Alles rund um Aachen

Bequeme Sessel, gedeckte Tische, frischer Kaffee – und ganz viele Informationen, Beratung und ein reger Austausch, alles komplett niedrigschwellig: Dies prägt die so genannten Elterncafés, die es seit dem Beginn des laufenden Schuljahres an den städtischen Gemeinschaftsgrundschulen (GGS) Am Haarbach und Driescher Hof etabliert sind – als „Herzstück“ des Pilotprojekts Familiengrundschule. Hier treffen sich Mütter und ab und an Väter zwei Mal pro Woche zwanglos, stellen Fragen, diskutieren zu Eltern- oder Erziehungsthemen, lassen sich in Einzelgesprächen beraten, tauschen sich aber auch gegenseitig aus. „Die Eltern werden aktiv in das System Schule reingeholt“, erläutert Susanne Schwier, Beigeordnete für Bildung und Kultur, Schule, Jugend und Sport der Stadt Aachen. Die Dezernentin weiter: „Viele Familien haben Schwierigkeiten, ihre Kinder zu erziehen, aber alle wollen das Beste für die Kinder. Mit einem solchen Projekt wie der Familiengrundschule, können wir gemeinsame Erziehung und Begleitung besser gestalten.“ 

Der Bildungserfolg von Kindern hängt maßgeblich vom Engagement der Eltern in der Schule ab und von einer regelmäßigen und konstruktiven Zusammenarbeit von Schule und Familie profitieren alle: Kinder sind lernbereiter und erzielen bessere Leistungen, Eltern identifizieren sich mehr mit der jeweiligen Schule und die Lehrkräfte werden so im Unterrichten unterstützt. „Ich bin gerne hier, ich lerne ganz viel, ich stehe nicht mehr vor der ‚Wand‘ Schule“, so einige Aussagen der Mütter, die dankbar für die Hilfe und den Austausch sind.

Mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen im Programm „NRW hält zusammen – ein Leben ohne Armut und Ausgrenzung“ und auf der Basis der Präventionsstrategie „KiM – Kinder im Mittelpunkt“ hat die Stadt Aachen die beiden Grundschulen im Modellprojekt „Familien im Mittelpunkt – Familiengrundschule Aachen“ entwickelt. Die Förderung ist bis zum 31. Dezember 2016 durch das Land NRW gesichert. Das Konzept der Familiengrundschule wurde nicht vorgegeben, sondern gemeinsam erarbeitet. Als sehr hilfreich haben sich gemeinsame Workshops, nach dem Motto „alle an einen Tisch“ erwiesen: Lehrer, Eltern, Einrichtungen der Familienbildung, Schulsozialarbeit, die OGS, die Sozialraumteams, Vertreter der Stadtteilkonferenzen – alle arbeiteten gemeinsam am Konzept. Sogar die Kinder wurden gefragt, was sie sich von der Familiengrundschule wünschen.

Passgenaue Angebote entwickelt
So konnten an beiden Schulen passgenaue Angebote gemeinsam mit Einrichtungen der Familienbildung – INVIA Aachen e.V., dem DRK Kreisverband Städteregion Aachen e.V. und der AWO Aachen für die Schule Am Haarbach und dem Helene-Weber-Haus und dem Martin-Luther-Haus für die GGS Driescher Hof – entwickelt werden. Diese Einrichtungen stellen auch je eine Elternbegleiterin aus der Familienbildung (Bundesprogramm „Elternchance ist Kinderchance“), sie ist die erste Ansprechpartnerin und sichert die Kontinuität des Elterncafés. Sie sucht das Gespräch, geht auf Eltern zu, organisiert mit ihnen gemeinsam Aktionen.

Vorbild sind die Familienzentren in NRW. „Sie sind eine Erfolgsgeschichte, weil Familien dort erstklassige Betreuung und Bildung sowie Beratung und Unterstützung erhalten“, weiß Annette Tiltmann, Jugendhilfeplanerin im Fachbereich Kinder, Jugend und Schulde der Stadt, die die Familiengrundschule mitentwickelt hat und nun betreut. Familienzentren stärken die Erziehungskompetenz der Eltern und verbessern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „Beim Wechsel von der KiTa zur Grundschule geht für die Eltern diese intensive Beratungs- und Unterstützungsstruktur zu einem großen Teil verloren“, so Tiltmann. Sie fühlen sich in vielen Erziehungsbereichen –  besonders mit dem Blick auf die schulische Sozialisation – überfordert. Trotz intensiver Elternarbeit fehlen den Grundschulen Ressourcen, um diese wichtige Beratungs- und Unterstützungsfunktion für Familien gewährleisten zu können. Bei den beiden Grundschulen hat Tiltmann damit offene Türen eingerannt: „Ich habe nicht lange nachgedacht und zugesagt“, erklärt Monika Hendrichs, Leiterin der GGS Am Haarbach. Schon lange habe man von einem „Elterncafé geträumt“. Schnell war die Idee geboren, dies zum Herzstück der Familiengrundschulen zu entwickeln. „Als Schule für Familien haben wir uns immer schon gesehen, aber durch das Projekt arbeiten wir jetzt strukturierter, haben Personal dafür“, berichtet Jürgen Gerhards, Schulsozialarbeiter an der GGS Driescher Hof.

Eltern in der Familiengrundschule
Die Einbindung von Eltern bereits in die Planung und die Umsetzung ist ein zentraler Schlüssel für die Familiengrundschule: Eltern, wissen selbst was sie brauchen in ihrer Lebenssituation. Und Eltern eröffnen anderen Eltern neue Zugänge: sie helfen sich untereinander, tauschen sich aus, beraten sich gegenseitig. Als Mentoren können sich Eltern mit den bestimmten Themen wie  Übergangsbegleitung zwischen KiTa und Grundschule, Vorlesepaten und Musik einbringen. Die Bereitschaft der Eltern an beiden Schulen sich ehrenamtlich zu engagieren, ist hoch. Und die Einbindung der Eltern in die Workshops führt zu einer guten Verankerung der Familiengrundschule: Es ist nun auch „ihre“ Familiengrundschule, sie sind aktiver Partner im Prozess. Das Elterncafé ebnet neue Zugänge zum vorhandenen sozialen Unterstützungsnetzwerk und zur Schule. Die Eltern sind in der Schule herzlich willkommen, gestalten mit und werden zum konstruktiven Bildungsbegleiter ihrer Kinder.

Erste Ergebnisse zeigen den Erfolg
Der Start der Familiengrundschulen ist gelungen. Die Schulen haben sich geöffnet, eine Willkommenskultur für Eltern entwickelt. Die Resonanz ist grundsätzlich positiv: Die Eltern tauschen sich aus, es finden intensive Gespräche mit den Fachleuten statt. Die Bandbreite reicht von „Wie gestalte ich den Kindergeburtstag?“ zu „Kommunikation in der Familie“ oder „Wie und wann setze ich meinen Kindern Grenzen?“. Es gibt weiterführende Kurse im Übergang KiTa und Grundschule für Eltern: „Wie funktioniert die Schule?“, heißt ein neues Angebot, über Spenden finanziert. Der Elternkurs „Starke Kinder – Starke Eltern“ bereichert die Eltern an der GGS Am Driescher Hof. Durch externe Ehrenamtler wird montags und dienstags im Rahmen einer Kooperation mit Sozialraumakteuren Unterstützung beim Lernen in und außerhalb der Schule angeboten. Die Information und Vermittlung von Sport- und Kulturangeboten für Kinder und Eltern dient der Vernetzung im Quartier und fördert Bildungs- und Teilhabe.

Auch die Kinder freuen sich, dass ihre Eltern nun in der Schule – einfach so – willkommen sind und nicht nur bei Schulfesten, Sprechtagen oder Elternabenden. Die Schulsozialarbeiter werden vermehrt von Eltern um Rat gefragt. Die konstruktive Zusammenarbeit von freien Trägern der Familienbildung, den Akteuren im Sozialraum, der Stadt Aachen, den Schulen und den Eltern, hat diese Erfolge möglich gemacht: Eltern und Grundschule sind in der Familiengrundschule näher „zusammengerückt“.