RWTH

Land NRW und Stifterverband fördern die Digitalisierung

Das NRW-Ministerium für Kultur und Wissenschaft und der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft hatten erneut Fellowships für Innovationen in der digitalen Hochschullehre ausgeschrieben. Im Rahmen dieses Förderprogramms unterstützen sie im Jahr 2018 Lehrende von 15 Hochschulen bei der Einführung digitaler Lehrvorhaben. Acht Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der RWTH Aachen waren in der aktuellen Runde erfolgreich. Das Fördervolumen beträgt jährlich insgesamt rund zwei Millionen Euro. Für die Umsetzung ihrer Konzepte erhalten die Fellows jeweils bis zu 50.000 Euro. Dazu gehören folgende Dozentinnen und Dozenten der Aachener Hochschule:

Professorin Gabriele Gramelsberger, Lehrstuhl für Wissenschaftstheorie

„Aufbau eines Lehrlabors für Computational Science Studies (CSS) für Studie-rende der Wissenschafts- und Technikforschung sowie der Philosophie“

Geistes- und sozialwissenschaftlichen Studierenden soll der Wandel der Wissen-schaft in Digitale Wissenschaft vermittelt werden. Nicht nur die Praktiken und Infra-strukturen wissenschaftlichen Arbeitens verändern sich durch die Digitalisierung, sondern auch das Forschen durchläuft mit den Methoden der Computersimulation und der Big Data Analytik eine grundlegende Transformation. Im Lehrlabor analysieren Studierende diesen digitalen Wandel empirisch wie theoretisch, sie nutzen Software-basierte Tools für Code Studies, sie führen eigene Lehrforschungsprojekte in Kooperation mit Natur- und Technikwissenschaftlern durch.

Das Lehrlabor fungiert als Bestandteil des RWTH-Zentrums für interdisziplinäre Wissenschafts- und Technikforschung und soll mit zwei Pflichtmodulen in dem für 2019/2020 geplanten Masterstudiengang des Zentrums nachhaltig verstetigt wer-den.

Professorin Heidrun Heinke, Lehr- und Forschungsgebiet Experimentalphysik

„VidAMeda – Kompendium mit Lehr-Videos zur Auswertung von Messdaten“

Im Rahmen der Physikpraktika für Nebenfachstudierende verbringen jährlich Hunderte Bachelor-Studierende verschiedener Fachrichtungen außerhalb der Präsenzzeiten wöchentlich mehrere Stunden mit dem Erstellen von ausführlichen Versuchsberichten. Den dabei auftretenden Schwierigkeiten soll mit einem Kompendium von Lehrvideos zur Auswertung von Messdaten begegnet werden. Darin sollen neben Lehrvideos, die handwerkliche Fähigkeiten bei der adäquaten Umsetzung der Darstellung und weitergehenden Auswertung von Messdaten vermitteln, auch Videos vertreten sein, die auf ein Grundverständnis des Umgangs mit Messdaten und Messunsicherheiten abzielen. Damit sollen die studentischen Selbststudienzeiten bei der Nachbereitung der Physikpraktikumsversuche deutlich effizienter und effektiver gestaltet werden, positive Effekte werden auch für das Studium im Hauptfach erwartet.

Dr. Steffen Jöris, Lehr- und Forschungsgebiet Biblische Theologie

„Ein Micro-Bachelor: Zulassungsvoraussetzungen für das Masterprogramm ‚Theologie und globale Entwicklung‘ im E-Learning erwerben“

Das Projekt will ein digitalisiertes Angebot für die Phase der Vorbereitung auf das Masterprogramm „Theologie und Globale Entwicklung", das sich dem Mission-Statement "Meeting Global Challenges" der RWTH verpflichtet sieht, realisieren. Derzeit müssen Studierenden, die das Bachelorstudium Gesellschaftswissenschaften nicht abgeschlossen haben, zusätzliche Leistungen erbringen, um die Masterzulassung zu erlangen. Das geplante Projekt bietet eine Lösung für dieses Problem, indem ein Micro-Bachelor entwickelt wird, der als E-Learning Kurs erlaubt, die notwendigen Inhalte und Creditpoints bereits vor dem Beginn des Masterprogramms zu erwerben und somit das Studium ohne Verzögerungen durchzuführen. Der vorgegebene finanzielle Rahmen wird dank der Zusammenarbeit mit der RWTH-Einrichtung „Medien für die Lehre" ausreichen, um die inhaltliche Organisation und technische Durchführung des Micro-Bachelor zu gestalten.

Professor Aaron Praktiknjo, Juniorprofessur für Energieressourcen und Innovation

„Spielend zum Energieexperten – Virtuelle Energiesytemlabore“

Das Energiesystem ist aktuell in einem rasanten strukturellen Wandel, welcher einen immer intensiveren und schnelleren Austausch von Informationen zwischen vielen Akteuren aus unterschiedlichsten Disziplinen erfordert. Gleichzeitig ist zu beobachten, dass Absolvierende der Energiewissenschaften erhebliche Wettbewerbsvorteile auf dem Arbeitsmarkt haben, wenn sie diesen äußerst hohen Grad an Komplexität verstehen und durchdringen können. Allerdings stellt die zunehmende Komplexität den traditionellen Wissenstransfer in der energiesystemischen Lehre vor neue Herausforderungen. Im Zuge des Fellowships sollen zur Lösung der oben aufgeführten Problematik drei sogenannte virtuelle Energiesystemlabore entwickelt werden:

1 Energiebörsenspiel 2.0

2 Simulation des Bilanzkreismanagements 1.0

3 Open Source Energiesystemmodell

Dr.-Ing. Wilko Rohlfs, Lehrstuhl für Wärme-und Stoffübertragung

„heatApp – Mobile Applikation zum spielerischen Erlernen von Temperaturverläufen“

Für die Digitalisierung der Lehre in der Wärme- und Stoffübertragung wurde eine erste Version einer spielbasierten LernApp für das Lernen von Temperaturverläufen entwickelt. Die App soll weiterentwickelt werden, so dass den Studierenden eine lauffähige Version zur Verfügung gestellt werden und in die Lehre integriert werden kann. Der aktuelle Projektstatus ist ein funktionsfähiges Grundkonzept, dessen Designs optimiert werden muss. Weiterhin sind bestehende Fehler zu analysieren und zu beheben. Weitere Übungsaufgaben werden ausgearbeitet und in die App integriert. Bei der Gestaltung liegt ein Augenmerk auf der Optimierung des Spielspaßes mit entsprechender Validierung und Akzeptanz durch die Studierenden.

Dr. Cord Spreckelsen, Lehrstuhl für Medizinische Informatik

„Zahlenblindheit heilen – Longitudinales Blended Learning zur Wissenschafts- und Risikokompetenz im Medizinstudium“

Eine Reihe mathematisch-statistischer Konzepte ist zur korrekten Risikoeinschätzung und Bewertung wissenschaftlicher Evidenz in der Medizin unverzichtbar. Ihre Vermittlung gelingt im Medizinstudium nicht nachhaltig. Viele Ärztinnen und Ärzte interpretieren behandlungsrelevante Zahlen zum Beispiel zur Therapiebewertung drastisch falsch. Gerd Gigerenzer griff dafür die Bezeichnung "Zahlenblindheit" auf. Das Projekt zielt auf eine nachhaltige Verbesserung der Zahlen- und Risikokompe-tenz durch ein longitudinal, d.h. über mehrere Fachsemester hinweg, konzipiertes Blended Learning-Angebot. Es nutzt Kurzvideos mit integrierten Verständnistests, Frageduelle und Selbsttests, die als zeitlich gestaffelte Challenges präsentiert werden. Ergebnisse werden in einem E-Portfolio gesammelt, das spielerische Anreize enthält.

Professor Florian Wellmann, Juniorprofessur für Numerisches Reservoir Engineering

„Fit für ‚Big Data‘ – stufenweise interaktives wissenschaftliches Programmieren mit Jupyter Notebooks für Geowissenschaftler“

Programmieren ist schwer. Das ist die allgemeine Auffassung der Studierenden der Geowissenschaften in Lehrveranstaltungen. Doch die schnell wachsende Verfügbarkeit großer Datenmengen in den Geowissenschaften macht notwendig, diese Daten effizient zu bearbeiten: während des Studiums, in der Forschung, aber mittlerweile auch zunehmend in der Arbeitswelt.

„Meet students where they are" - nach diesem Leitsatz soll eine Lern- und Program-mierplattform entwickelt werden, in der die Hemmschwelle für Studierende durch einen stufenweisen Einstieg mit interaktiven Programmiermethoden verringert wird. Die Studierenden sollen durch Cloudcomputing die Möglichkeit haben, direkt zu-sammen in Projekten arbeiten zu können. Der Innovationsaspekt ist, dass neueste Methoden um „Jupyter Notebooks" speziell für die Lehre angepasst und optimiert werden – mit dem Ziel, dass Studierende den Sinn und das Potenzial wissenschaftlicher Programmierung spielerisch erlernen.

Annalena Wernz, Lehrstuhl A für Mathematik

„Lernen und Lehren mit dem Inverted Classroom –

Eine Modellveranstaltung in der Lehramts- und Bachelorausbildung“

Im Inverted Classroom erlernen die Studierenden die Lehrinhalte in ihrer eigenen Geschwindigkeit und ohne Terminkonflikte. Die Auslagerung der Inhaltsvermittlung ermöglicht den Dozierenden und Hilfskräften, in deutlich intensiveren Austausch mit den Studierenden zu treten als in einer klassischen Vorlesung. Im zweiten Bestandteil der Veranstaltung erlernen die Lehramtsstudierenden Kompetenzen und Methoden zur Einbindung von Lehrvideos in die Schule, während die Bachelorstudierenden in enger Zusammenarbeit mit den Dozierenden Einblicke in aktuelle zahlentheoretische Forschung erhalten.