestellungen und Umsetzungsmöglichkeiten von Industrie 4.0 in der Bergbaubranche nicht allein auf wissenschaftlicher Ebene. Ziel ist deutlich zu machen, dass die deutsche Bergbauzulieferindustrie nur dann am internationalen Markt bestehen kann, wenn sich zuverlässige Technologie mit Hightech und innovativen Geschäftsmodellen zu neuen Produkten verbindet.
Ein wesentliches Thema dabei sind automatisierte und autonome Systeme, die sich unter den rauen Bedingungen des Bergbaus bewähren.  „Wir untersuchen verschiedene grundlegende Aspekte für die Entwicklung autonomer Gewinnungssysteme im Tief- und Tagebau wie auch im Tiefseebergbau: Diese umfassen beispielsweise die untertägige Lokalisierung, Positionierung und Navigation, Materialerkennung und Schneidtechnik. Unser Institut macht sich seit Jahrzehnten schon die Sensortechnik zunutze, um aus diesen Daten Informationen zu gewinnen, die für andere Prozesse nutzbar sind“, erläutert Clausen.
Im letzten Jahr übernahm das Aachener Institut auch den Vorsitz der EUREG, der European Rock Extraction Research Group. Sie ist ein Forschungsbündnis von RWTH, TU Bergakademie Freiberg, TU Clausthal und der Montanuniversität Leoben auf dem Gebiet des Lösens von Gestein im Berg- und Tunnelbau.

Im Dezember 2018 veranstaltete das AMT hierzu gemeinsam mit dem VDMA Mining eine internationale Konferenz zum Thema „High Performance Mining“, bei der Best-Practice-Beispiele für Produktivitätssteigerungen und Performance Improvements sowohl von Betreibern als auch von Technologieanbietern vorgestellt und diskutiert wurden. Mit diesem neuen Konferenzformat wurde eine Plattform zum Austausch darüber geschaffen, was Hochleistungsbergbau unter den aktuellen sozio-ökonomischen Bedingungen bedeutet und wie Wertschöpfung im Bergbau durch den Einsatz von Technologie nachhaltig sichergestellt werden kann. Die Veranstaltung war ein großer Erfolg mit 175 Teilnehmern aus 22 Ländern, 21 Sprechern und 16 Ausstellern.