Stolberg

„Arbeitskampf und Krise in der Stolberger Zinkhütte in Münsterbusch 1924-1933". Zum 900jährigen Jubiläum der Kupferstadt Stolberg präsentiert das Stadtarchiv monatlich ein Archivale aus einem Stadtteil. Von A wie Atsch bis Z wie Zweifall werden in dreizehn Folgen Stadtteilgeschichten erzählt und Illustriert mit Annoncen aus dem ‚Stolberger Generalanzeiger' von 1898. Münsterbusch kam als Büsbacher Ortsteil im Jahr 1935 mit der Eingemeindung Büsbachs nach Stolberg. Schon zuvor waren Stolberg und Büsbach eng verzahnt und verbunden. Dies dokumentiert nicht zuletzt die Akte ST 2504. Ihr Inhalt sind Dokumente, darunter zahlreiche Zeitungsausschnitte, bezüglich drohender Betriebsschließungen und Streiks.

Das Archivale des Monats ist eine Seite der kommunistischen ‚Arbeiter-Zeitung' für den Raum Aachen von 1931. Sachlich wie rhetorisch kämpften die kommunistischen Arbeiter und ihre Gewerkschaften mit harten Bandagen. „Ungebeugter Siegeswille der Zinkarbeiter!" lautet die Schlagzeile der Ausgabe vom 30. April 1931. Die späten 1920er waren allgemein eine Zeit starker ideologischer und tatsächlicher Kämpfe zwischen links- wie rechtsextremen politischen Kräften. Interessant klingen auch die Unterzeilen „Wachsende Streikfront trotz Terror und Hetze – Streikdemonstration vor dem Stolberger Rathaus – Lohnräuberparteien stimmen kommunistische Unterstützungsanträge nieder [...]". Sorge um Lohn und Arbeitsplatz waren seit Jahren allgegenwärtig. „Lohnraubpläne" wurden unterstellt.

Ursache für die Krise der Münsterbuscher Zinkhütte war der seit 1924 rapide sinkende Preis für Zink und Blei. Stolbergs Industrie war exportorientiert. Die Arbeitnehmerschaft sank unter anderem wegen mangelnder Konkurrenzfähigkeit von 7.600 Arbeitnehmern 1927 auf 4.200 im Jahre 1931. Die seit 1834 ununterbrochen betriebene Zinkhütte musste um ihr Überleben kämpfen. Um eine ökonomisch vertretbare Lösung der Krise kämpfte die Geschäftsführung, während die Gemeindeverwaltungen das soziale Wohl der Arbeiter und ihrer Familien im Fokus hatten und auch die drohende Belastung für den Haushalt nicht außer Acht lassen konnten. Es tobten heftige Auseinandersetzungen zwischen Geschäftsführung, Betriebsrat und Gewerkschaften.

Die „Stolberger Zeitung", katholisch geprägt, schrieb beispielsweise wenige Tage zuvor „Es wurden Dinge als Wahrheit weiter erzählt, die von jedem denkenden Menschen als Unsinn hätten erkannt werden müssen". Dramatisch wie ein Krimi lesen sich die Dokumente der Akte, worin objektive Wahrheit und interessengeleitete Rhetorik schwer zu scheiden sind. Gegenüber belgischer und polnischer Konkurrenz hatte die „AG für Bergbau, Blei- und Zinkfabrikation zu Stolberg und in Westfalen" jedenfalls keine gute Stellung. Es kam zu Streiks und Aussperrungen; wilde Streiks, passiver Widerstand und Aufruf zu Gewalt veranlassten die Geschäftsführung zu Entlassungen. Bürgermeister Dobbelmann bemühte sich erfolgreich um Vermittlung zwischen Geschäftsführung und Arbeitnehmerschaft. Intensiv auch beim Reichswirtschaftsministerium um die Einführung von Zink- und Bleizöllen zum Schutz der deutschen, der Stolberger Zinkindustrie, aber ohne Erfolg. Die Krise wurde nur noch verschärft durch die Weltwirtschaftskrise 1929. Im Jahr 1931 drohte die vollständige Schließung inklusive der Bleihütte Binsfeldhammer, was zweitausend Arbeiter und Angestellte arbeitslos gemacht hätte. Viele Werke des Unternehmens außerhalb Stolbergs waren schon geschlossen worden, die Hütte Birkengang schloss 1931.

Durch finanzielle Unterstützung der Reichsregierung ab 1932 konnte die Krise abgewendet und die „Stolberger Zink", wie der Betrieb abgekürzt seit 1938 genannt wird, überlebte. Nach 133 Jahren endete die Zinkfabrikation in Münsterbusch und die Bleihütte Binsfeldhammer wurde 1971 ausgegliedert. Noch nicht wissenschaftlich vollständig untersucht ist die Geschichte rund um diesen Arbeits- und Überlebenskampf der ältesten, beständigen Zinkhütte in Deutschlands Westen.

Das Stadtarchiv beherbergt und sammelt als Historisches Kompetenzzentrum und ‚Gedächtnis der Stadt' Akten, Urkunden, Bilder, Bücher, Zeitungen, Nachlässe und andere Sammlungen der Stadtgeschichte. Historische Unterlagen aus allen Stadtteilen stehen dort interessierten Bürgern für Forschung, Wissenschaft und Bildungsarbeit zur Verfügung.