Alles rund um Aachen

„Wir wollen nie mehr in die Situation kommen, in der wir im Sommer 2015 gewesen sind“, sagte der städtische Beigeordnete Professor Dr. Manfred Sicking in einem Pressegespräch zu aktuellen Sachstand der Flüchtlingsunterbringung am heutigen Montag (28. November 2016). Damals stand die Stadt Aachen vor der Herausforderung, innerhalb von zwei Tagen plötzlich 300 Flüchtlinge unterzubringen und zu versorgen.

Aachen erfüllte alle Anforderungen der Bezirksregierung
Das war erst der Anfang - bis zum Frühjahr 2016 kam ein stetig wachsender Strom von Landes- aber auch zugewiesenen Flüchtlingen nach Aachen. Zu Hoch-Zeiten wurden täglich regelmäßig zwischen 30 und 50 Personen aufgenommen und betreut. Durch das Engagement von Mitarbeitern aus verschiedenen Fachbereichen der Stadtverwaltung, mit Unterstützung des DRK und insbesondere durch die Einsatzbereitschaft einer Vielzahl von ehrenamtlich Tätigen wurde die Aufnahme und Betreuung auch dieser Personen ermöglicht. Damit erfüllte die Stadt Aachen alle Anforderungen der Bezirksregierung, während etliche andere Kommunen in NRW in ähnlichen Fällen um Aufschub bei der Unterbringung baten.

Und nicht nur das: Die Kraftanstrengung führte dazu, dass sich die Unterbringungssituation in Aachen heute entspannt zeigt. Während andere Kommunen noch Turnhallen belegt haben oder sogar aktuell noch belegen konnten in Aachen bereits vor Monaten alle Notunterkünfte geräumt werden. Zum 1. November betrug die Zahl der in Aachen untergebrachten Flüchtlinge 2.364 Personen. Hiervon waren 978 in den städtischen Übergangsheimen und 1.386 Menschen in Einzelwohnungen untergebracht.

Anmietung von 100 Wohnungen nach der Richtlinie „Flüchtlinge“
„Wir stehen gut da“, bestätigte auch Rolf Frankenberger, Leiter des städtischen Fachbereichs Wohnen, Soziales und Integration, und dankte in diesem Sinne seinen Vorgängern aus dem Wohn- und Sozialbereich Johann Körfer und Heinrich Emonts, „die sehr vorausschauend und durch eine außergewöhnlich gute Zusammenarbeit erreicht haben, dass die Stadt in besonderem Maße von den Fördergeldern des Landes“ profitieren könne. Entsprechend habe der Wohn- und Liegenschaftsausschuss in seiner Oktober-Sitzung den Abschluss von acht Globalmietverträgen für die Anmietung von insgesamt 100 Wohnungen nach der Richtlinie „Flüchtlinge“ bestätigt. Vermietet werden die Wohnungen zunächst ausschließlich an Flüchtlinge. Sobald aber hierzu kein Bedarf mehr besteht, werden die Wohnungen in den öffentlich geförderten Wohnungsmarkt übergeleitet.

Reguläre Zuweisungen sind in diesem Jahr nicht mehr zu erwarten
Eine Prognose für den zukünftigen Bedarf abzugeben, hält Professor Dr. Manfred Sicking für sehr schwierig. „Das hängt von vielen Faktoren ab“, erklärte er. Nach Angaben des MIK (Ministerium für Inneres und Kommunales NRW) kommen jedoch wöchentlich weiterhin zwischen 1000 und 1600 Flüchtlinge nach NRW. Nach wie vor habe die Stadt Aachen die nach dem „Königsteiner Schlüssel“ errechnete Quote, nach der den Kommunen Flüchtlinge zugewiesen werden, übererfüllt. Reguläre Zuweisungen seien deshalb in diesem Jahr nicht mehr zu erwarten. Aufnahmen erfolgten derzeit nur im Rahmen von Familienzusammenführungen oder von unerlaubt eingereisten Menschen, die einen Abschiebungsschutz geltend machten.

Für das kommende Jahr geht die Stadt von einer mittleren Prognose von 75 Menschen pro Monat aus. Zudem wird der Wegfall der 1.000 Plätze in der Landeseinrichtung am Westbahnhof zum 31. Januar berücksichtigt. Diese Plätze werden derzeit 1:1 auf die Quote der Stadt Aachen angerechnet. Gesetzlich vorgesehen ist ein Abschmelzen der Anrechnung von jeweils 200 Plätzen in den Monaten Februar bis Juni, so dass ein entsprechender weiterer Anstieg der zugewiesenen Flüchtlinge möglich ist.

Notwendigkeit, weiteren Wohnraum zu beschaffen
Rolf Frankenberger: „Ob sich die Aufgabe der Landeseinrichtung am Westbahnhof aber tatsächlich wie ausgeführt auf die Anzahl der aufzunehmenden Menschen auswirkt, ist nur schwer einzuschätzen. Die landesweit abgebauten Plätze sind nur teilweise belegt. Zudem gibt es eine Vielzahl von Kommunen, die nach dem Königsteiner Schlüssel vorrangig Menschen aufnehmen müssen.“ Aber: Für das Jahr 2017 zeichnet sich vermutlich im Frühjahr die Notwendigkeit ab, weiteren Wohnraum zu beschaffen.

Derzeit wird versucht, diesen Bedarf durch Verhandlungen über die weitere Nutzung nur befristet zur Verfügung stehenden Wohnraums zu decken. Gleichzeitig werden Teile des Schulkomplexes Kronenberg zur kurzfristigen Herrichtung als Gemeinschaftsunterkunft vorgehalten. Von einer weiteren Vorhaltung der Schule Barbarastraße wird dagegen angesichts eines dringenden Bedarfs im Schulbereich abgesehen. Gleiches gilt für das Gebäude an der Nizzaallee, dessen Herrichtung hohe Kosten verursacht hätte.

Anlage auf dem Sportplatz Adenauerallee ist noch nicht in Betrieb
Sandra Knabe, Abteilungsleiterin „Übergangswohnen“ im Fachbereich Wohnen, Soziales und Integration, erläuterte kurz die aktuelle Unterbringungssituation der Flüchtlinge in Aachen. Die auf dem Gelände der Dr. Leo-Löwenstein-Kaserne am Kornelimünsterweg aufgestellten Wohneinheiten sind danach weitestgehend belegt. Weitere Container werden auf dem Parkplatz vorerst nicht aufgestellt. Die Anlage auf dem ehemaligen Sportplatz Adenauerallee ist bislang noch nicht in Betrieb genommen. Die Belegung setzt den Rund-um-die-Uhr-Einsatz von Personal vor Ort voraus und ist daher mit entsprechend hohen Kosten verbunden. Derzeit gibt es in den übrigen Einrichtungen noch ausreichende Kapazitäten, so dass noch keine Notwendigkeit zur Belegung der so genannten „Spaceboxen“ besteht.

Das im November 2015 erworbene Objekt in der Tempelhofer Straße wurde zwischenzeitlich hergerichtet. Die erforderlichen TÜV-Abnahmen stehen unmittelbar bevor. Auch das Objekt Debyestraße steht kurz vor der erforderlichen Abnahme. Grundsätzlich werden in der Turnhalle der Körner-Kaserne, dem Spielcasino (bis zum Beginn der Umbauarbeiten) und vier Turnhallen,  die innerhalb kurzer Zeit zur Unterbringung von Flüchtlingen hergerichtet werden können, verschiedene Notfalloptionen für insgesamt rund 600 Menschen vorgehalten.

Im Frühjahr wird es spannend
Aber auch Sandra Knabe ist auf die kommenden Monate gespannt: „Im Frühjahr wird es spannend. Erst dann wird sich für uns die Frage klären, wie sich die Aufgabe der Landeseinrichtung auf die zur Verfügung stellenden Plätze in Aachen auswirkt und ob die von uns vorbereiteten Plätze für die Flüchtlinge ausreichen werden.“