Gerichtsnews

Auf der Grundlage des Zensusgesetzes 2011 wurde in Nordrhein-Westfalen eine Bevölkerungs-, Gebäude- und Wohnungszählung (Zensus) durchgeführt. Zum Stichtag 9. Mai 2011 stellte das Land NRW für die Stadt Aachen eine amtliche Einwohnerzahl von 236.420 Personen fest. Dagegen hat die Stadt Klage erhoben (4 K 3000/13), mit der sie sich unter anderem dagegen wendet, dass das Datenmaterial richtig sei. Über die Klage ist noch nicht entschieden. Trotzdem hat das Land NRW erklärt, es wolle die im Rahmen des Zensusverfahrens 2011 erhobenen Daten zum 9. Mai 2015 löschen, weil § 19 des Zensusgesetzes die Löschung spätestens nach vier Jahren vorschreibe.

Dies hat die 4. Kammer mit Beschluss vom 13. April 2015 vorerst bis zu einer Entscheidung über die Klage untersagt.

Zur Begründung heißt es: Es sei zweifelhaft, ob § 19 des Zensusgesetzes verfassungsgemäß sei. Würden die Daten, die Grundlage der amtlich festgestellten Einwohnerzahl sind, vor Abschluss eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gelöscht, sei eine gerichtliche Überprüfung der Feststellung der Einwohnerzahl in tatsächlicher Hinsicht nahezu ausgeschlossen. Das Recht der klagenden Stadt auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes sei aber ebenso verfassungsrechtlich geschützt wie das Recht des Bürgers auf informationelle Selbstbestimmung. Eine Abwägung der gegenläufigen Interessen auf der Grundlage einer Folgenbetrachtung gehe zugunsten der Stadt aus. Ein Aufschub der Datenlöschung wiege nicht so schwer. Ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei schon mit Erhebung und Weiterverarbeitung einschließlich Speicherung der in § 19 des Zensusgesetzes genannten Daten erfolgt. Dieser Eingriff dürfte verfassungsmäßig gewesen sein, weil er durch die legitimen Zwecke des Zensusgesetzes - die Erfüllung staatlicher Planungsaufgaben - gedeckt sei. Die Daten verblieben überdies in der geschützten Sphäre des Landes NRW, so dass Dritte einschließlich anderer staatlicher Stellen keinen Zugriff auf sie hätten. Gegen den Beschluss hat das Land NRW bereits Beschwerde eingelegt, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheidet.

Aktenzeichen: 4 L 298/15

Die Löschung von Mikrozensus-Daten hat die 4. Kammer mit Eilbeschlüssen auch bezüglich der Städte Bad Münstereifel, Baesweiler und Geilenkirchen einstweilen
untersagt, die ebenfalls Klage gegen das Zensusbescheid 2011 erhoben haben.