Alles rund um Aachen

Den perfekten Ausgleich hat Norbert Preuth schon vor einigen Jahren für sich entdeckt. Wenn er dem Stress des Alltags einmal für eine Weile entfliehen, dem Kopf eine Auszeit gönnen will, dann schwingt er sich auf seinen Deutz-Traktor und tuckert über die Feldwege rund um seine Heimat Übach-Palenberg. „Der Traktor ist Jahrgang 1952, so wie ich", sagt Preuth mit dem für ihn so typischen verschmitzten Lächeln.  

Foto: © Stadt Aachen / Stefan Herrmann - Geht nach 41 Jahren im Dienst der Stadt Aachen in den Ruhestand: Norbert Preuth, Leiter des Fachbereichs Geoinformation und Bodenordnung.

Der langjährige Leiter des städtischen Fachbereichs Geoinformation und Bodenordnung ist Zeit seines beruflichen Lebens nie ein Lautsprecher gewesen, nie jemand, der die große Bühne brauchte, um das zu tun, was ihm über die vielen Jahrzehnte hinweg eine wahre Herzensangelegenheit geworden ist: seinen Job. Und so verpackt er seinen bevorstehenden Abschied auch elegant in diese Botschaft über das Alter seines Traktors.

Ein wenig Wehmut schwingt mit

Das richtige Maß finden, für Norbert Preuth – den städtischen Vermessungsdirektor – gehört das regelrecht zur DNA seines Wirkens. Zum 31. Juli 2018 geht er in den Ruhestand. Nach über 48 Jahren im Berufsleben, davon 41 Jahre bei der Stadt Aachen. „Klar, Wehmut schwingt in so einem Moment mit", gibt der 66-Jährige unumwunden zu. „Aber langweilig wird mir auch im neuen Lebensabschnitt sicherlich nicht", fügt er schnell an. Und dann blitzt es wieder auf, dieses verschmitzte Lachen. Norbert Preuth hat Pläne. So wie immer. Und er geht sie an. Mit Maß, versteht sich.

Im August 1970 hat Preuth eine Ausbildung zum Vermessungstechniker in einem Ingenieurbüro in Alsdorf begonnen. Anschließend studierte er Vermessungswesen in Essen. Nach kurzen Zwischenstationen in einem Vermessungsbüro und bei der Bezirksregierung Düsseldorf wechselte der gebürtige Übach-Palenberger zum 1. Juni 1977 schließlich zur Stadtverwaltung Aachen. Dort, im Vermessungs- und Katasteramt, machte Preuth dann immer weiter Karriere, bis er zunächst die Ko-Fachbereichsleitung und, ab Gründung der Städteregion 2009, die Leitung des neu zugeschnittenen Aachener Fachbereichs Geoinformation und Bodenordnung übernahm.

Letztes Großprojekt: Kornelimünster-West

Es ist, das weiß auch Norbert Preuth, ein Fachbereich, der eher selten im Fokus der Öffentlichkeit, im Zentrum politischer Debatten steht. Ein Grund dafür liegt womöglich darin, dass dort so vertrauensvoll und in Kooperation mit vielen anderen Akteuren zusammengearbeitet wird, dass man am Ende langwieriger und komplexer Prozesse bei oberflächlicher Betrachtung glatt übersehen mag, wie wichtig das Know-how und die intensive Arbeit der 26 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des FB62 – so das verwaltungsinterne Kürzel des Fachbereichs – gewesen ist. Das Steckenpferd von Norbert Preuth war in den vergangenen Jahren vor allem die sogenannte Baulandumlegung. „Dabei handelt es sich gewissermaßen um Grundstückstauschgeschäfte", erklärt Preuth. Die sind zum Beispiel nötig, um neue Wohngebiete verwirklichen zu können. Unzählige private und gewerbliche Eigentümer, weitere Akteure und Institutionen wie Kirchen und Behörden kommen dann am Verhandlungstisch zusammen. „Dabei ist es uns in Aachen in all den Jahren stets gelungen, einvernehmliche Regelungen zu treffen. Das ist keine Selbstverständlichkeit!", sagt Preuth nicht ohne Stolz. Das jüngste Ergebnis zeigt sich beim geplanten Neubaugebiet Kornelimünster-West. Preuth ist extra noch ein halbes Jahr länger im Job geblieben, um diese Baulandumlegung abzuschließen. „Bei solchen Verfahren kommt es vor allem auf Vertrauen an. Dieses hatten wir unter allen Beteiligten aufgebaut, und haben es nun zu einem guten Abschluss gebracht. Der Stadt Aachen sind alle Straßenflächen zugeteilt worden. Kornelimünster-West kann nun gebaut werden", sagt er zufrieden. In diesem Fall hat Preuth maßgeblich dazu beigetragen, 15 beteiligte Eigentümer zusammenzubringen und für die Stadtentwicklung notwendige Grundstückstauschgeschäfte unter Dach und Fach zu bringen. Bei anderen Verfahren waren es sogar schon über 80 involvierte Eigentümer. Es überrascht wenig, dass Preuth im selben Atemzug die Teamarbeit, die dahinter steckt, betont. Das gelingt ihm – wie könnte es anders sein – ganz elegant und mit dem richtigen Augenmaß.

Die Vermessung von Aachen

So werden unter Beteiligung des Fachbereichs Geoinformation und Bodenordnung neue Wohn- und Gewerbegebiete vorbereitet. Aber nicht nur das. Auch die Neu- und Umbenennung von Straßennamen sowie der Vergabe der Hausnummern liegt in den Händen des Fachbereichs. Rund 1500 Straßennamen gibt es in Aachen. Über 100, schätzt Preuth, sind dabei in seiner Zeit bei der Stadt neu- und umbenannt worden. Ein weiterer großer Aufgabenbereich umfassen die umfangreichen Geoinformationen. Man könnte vereinfacht auch sagen: die Vermessung und Kartierung von Aachen. „Geoinformationen sind die Grundlage für fast jede Entscheidung einer Stadt: Wo soll, wo kann eine Kindertagesstätte gebaut werden? Wo können neue Straßen entlanglaufen?", nennt Preuth nur einige Beispiele. Entscheidet der Rat über wegweisende Projekte wie zum Beispiel Bebauungspläne für Wohngebiete, bilden Geoinfo-Karten stets die Grundlage für das Votum. Eines der großen Projekte der vergangenen Jahre war die Entwicklung eines komplett überarbeiteten Geoinformationssystems, das unter der Federführung von Preuths Nachfolger Frank Kipka 2017 online gegangen ist. Das Geoportal ist jederzeit abrufbar unter http://geoportal.aachen.de. Dabei handelt es sich keineswegs um ein reines Experten-Werkzeug. Die zahlreichen thematischen Karten bieten allen Bürgerinnen und Bürgern spannende Einblicke in ihre Stadt.

Der Berg ruft

Eine Stadt, die für den Übach-Palenberger Preuth in über vier Jahrzehnten zur zweiten Heimat geworden ist. Eine Herzensangelegenheit. „Ich habe meinen Beruf immer sehr gerne ausgeübt. Würde mich heute jemand fragen ‚Würdest du alles wieder so machen?', dann hieße die Antwort ganz klar: ja! Ich komme gerne zur Arbeit." Was wird sich nun ändern für Norbert Preuth? „Ich fahre seit 41 Jahren mit dem Zug von Übach-Palenberg nach Aachen", erzählt der Pendler. Künftig wird er wohl mehr Zeit in anderen Gefährten verbringen. Zum Beispiel in seinem Wohnwagen. In wenigen Tagen geht es darin mit seiner Frau Bettina in Richtung Alpen. „Ich stehe der Bergziege nämlich näher als dem Deichschaf", sagt er schmunzelnd. Doch auch andere Ziele schweben ihm schon vor. Dazu musiziert er leidenschaftlich, liebt Brass- und Bigband-Musik. Und dann wäre da ja noch der Traktor, Jahrgang 1952. So wie er. Norbert Preuth wird all das mit dem richtigen Maß angehen.  

Weitere Infos:

Den Leitungsposten des Fachbereichs Geoinformation und Bodenordnung übernimmt ab dem 1. August Frank Kipka. Der 58-jährige gebürtige Wuppertaler lebt seit 33 Jahren in Aachen und arbeitet seitdem bei der Stadtverwaltung. Seit 2009 ist er stellvertretender Leiter des FB62.