Alles rund um Aachen

Im Notfall kommt es auf jede Sekunde an. Welche Verletzungen oder akuten Erkrankungen liegen beim Patienten vor? Welche direkte Diagnose führt zur bestmöglichen Behandlung? All diese Aspekte spielten eine Rolle, als sich die Stadt Aachen vor vier Jahren dazu entschloss, als erste Kommune in ganz Deutschland das Modell des Telenotarzt-Dienstes einzuführen. Der Telenotarzt hat sich in Aachen bewährt, weswegen Dr. med. Stefan Beckers, Ärztlicher Leiter des Rettungsdiensts der Stadt Aachen im November bei einer Diskussionsrunde des Zentrums für Telematik und Telemedizin GmbH (ZTG) im Rahmen der Gesundheits-Fachmesse MEDICA 2018 teilgenommen hat, um aus erster Hand über die Erfahrungen in Aachen zu berichten.

Erst kürzlich hat NRW-Gesundheitsminister Laumann angekündigt, die Ergänzung der Notfallversorgung durch den Telenotarzt flächendeckend in Nordrhein-Westfalen ermöglichen zu wollen. Das System ermöglicht einem Einsatzteam vor Ort, einen ausgebildeten und hochqualifizierten Notarzt via Mobilfunk zu einem Einsatz hinzuzuschalten. „Durch den Telenotarzt ist eine effizientere Nutzung der Ressource Notarzt möglich. So ist der ‚konventionelle' Notarzt verfügbarer für lebensbedrohliche Einsätze, bei denen seine manuellen Fertigkeiten erforderlich sind. Im Aachener System war eine Reduzierung der Notarzt-Quote um mehr als 50% möglich", berichtete Beckers.

Von der Einsatzstelle empfängt der Telenotarzt an einem leitstellennahen Arbeitsplatz Vitaldaten des Patienten, Fotos und Videos und kann in direkter Kommunikation mit dem Rettungsdienstfachpersonal lebenswichtige Entscheidungen für die weitere Behandlung des Patienten treffen. Dabei fungiert der Telenotarzt als Ergänzung des bereits bestehenden fahrenden und fliegenden Rettungsdienstes.

Im April 2014 ging das System – entwickelt von P3 telehealthcare in Kooperation mit der Uniklinik und Instituten der RWTH Aachen – an den Start. Über vier Jahre nach Einführung sind alle von dem funktionierenden System überzeugt. „Anfangs bestand eine gewisse Skepsis gegenüber der technischen Machbarkeit und Stabilität. Die Systemstabilität hat sich bewährt und die Unterstützungsmöglichkeiten haben sich noch weiterentwickelt. Letztlich handelt es sich aber nicht um die Einführung eines „Gerätes", sondern man steigt in einen Change-Management-Prozess ein, da an vielen Stellen der Prozesskette Anpassungen notwendig werden und dies begleitet werden muss", sagte Beckers. 

Auf der Fachmesse erklärte Beckers weiter: „Die Dokumentation durch den Telenotarzt ist vollständiger als durch den Notarzt. Das selbständige Arbeiten der Rettungsteams kann durch Delegation auch in Zeiten des Notfallsanitäters gewährleistet werden. In Bezug auf die Qualität können wir nach über 12.000 behandelten Patienten festhalten: Es besteht die direkte Verfügbarkeit notärztlicher Kompetenz im Einsatz und eine erhöhte Patientensicherheit ist durch ärztliche Echtzeit-Supervision gegeben. Des Weiteren haben wir eine nachgewiesen bessere Dokumentationsqualität, was die Transparenz in der Versorgung erhöht."