Alles rund um Aachen

„Ich glaube, dass man über die Schulsozialarbeit ganz viel bewegen kann. Am Lebensort Schule halten sich die Kinder und Jugendlichen einen großen Teil des Tages auf. Da bringen sie auch den kompletten ‚Rucksack' mit, alle Stärken, Schwächen, Probleme, auch familiäre", ist Heinrich Brötz, Leiter des städtischen Fachbereichs Kinder, Jugend und Schule überzeugt. In Aachen sei man schon sehr früh pilotprojektmäßig unterwegs gewesen: Bereits 1990 wurden erste kommunale Mittel bereitgestellt und fünf Stellen eingerichtet. Mittlerweile sind es 35 Sozialpädagoginnen und -pädagogen auf 27,5 kommunalen Stellen. Hinzu kommen noch zehn Stellen die das Land NRW an Aachener Schulen zur Verfügung stellt. Im kommenden Jahr wird das kommunale Kontingent um zwei weitere Stelle aufgestockt.

Der Einsatz erfolgt an 21 Grundschulen, drei Förderschulen, einer Hauptschule, drei Realschulen, vier Gesamtschulen und einem Gymnasium. Darüber hinaus wurden im Schuljahr 2016/2017 erstmals an zwei Gymnasien in städtischer Trägerschaft regelmäßige wöchentliche Beratungstage im Rahmen von Schulsozialarbeit installiert. Wegen der positiven Erfahrungen wird dieses Modell im Schuljahr 2017/2018 auf ein weiteres städtisches Gymnasium ausgedehnt. „Im Vergleich mit anderen Kommunen sind wir hier sehr gut aufgestellt", weiß Brötz.

Im Jahr 2016 gab es erstmals eine umfassende und flächendeckende Befragung zur Überprüfung der Akzeptanz und Wirksamkeit zur Schulsozialarbeit. „Auch hier sind wir – scheinbar – Vorreiter, zumindest was die Systematik und die hohe Beteiligung angeht. Wir bekommen aus anderen Kommunen schon Anfragen", freut sich der Fachbereichsleiter über das gute Ergebnis. Die Befragung, die in diesem Jahr intensiv ausgewertet wurde und nun auch in detaillierter, gedruckter Fassung vorliegt, konzentrierte sich im Wesentlichen auf die, im Kinder- und Jugendförderplan der Stadt Aachen 2015-2020, für Schulsozialarbeit definierten Handlungsziele, Maßnahmen und Wirkungskriterien.

Adressaten und Rücklauf der Befragung

Angesprochen waren insgesamt 35 Schulen aller Schulformen im Primar- und Sekundar I-Bereich, an denen Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter in städtischer Trägerschaft tätig sind. 32 Schulen unterstützten das Vorhaben und beteiligten sich. Befragt wurden mittels Fragebögen alle Schülerinnen und Schüler der 2. bis 9. Schuljahre, sowie alle Lehr- und Fachkräfte, die an den Schulen pädagogisch mit den Kindern und Jugendlichen arbeiten. „Der Rücklauf war ausgesprochen hoch", freut sich Ruth Comos, Teamleiterin „Schulsozialarbeit". 5.537 verwertbare Schüler-Fragebögen, davon 2.429 aus Grundschulen, und 566 Lehr- und Fachkräfte-Fragebögen wurden ausgewertet. Dabei waren die Fragen unterschiedlich, der jeweils befragten Gruppen angepasst: „Die Grundschülerinnen und -schüler hatten einen zweiseitigen Bogen, mit eher einfach gestellten Fragen. Die Jugendlichen an den weiterführenden Schulen hatten noch einen Bogen zu Mobbing und Cybermobbing dabei. Alle Lehr-, Fachkräfte und Schulleitungen hatten einen einheitlichen Bogen", beschreibt Comos die Abfragen.

Ergebnisse der Befragung

Die Rückläufe wurden zunächst schulscharf erfasst und ausgewertet. Alle Schulleitungen sowie Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter erhielten detaillierte Ergebnisse der Befragung ihrer Kollegien und Schülerschaft. „Für die Schulen waren diese Ergebnisse auch eine Grundlage für schulinterne Gespräche", weiß Brötz. Anschließend erfolgte eine anonymisierte Zusammenfassung aller Datensätze, um die Gesamtauswertung zu erstellen.

Bekanntheitsgrad, Inanspruchnahme und Zufriedenheit

98 Prozent der Grundschülerinnen und -schüler sowie 95 Prozent der Sekundarschülerinnen und -schüler kennen die Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter ihrer Schule. Weniger als ein Drittel der Befragten sieht für sich persönlich keinen Grund oder Anlass dafür, die Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter aufzusuchen, alle anderen geben mindestens einen Grund an. 95 Prozent der Kinder und Jugendlichen bewerten ihren Kontakt zur Schulsozialarbeit positiv, nur fünf Prozent äußern sich unzufrieden. Die meisten wählen gleich mehrere positive Antwortoptionen. Auch die Wirksamkeit wird bestätigt durch die Aussagen „er/sie hat mir geholfen" und „er/sie hat mich unterstützt, Lösungen zu finden". Als Kontakt bei Konflikten und Streit rangieren die Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter bereits an Platz drei, nach Lehrkräften und Mitschülerinnen und -schülern. Allein bei der Erreichbarkeit der Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter gab es etwas Unzufriedenheit.

Streit, Konflikte, (Cyber-)Mobbing

Die Ergebnisse der Befragung zur Häufigkeit von Streit- und Konfliktsituationen am Lern- und Lebensort Schule sind frappierend. Sie zeugen ebenso wie die Werte zum Themenkomplex (Cyber-)Mobbing von hoher Aktualität und Relevanz. So sehen sich 271 Kinder und Jugendliche selbst bereits schon einmal als Opfer von Mobbing oder Cybermobbing. 277 sagen von sich, sie seien an (Cyber-)Mobbing gegenüber Mitschülerinnen und -schülern beteiligt gewesen. Die Schulsozialarbeit muss auch künftig, in Abstimmung und Kooperation mit den anderen Professionen an Schulen, mit präventiven und intervenierenden Maßnahmen (re)agieren. „Hier waren wir schon überrascht, dass das Thema Streit und Konflikt so im Vordergrund steht. Auch, dass so viele Jugendliche – wenn auch anonym – zugeben, einmal bei Mobbing aktiv mitgemacht zu haben, hat uns erstaunt", erklärt Brötz.

Bildung und Teilhabe (BuT)

Zum Leistungsbereich Bildung und Teilhabe (BuT) wurden nur die Lehr- und Fachkräfte befragt. Die Ergebnisse belegen, dass Schulsozialarbeit ihrer Aufgabe nachkommt, sowohl die Lehr- und Fachkräfte als auch die Sorgeberechtigten zu informieren und bei der Antragstellung zu unterstützen. Darüber hinaus wird bestätigt, dass sich die Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter mit den Möglichkeiten und Leistungen des BuT auskennen und mit den Bewilligungsbehörden kooperieren. Die Befragung erzielte bei der Wirksamkeit der Leistungen im Bereich der Lernförderung und der Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben jedoch niedrigere Werte als erwünscht. In Bezug auf die bundesweit in 2011 zur Einführung des Instrumentariums Bildung und Teilhabe gesetzten Ziele bleiben von daher noch Fragen offen. „Das heißt, es lässt sich schwer nachprüfen. Oft wissen Lehrkräfte auch gar nicht, dass ein bestimmtes Kind gezielt Förderung bekommt", so Comos.

Lehr- und Fachkräfte

Ein Großteil der befragten Lehr- und Fachkräfte gibt an, dass sie sich durch Schulsozialarbeit selbst entlastet fühlen, sich die Kooperation mit anderen Institutionen, zum Beispiel dem Fachbereich Kinder, Jugend und Schule verbessert, sich die Arbeit mit Eltern leichter gestaltet, Probleme und Krisen des Schulalltags besser bewältigt werden und Schulsozialarbeit dazu beiträgt, das ein gutes Schulklima herrscht.

Fazit

Die Ergebnisse der Evaluation belegen, dass Schulsozialarbeit an allen beteiligten Schulen fester Bestandteil ist und ihre Unterstützungsangebote von zahlreichen Kindern und Jugendlichen sowie von einem Großteil der Lehr- und Fachkräfte in Anspruch genommen werden. Die Werte weisen auf einen hohen Bedarf und eine gute Wirksamkeit von Schulsozialarbeit hin, unabhängig von der Schulform und der Altersstufe der Schülerschaft. „Die Zukunft der Schule ist multiprofessionell", ist Fachbereichsleiter Heinrich Brötz überzeugt, dort würden dann die Lehrkräfte mit den Betreuerinnen und Betreuern aus den offenen Ganztagsschulen, den Therapeutinnen und Therapeuten und eben auch den Schulsozialarbeiterinnen und -arbeitern Hand in Hand arbeiten.

Die komplette Evaluation ist zu finden unter www.aachen.de/schule, rechte Spalte, Link zur „Schulsozialarbeit".